Die Regenzeit hat viel früher als üblich begonnen. Dafür blüht schon alles! Die letzten Tage hat es in Atuona Unmengen geregnet. Luken zu! Es regnet! Dann entwickelt sich in der Robusta innert Kürze eine dampfende Hitze, die echt schweisstreibend sein kann und kaum auszuhalten ist. Nachts hechten wir mehrmals aus den Kojen, um alle Bullaugen und Luken zu schliessen. Irgendwie muss etwas gebastelt werden, damit diese auch bei ergiebigen Regenschauern offen bleiben können. Aus einem alten Segel wird eine Abdeckung über die Luken montiert, die gleichzeitig frische Luft in die Kabine führen soll. Die arme Nähmaschine freut sich gar nicht den dicken Stoff zu bearbeiten.
Endlich kommt wieder mal Wind auf! Die Hitze legt sich etwas und die Segel werden nach zwei Wochen Ruhepause wieder mal gesetzt. Robusta stampft im Kanal Bordelais mit rund zwei Knoten Strom und mit Wind aus Ost gegen West. Die Wellen im Kanal sind beachtlich, doch harmlos gegen das was wir im Südatlantik und Südpazifik angetroffen haben.
Nachmittags fällt der Anker in der Bucht nördlich von Hapatoni. Üppig grün bewachsene, steil abfallende Bergkämme umgeben die Bucht. Vogelgezwitscher statt Gockelgeschrei dringt in meine Ohren!
Die Kette lege ich vom Land weg. Doch das war falsch stellt sich bald heraus. Laut Reiseführer bläst der Wind in der Bucht immer zum Land. Hier soll es toll zum Schnorcheln sein. Doch das Wasser ist durch die ungewöhnlich heftigen Regenfälle nicht ganz so klar wie erwartet. Da kommt im besagten Südseeparadies doch etwas Enttäuschung auf. Von der Karibik kenne ich die Unterwasserwelt als sehr bunt und habe hier eine viel grössere Artenvielfalt erwartet.
Joshua der junge Kanadier paddelt vom Dorf kommend zur Robusta. Ihn haben wir in Atuona kennen gelernt. Er ist verletzt. Wollte einen Pulpo fangen. Doch er hat sich mit seinen acht Beinen an seinem Arm festgesaugt und sich auch noch mit beissen heftig gewehrt. Den Pulpo habe er im Dorf verschenkt. Die Lust ihn selber zu essen, ist ihm vergangen.
Im Dorf werde drei Tage gefeiert. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen. Dass es sich um einen religiösen Anlass handelt, wusste Joshua nicht.
Etwa eine Stunde gucken wir uns, die doch etwas sehr langweilige Kirchenzeremonie mit den schönen Gesängen an. Dann schleichen wir uns davon.
Am nächsten Tag frage ich eine typisch füllige ältere Polynesierin, wo ich Früchte sammeln dürfe. Thomas und ich sind beide froh, dass wir recht gut Französisch sprechen. Etwas eingerostet, aber durch fleissiges Bücherlesen kommt der Wortschatz schnell wieder in Erinnerung. Teliua führt uns zu ihrem Haus in dem sie aufgewachsen ist. Einige Jahre hat sie in Papeete gearbeitet. Doch das einfache Leben auf dem Land gefällt ihr wesentlich besser. Zu viel Hektik und Stress in der Stadt. Von ihr erfahren wir, dass die Leute im Dorf vom „Kopra“ und „Noni“ leben. Kopra sind getrocknete Kokosstücke die für die Herstellung von Oel und auch zur Produktion von Kosmetikprodukten verarbeitet wird. Aus Noni wird ein gesundheitsfördernder Trunk hergestellt. In Europa darf dieser Fruchtsaft allerdings nicht als solches angepriesen werden.
Im Nachbarhaus spielen einige Frauen und Kinder Bingo. Weitere Frauen aus der Nachbarschaft gesellen sich zu uns auf die grosse schattige Terrasse. Teliua verschwindet ins Haus. Kurz darauf erscheint sie mit zwei kitschig bunten Plastikteller, gefüllt mit verschieden zubereiteten rohen Fischstücken und gebratener Banane.
Probiert! Polynesische Spezialitäten.
Die Geschmäcker sind total fremd – doch unglaublich lecker!
Etwas später und etwa zwei Kilo moppeliger, klettert Thomas nun gut genährt auf Teliuas Avocado Baum. Bananen klaut sie in Nachbars Garten und stopft diese verschmitzt lächelnd in meinem Rucksack.
Beim Verlassen der Terasse, stolpern wir über eine beachtliche Ansammlung von Plastiksandalen und FlipFlops. So peinlich, wir haben unsere Schlappen nicht ausgezogen wie es offensichtlich hier üblich ist!
Am folgenden Tag bringen wir Teliua zum Dank einen Kuchen, selber gebackenen – mit den geklauten Bananen.