July 14 2021

Lassen uns die Kanadier rein???

Morgens um vier trinkt Thomas starken Kaffee und tuckert mit der  Robusta mit dem Ebbstrom aus der idyllischen Ankerbucht. Wir sind beide super nervös. Die Anspannung entlädt sich kurz vor der Grenze in einem heftigen Zank. Den Zunder dazu liefert die Flüssigkeit für Thomas E-Zigaretten. Die ist gelb und stinkt wie Pisse! Das kann doch nicht sein!

Nach zwölf Stunden Fahrt unter MOTOR, finden wir in Prince Rupert den Steg der Cow Bay Marina nicht. Wir wären pünktlich gewesen. Doch die Seekarten sind so mies und die Position, die ich vom Zoll bekommen habe, stimmt nicht! Ich muss anrufen. Als erstes werde ich mit diversen Fragen bombardiert. Unter anderem wie lange der Transit dauern soll. Spontan setze ich bei vier Wochen an, was am anderen Ende der Leitung ein deutlich hörbares Raunen auslöst.

Robusta tanzt nun wild am Steg von Prince Rupert. Der Schwell ist beachtlich. Die Flut drückt das Boot gegen den Steg. Sämtliche Fender kommen zum Einsatz, sogar die fette Berta. Müsste auch wieder mal aufgepumpt werden. Da kommen wir unmöglich wieder weg bevor die Ebbe einsetzt! Mit Maske, Handschuhen, grosser Tasche und Pistole bewaffnet, erscheinen nun zwei Zöllner. Wir tragen auch Masken, aber keine Handschuhe und sind zudem auch nicht bewaffnet. Das “Arrive Canada App” ist  bereits auf’s Handy geladen und ausgefüllt. Müssen trotzdem nochmals die selben Fragen beantworten. Nun zum dritten mal. Einklarieren geht nicht. Die Grenze ist zu. In Alaska dürfen wir auch nicht mehr bleiben. Und jetzt? So bleibt nur noch die Möglichkeit eine Bewilligung für den Transit durch die kanadischen Gewässer zu bekommen. Es führt nun mal kein anderer Weg nach Hause. Doch die vier Wochen Dauer, lösen schon fast den dritten Weltkrieg aus. Sturheit ist meine Spezialität. An Argumenten fehlt es nicht. Nachts segeln ist wegen der Baumstämme zu gefährlich – die nächste Woche ist Südwind angesagt – Robusta ist keine Rennyacht….. Nun läuft die Beamtin im Gesicht grünlich an. Sie ist seekrank geworden und will die Prozedur schnell abschliessen. Sie fragt noch nach, ob wir genügend Lebensmittel, Wasser und Diesel hätten. Nun händigt sie die Transitnummer in Form von einem gelben Papierschild aus, welches sichtbar am Fenster angebracht werden muss. Die gelbe Quarantäneflagge flattert bereits am Mast. Zum Abschluss legen die beiden uns freundlich nahe, auf jeden Fall nichts gefährliches zu tun. Den obligatorischen Transitplan, über den ich mir den Kopf zerbrochen habe, wie ich ihn möglichst knapp und offen formuliere, vergessen sie im Cockpit. Cool, in dem Fall sind wir jetzt frei? Nicht ganz. Ab sofort gilt für die nächsten zwei Wochen Quarantäne auf der Robusta. Kein Fuss darf an Land gesetzt werden.  Zudem gilt möglichst nicht in der Nähe von Siedlungen ankern. Und nach den zwei Wochen Quarantäne? Auch nicht! Hä? 

In fünf Tagen entscheiden die beiden Präsidenten Trudeau und Biden – wie jeden Monat seit 15 Monaten – über die Massnahmen an der Grenze.

Die Hoffnung stirbt zuletzt ;-)) Sind jedenfalls erleichtert, dass der Transit genehmigt ist und freuen uns erstmal über den leuchtend gelben Passierschein. 

July 12 2021

Letzte Tage in Alaska

Fotos hochladen geht nicht. Internet zu schlapp. Mach das später mit guter Verbindung.

Wer hätte das gedacht. Jetzt wo viele Länder Restriktionen lockern, holt uns das in Alaska schon ziemlich weit in die Vergangenheit gerückte Covid19 wieder ein.

Letzte Station in Alaska ist für uns Ketchikan. Im Yachtclub dürfen wir anlegen. Glück gehabt, denn normalerweise ist da eine lange Warteliste. Wegen geschlossener Grenze, ist niemand auf Durchreise. Was für ein netter Ort. Der super gemütliche kleine Club mit Küche, Waschmaschine und Dusche, liegt auf einem Floss, direkt im Zentrum von Ketchikan. Drinnen laufen Vorbereitungen für den Hamburger Grill Abend. So sind wir gleich eingeladen. Doch erst ruft die Plicht, bei Custom and Border Control einen Besuch abzustatten.

Gerade wo wir los wollten, erscheint vor der Tür ein knurrender, breitbeiniger, mit rot unterlaufenen Augen, Stummelschwanz und vorstehendem Unterkiefer, aus dem krumme Zähne ragen – kein Köter – sondern ein heftig bellender Zollbeamte! Warum wir ihn vor der Ankunft in Ketchikan nicht angerufen hätten!? Hä? Wir sind nicht über die Grenze gekommen. Er hätte uns auf dem Radar genau beobachtet. Na also, wo liegt denn das Problem? Ihr könnt gerade wieder abhauen. Und wohin bitte? Ausser Berufsfischer kommt in Kanada niemand rein. Die Grenze ist zu. Und in Washington könnt ihr auch nicht mehr einreisen. Stünde jetzt tatsächlich ein Köter vor uns, wäre jetzt der Moment gekommen, wo ich ihm ….

Nehmen wie befohlen mit der kanadischen Zollbehörde in Prince Rupert Kontakt auf – mit dem Hundetelefon. Erkläre die Situation, dass wir auf Weltumsegelung seien, USA Aufenthalt läuft in zwei Tagen aus und der Heimweg nun einmal durch Kanada führe. Die freundliche Frau bespricht sich kurz mit ihrem Team und ruft sehr schnell zurück. Ein Transit auf direktem Weg durch Kanadas Kanäle könnte eventuell klappen. Sollen das ArriveCan App runter laden und ausfüllen. Falls es nicht klappt, werden sie helfen. Derweil hat sich der sabbernde Hund beruhigt. Er ruft nun Friday Harbor an und erkundigt sich, ob wir in Washington nach der Passage durch Kanada wieder einreisen dürfen. Die Antwort lautet; seit heute hätte sich die Weisung zu unseren Gunsten geändert! Der Hund hechelt nun freundlich. Falls beim Einklarieren in Friday Harbor nicht klappt, dürfen wir ihn anrufen. Oh wie nett. Trotzdem gibt’s kein Leckerli. Ich traue ihm nicht, obwohl ich Hunde sonst sehr gut mag. Besteht eigentlich die Ausbildung amerikanischer Zollbeamten zu 87% aus Training sich möglichst abweisend und böse zu verhalten? Ist doch echt unglaublich!

Ketchikan gefällt uns sehr gut. Eine hübsche Kleinstadt, mit grosser Fussgängerzone. Sonst ist in Amerika leider immer alles aufs Auto ausgelegt. Ein Kreuzfahrtschiff läuft gerade aus dem Hafen. Es sei das erste seit der Pandemie und das einzige das wir bis jetzt gesehen haben. Normalerweise kommen bis zu fünf solch riesiger Monster gleichzeitig. Öffnen ihren Schlund und tausende Touristen schieben sich wie eine Schlammlawine durch die engen Gassen. Der Supermarkt beim Yacht Club gibt es nicht mehr. Er ist unter einem Felssturz begraben. Es geschah zum Glück mitten in der Nacht. Super nette Leute nehmen uns mit ihrem Auto für den Grosseinkauf ans andere Ende der Stadt mit. 

Die Nervosität steigt. Sind nun zum Ablegen bereit. Rufen die Grenzwache an um uns abzumelden. Der Motor läuft bereits. Doch wir werden aus irgend einem Grund in ihr Büro zitiert, welches immerhin in Sichtweite liegt. Der Hund ist nicht anwesend. Ein Papier fehlt. Oh Schreck. Die Beamtin findet die Crusing Licence jedoch schnell im System. Druckt den Wisch aus und überreicht ihn: Den werdet ihr bei der Einreise in Washington brauchen. Einen Ausreisestempel gibt’s nicht. Ob das so richtig ist, wissen wir nicht. Haben schon gehört, dass dies zur Zeit die gängige Praxis ist.

Etwas verspätet geht’s dann doch noch los. Bekommen die Erlaubnis noch einmal in Alaska zu ankern, denn bis Kanada sind es noch 70 Seemeilen.

Ciao geliebtes Alaska!

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June 27 2021

Südost Alaska

Fotos hochladen klappt nicht so recht. Die Geduld wäre da, aber das Internet bockt…..

Sind gerade noch rechtzeitig beim Cape Spencer, mit den ersten heftigen Böen in die Kanäle von Südost Alaska  reingezischt. Die letzte Etappe von Prince William Sound fast alles unter Segel! Was für ein Wunder. Die Robusta liegt nun in der malerischen Elfin Cove. Eine ganz neuartige Welt tut sich auf. Das Dorf und der kleine Naturhafen liegen völlig versteckt hinter vorgelagerten Inselchen und sozusagen mitten im Regenwald. Ja es regnet und dampft. Telefon und Internet funktionieren auch hier nicht. Die nächsten 250 Seemeilen bis zur kanadischen Grenze, führen durch ein Labyrinth von Kanälen und Inseln. Da und dort liegt eine kleine Siedlung. Alles ist wesentlich dichter besiedelt als im Norden, doch immer noch sehr einsam und abgelegen. 

Sorgfältige Planung ist wegen der teilweise starken Gezeitenströmungen angesagt. Eine Herausforderung auf die wir uns besonders freuen. Im Wasser treibende Baumstämme und Wurzelstöcke, stellen eine weitere Gefahr dar. Sie sind nicht leicht zu erkennen. Auch mit dem Radar nicht. Und schon gar nicht bei dichtem Nebel.  Segeln (oder dann halt motoren auf das ich allergisch bin) ist sicherer bei Tageslicht. Im Nachhinein ist alles viel einfacher als im nautischen Führer von Don Douglass und Reanne Hemingway beschrieben. Die Bücher gefallen uns trotzdem ausgezeichnet. Alles ist sehr detailliert und liebevoll gestaltet. Nur schon in Südost Alaska könnten wir Jahre verbringen um alles zu erkunden. Doch Mitte Juli läuft der Aufenthalt für die USA aus. Grosse Umwege können wir uns nicht mehr erlauben. Es muss nur mal noch ein heftiges Tief durchziehen, so geht der Plan nicht mehr auf. Dem entsprechend sind wir gestresst.

In dieser Gegend treffen wir auf erste Touristen. Sie sind mit dem Motorboot unterwegs. Oder sind per Kleinflugzeug angereist und geniessen teuren Urlaub auf Charteryachten um zu fischen oder Gletscher und Wale gucken. Doch da sind keine anderen Segler! Was bedeutet das nun schon wieder? Kein Wind oder wie??

Ziehen schon früh mit einem sanften Lüftchen los. Doch gegen Mittag ist im Kanal der Teufel los! Kreuzen gegen 20 Knoten Wind! In kürzester Zeit baut sich eine unangenehme Hackwelle auf. Beim Reffen fliegt in der Bude alles durcheinander. Noch eine Wende. Und noch eine mehr. Es reicht noch immer nicht in den nächsten Seitenkanal. Kann doch nicht sein, dass wir umdrehen müssen. Nach drei weiteren Schlägen, respektiv drei Stunden später, kommt das erwünschte Ziel dank schiebender Strömung endlich in Sicht. Der Wetterbericht hat diesmal recht gehabt. Doch wir glaubten es nicht und spielten die angekündigten Windstärken runter. Im Nachhinein sind die Prognosen über VHF Wetterkanal super exakt. Fast überall ist Empfang. Im Seitenkanal ist es absolut windstill. Eine Gruppe Killerwale zieht vorbei. Zwei Robben gucken mit ihren treuen Kugelaugen neben der Robusta aus dem Wasser. Thomas, ich glaube die wollen gleich aufs Deck springen…. jetzt weiss ich auch warum. Es ging ganz schnell. Spritzendes Wasser. Die Wale. Sie haben die Robben von unten gepackt. …

In der kleinen Siedlung Tenakee Springs hat es eine heisse Naturquelle. Schon vom weitem ist der schwefelige Geruch von faulen Eiern in unsere Nasen gestiegen. Wir fragen einen Passanten, ob wir da rein dürfen. Kein Problem. An der Tür steht ein Plan mit den unterschiedlichen Zeiten für Frauen und Männer. Er meint noch, ab zehn Uhr abends, gelten diese Regeln nicht mehr. Am nächsten Morgen ruft er uns über Funk an. Die Kommune organisiere heute ein kleines Fest. Wir seien herzlich willkommen. Doch wir wollen weiter.

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Das Wetter bleibt  unerwartet schön und mild. Kaum zu glauben. Es soll hier normalerweise fast immer regnen. Ungewöhnlich ist auch, dass sich gegen Mittag sogar eine Art thermischer Wind aufbaut. Das Wetter spielt verrückt. An der Westküste der USA und in Kanada wüten Waldbrände wegen einer enormen Hitzewelle. In Europa regnet es rekordmässig und heftige Gewitterstürme mit Hagel ziehen über Deutschland und die Schweiz hinweg.

 

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June 20 2021

Raus aus dem Sound – Yakutat – bis Cape Spencer



Die folgende Etappe führt über’s offene Meer. Diese 350 Seemeilen (650 km), wollen wir unter keinen Umständen unter Motor bewältigen. Robusta ohne Segel im Schwell des Pazifik, gleicht einer wild hüpfenden Flaschenpost. Das Wetterfenster muss sorgfältig gewählt sein. Es donnern noch immer heftige Tiefs über den Golf von Alaska. 

Mit Einfluss eines Hochdruckgebietes im Golf von Alaska, laufen wir tatsachlich unter Segel vom Prince William Sound aus. Doch das Hoch ist zu mickrig, um uns ans geplante Ziel zu bringen. Schaffen es gerade noch in die auf halber Strecke liegende Icy Bay. Völlige Wildnis, super schön. Unberührte Landschaft mit einer unbeschreiblichen Weitsicht. Mount Saint Elias ragt sozusagen direkt aus dem Pazifik, bis über 6000 Meter in den Himmel. Ein lokales Phänomen bringt bei Sonnenschein Westwind. Verursacht werde dies durch den sage und schreibe 75 Kilometer breiten Gletscher. Das moderate Wetter erlaubt ganz nahe an der Küste entlang zu segeln. Wir sind hin und weg. Glotzen uns die Augen an der Schönheit der Natur wund. Ich denke es ist ein grosses Privileg diesen Abschnitt unter Segel und bei bester Fernsicht zu bewältigen. Zudem wird es nie richtig dunkel. Darum sind wir auch ziemlich aus dem Ernährungs- und Schlafrhythmus gefallen. Kriechen immer später aus den Kojen und sind um Mitternacht noch voll aktiv. Moskitos und Bremsen nerven selten. Lange Hosen und Jacken und Mütze schützen gut. Doch die Biester erwischten uns vor allem an der Stirn. Das Problem besteht nur bei Windstille. Im Cockpit glimmt ein Räucherstäbchen, was die Nervtöter zuverlässig fern hält. Gegen Bären kommt auf den Landgang immer ein Bärspray mit. Sieht aus wie Omas Drei-Wetter Taft Haarspray. Unmöglich gross ist diese Tränengaspetarde. Irgendwann, eines regnerischen Tages, geht ein Knall mit folgendem Zischgeräusch los. Wir erstarren. Der Bärspray! Wo ist der? Im Deckshaus! Ich hechte in die Koje und halte mir mein Kissen über’s Gesicht. Und Thomas, keine Ahnung. Er brüllt nun.  Es sei die Automatik Rettungsweste. die wohl wegen der grossen Luftfeuchtigkeit ausgelöst wurde. Uffff. 20 Dollar futsch für die neue Patrone. 

Die Landschschaft erscheint in so vielen Lichtfacetten und wenn es schifft in mehrtönigem Grau. Jedenfalls auch super schön!

Yakutat, eine Native Siedlung, nur über die Luft oder auf dem Wasserweg erreichbar, wird wegen dem leidigen Thema Windmangel zum nächsten Zwischenstopp. Ich erkundige mich telefonisch bei der Gemeindeverwaltung, ob wir in die kleine Siedlung einlaufen dürfen. Kein Problem. Gäste sind wieder willkommen. Im kleinen Hafen lernen wir sofort Leute kennen. Fischer und solche die mit ihren Wassergefährten auf Durchreise sind. Ex-Eigner und neuer Eigner eines Kutters sind gemeinsam für eine Überführung von Süd nach Nord unterwegs. Das Gefährt ist fast abgesoffen. Die beiden Kapitäne konnten sich in letzter Sekunde noch in den Hafen retten und warten nun auf Ersatzteile. Mit dem selben Kahn sind wir gemeinsam fischen gegangen. War toll! So haben wir von echten Profis so einige Tricks gelernt, wie in diesen Gewässern Steinfische und Hailbutt gefangen werden. Solche Sozialkontakte sind in der Wildnis eine willkommene Abwechslung.

Mit der GCI Telefon SIM Karte, hatten wir konstant keinen Empfang! Am Fresswagen oberhalb des Hafens, gibt es WIFI. Kanada und die USA werden dieses Wochenende erneut über eine Grenzöffnung entscheiden. Befürworter und Gegner liegen sich in der Mähne. Die Nachricht ist niederschmetternd. Wie seit 14 Monaten bleibt die Grenze, für mindestens einen weiteren Monat geschlossen. Dabei sind die Ziele für eine schrittweise Öffnung erreicht!? Was soll das? Trudeau steht auf der Bremse! Hört nicht auf seine Berater. Doofer weise ist jetzt auch noch seine Partnerin Covid19 positiv getestet. Ein kleiner Lichtblick in die Zukunft in Richtung Öffnung: Für voll geimpfte Kanadier, die vom Ausland zurückkehren, entfällt die Quarantäne. Was genau der Unterschied zwischen voll geimpften Kanadier oder Ausländer ist, können viele nicht verstehen. 

Wir nehmen Kontakt mit Hansueli und Paul auf, um einen Schlachtplan auszuarbeiten. Die beiden sind mit ihren Yachten letzten Herbst diese Strecke gesegelt. Beide hatten so ihre echt schrägen Erfahrungen mit den Behörden machen müssen. Auch nach diesen Gesprächen bleiben wir ziemlich ratlos. Alles ist doof. Die optimale Lösung erscheint dermassen absurd, dass es sogar peinlich ist sie hier zu erwähnen. Ich tu es trotzdem: Schiff in Alaska stehen lassen – nach Mexiko fliegen – erneut in die USA einreisen und schon ist das Problem für den Aufenthalt um weitere sechs Monate gelöst.

Kanada bleibt ein sich in Dunst auflösender Traum. 

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June 5 2021

Prince William Sound und der Gau von vorgestern

Prince William Sound ist ein nahezu abgeschlossenes Seegebiet. Ungefähr so gross wie die Schweiz. Nach dem grossen heftigen Erdbeben von 1964, wird empfohlen, die Wassertiefe stets zu beobachten. Noch heute ist nicht jeder Winkel in Alaska neu kartographiert. Mit Abweichungen von bis zu zwei Metern ist zu rechnen! Zahlreiche Inseln, Gletscher und lauter schneebedeckte  Berge säumen den Horizont. Dank Covid19 – diese Saison ohne Kreuzfahrtschiffe. 

Es ist Sommer und es liegt noch immer zu viel Schnee, um mal vernünftig zu wandern. Die beliebten Ausflüge hoch hinaus, bleiben aus. Im Bereich der Küste ist Spazieren wegen übertrieben viel Regen, nur mit Gummistiefeln und in Oelmontur möglich. Vieles erinnert an Patagonien. Nur ist in Alaska alles gross und weit und der wesentliche Unterschied liegt bei den Windstärken. Die lokalen Wetterkanäle über VHF Funk, berichten jeden Tag von 10 bis 15 Knoten Wind aus Nord. Doch nicht mal die Wasseroberfläche bringen diese Nachrichten zum kräuseln. Ideale Bedingungen für motorbetriebene Gefährte. Doch nicht für die Robusta. Ich kann diese Stimme aus dem Funk schon gar nicht mehr hören. Dieser Dödel sollte mal seinen Schreibtisch verlassen und sich angucken, was da draussen wirklich los ist. 

Gletscher gucken ist total genial. Doch für den Hochgenuss muss der Himmel endlich mal blau werden. Die Farbe des Wassers ändert sich in einem Gletscherfjord von schwarzblau in milchiges Türkis. Im Sommer kalben gewaltige Eismassen ins Meer. Ein Schauspiel der besonderen Art. Doch mich überwältigt das alles eher zu Tränen. Jedes Stück Jahrtausende alte Eis, welches hier gerade abbricht, wird in wenigen Stunden für die nächsten Generationen nicht mehr sichtbar sein. Umso mehr ärgert es, so oft unter Motor durch die Natur zu streifen.  Auf Wind warten können wir uns nicht erlauben. Müssen Mitte Juli pünktlich aus Alaska ausreisen, sprich in Kanada sein.

Wo sind die Wale? Die vielen Otter und all die Seevögel?

Am späten Abend, kurz nach dem Auslaufen aus dem Hafen von Valdez, muss der Kurs wegen Drifteis um einige Grad geändert werden. Irgendwann musste es ja mal so weit kommen. Der Gau war doch absehbar. Alle waren überfordert. Menschen standen am Ufer. Sie versuchten mit über ihren Köpfen schwingenden Kleidungsstücke, die Seevögel vom Landen abzuhalten. Fischer sammelten die unter ihnen sonst nicht so beliebten Otter ein und versuchten sie zu reinigen…

Wer mag sich noch daran erinnern? 32 Jahre ist es her als der Supertanker Exxon Valdez, im Prince William Sound auf das Bligh Riff auflief. Dabei wurden von den elf Kammern sieben aufgerissen. 41 Millionen Liter Rohoel liefen aus. Weder die Pipelinebetreiber Alyeska, noch der Kapitän des Tankers waren in der Lage, die Havarie  unter Kontrolle zu bringen. Das Wetter wäre die nächsten Tage ruhig gewesen. Doch  Oelsperren mussten erst  von England eingeflogen werden. So wurde etwas hilflos das umstrittene Dispersionsmittel aus Flugzeugen versprüht, damit das Oel  schlicht und einfach an den Grund sinkt, wo all die Hailbutt pennen. Seit dem Jahr 2015 gibt es biologische Mittel, die das Rohöl in seine Bestandteile Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff zerlegen. Bevor die Oelsperren da sind, zieht ein heftiger Frühjahrsturm auf und verteilt die Suppe bis an die Bäume hoch und noch hunderte Kilometer weiter, bis über Kodiak hinweg, in den Westen von Alaska. Millionen Tiere verendeten. Hunderte Anwohner versuchten verzweifelt etwas dagegen zu tun. Die bis anno dazumal grösste Havarie der Geschichte, hatte  schwerwiegende Folgen für Mensch und Umwelt.  Langfristig vergiften Tiere schleichend über die Nahrungsaufnahme. In kalten Gewässer baut sich das Oel noch viel langsamer ab. Zum einen hat sich die lokale Killerwalpopulation nicht mehr reproduziert. Drehen wir am Strand Steine um, sind die Spuren der Havarie noch immer unübersehbar. Trotzdem bleibt Alaska für uns eines der Eindrücklichsten Länder.

Ein Jahr später, durften in den vereinigten Staaten nur noch doppelwandige Tanker Häfen anlaufen. Bis diese Bestimmungen weltweit eingeführt wurden, dauerte es nochmals weitere 25 Jahre!

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May 20 2021

Seward

Zivilisation in Sicht! Die schwierige Etappe rund um die Kachemak Halbinsel ist geschafft!

Ausdüfteln an welchem Zeitpunkt die Strömung ausgenutzt werden kann oder wo sie lebensgefährlich wird, war super spannend. Und die Wetterprognosen anhand der Topografie zu interpretieren, gelingt auch immer besser.

Seit Homer sind wir keinen einzigen Meter unter Segel gelaufen. Das tun wir sonst nie. Gereist wird mit dem Wind. In Alaska kannst du alt werden bis die Konditionen stimmen. Die Tiefs bringen derart starken Wind aus der Gegenrichtung, dass nicht viel übrig bleibt, sich in einer geschützten Bucht zu verkriechen. Solche Faultage, wenn der Regen so richtig auf die Blechdose prasselt, eignen sich hervorragend um Reise- und Revierberichte zu studieren, oder ein tolles Buch zu lesen. oder…. an Beschäftigungsideen herrscht kein Mangel.

Alles lief vom technischen Aspekt gesehen bestens. Thomas hat ein grosses Lob verdient. Er ist ein Genie!

Ich greife zum Handy um zu sehen, ob da bereits ein Signal zu empfangen ist. Nein. Schade. Nicht etwa eine Mediensucht treibt mich zu solch einer absurden Handlung. Doch wir sind total neugierig auf Nachrichten betreffend der kanadischen Grenze. Wird der Traum Kanada wahr? ? Bewusst positiv ausgedrückt, und positiv thinking  hat nicht geholfen. Die Grenze bleibt bis zum 20 Juni zu.

Im Hafen gibt es tatsächlich eine Dusche mit heissem Wasser! Dort an der Tür hängt ein Plakat, welches das alljährliche Meerjungfrauen Festival mit Markt und Konzert, für dieses Wochenende ankündigt. Passt ja super. Per Mail benachrichtigen wir Susia und Brad, dass wir in Seward angekommen sind. Sie seien unterwegs nach Anchorage und machen in dem Fall husch den Umweg von ein paar hundert Kilometer, um uns anständig tschüss zu sagen. Ist in Seldovia ja buchstäblich ins Wasser gefallen. Ein so schnelles Wiedersehen, übertrifft jegliche Erwartungen! 

Für die nächste Passage zum Prince William Sound, scheint es Wind zu geben. Ich glaube noch gar nichts. Denke nicht im entferntesten daran, das Fock anzuschlagen. 

 

 

 

 

 

 

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May 15 2021

Realität oder Aberglaube?

Irgendwie stellt sich das sonst so bekannte Gefühl einer gewissen Gelassenheit beim Segeln nicht ein. Beide sind wir angespannt. Schnell mal gereizt und bereit für Zänkereien um Kleinigkeiten. Was ist anders als sonst?

Thomas freut sich tierisch wieder zu reisen. Ich kämpfe mit Abschied nehmen. Von einem Ort, an dem wir immerhin sieben Monate geblieben sind. Eine tolle abwechslungsreiche Zeit der Sesshaftigkeit für uns Fahrende. Nun einfach tschüss zu sagen, mit dem Wissen, dass die Wahrscheinlichkeit auf ein Wiedersehen  klein sein wird, damit habe ich als sozialfreudige Person zu kämpfen. Die nächsten Monate werden wir  in einer Zweierkiste auf engstem Wohnraum verbringen.

Uns bleiben noch sieben Wochen um nach Kanada zu segeln. Ob die Grenze bis dann offen sein wird, steht in den Sternen. Jeden Monat debattiert Kanada und die USA erneut über eine Öffnung. Der Druck steigt auf die Sommerferien. Im Herbst steht die Präsidentschaftswahl an. Trudeau, der amtierende kanadische Präsident, so denken wir, will sich keinesfalls negativ exponieren. Eine der Bedingungen für Lockerungen ist die Durchimpfung von 75% der Bevölkerung.  Ein etwas utopisches Ziel bei so viel Impfskepsis? Zudem ist Kanada voll und ganz auf Import des Impfstoffes angewiesen. Aktuell liegt Impfquote bei 35% haben eine Dosis bekommen, voll geimpft sind soweit 3 %. Im Vergleich die Zahlen der USA: 60 % eine Dosis, 49 % voll geimpft. Mit der einhergehenden Krise in Indien, hat Kanada aus Solidarität auf die Lieferung von Impfdosen von dort verzichtet.

Wir mögen gar nicht an die Enttäuschung denken, nicht nach Kanada einreisen zu dürfen.  Schon Jahre freuen wir uns auf diesen enorm spektakulären Teil dieser Reise! Noch beschissener ist der Fakt, wenn Kanada nicht öffnet, bliebe uns auch die Einreise in die Lower States der USA verwehrt (Washington, Oregon, Kalifornien). Also Alaska – Mexiko Nonstop, eine Strecke von gerade mal 2600 Seemeilen!

Susia hat die Aufgabe bekommen, die Neuigkeiten per Mail an unseren Kurzwellenfunk zu senden, denn wir werden kein Internet oder Telefon haben.

ES IST WIE ES IST – THINK POSITIV- ALLES IST SUPER!

So versuchen wir uns auf die Herausforderung der nächsten Etappe, aufgestellt und mit Freuden einzulassen. Doch das positiv thinking wird schon schnell arg strapaziert. Trotz traumhafter Prognosen ist da null Wind. Zu allem Übel noch mit Wellen von der Seite. Vier Stunden unter Motor, ohne Autopilot zu reisen, gefällt uns nicht. Beide haben am nächsten Tag Muskelkater vom Seegang ausbalancieren. Die Seebeine müssen nach dem Winterschlaf erst wieder wachsen.

Port Chatham ist kein Hafen wie es der Name ausdrückt. Die Siedlung ist seit 1949 verlassen. Als wir das erste Mal von diesem Ereignis hörten, dachten wir die Erzählerin hätte einen Flick weg. Bei der Planung stiess ich erneut auf mysteriöse Berichte. Fischer und Jäger schildern ähnliche Erlebnisse. Doch konkret hat niemand etwas gesehen. Schräg. Hat da etwa der Nebel die Phantasie beflügelt? War da ein Überfluss an Alkohol oder etwa ein spezielles Kraut im Spiel? Es ist das „ES“. Oder das Nautiinaq, welches übersinnliche Kräfte und Energien besitzt.

Umso neugieriger sind wir jetzt geworden.

Die Küste ist zerklüftet. Entlang des verzweigten Fjords ragen schneebedeckte Berge zu allen Seiten empor. Zahlreiche Felsblöcke ragen bei Ebbe aus der See. Ein absolut schöner Flecken Erde.  Scheint ein durchaus lebenswerter Ort zu sein. Als da noch wer war, lebten diese Leute vom Fischfang und der Jagd, betrieben eine Konservenfabrik, oder bauten Chrom in den Minen ab. Doch wenn Menschen auf unerklärliche Weise spurlos verschwinden, oder grob verstümmelt, wie es kein Bär zustande bringt, mit der Flut vor die Siedlung getrieben werden, ist das eindeutig zu gruselig.

Wir bleiben mehrere Tage. Nicht etwa weil wir dringend das Nautiinaq sehen müssen. Nein. Zwei Tiefs, bringen um die 35 Knoten Gegenwind. Die letzte Nacht wurden wir regelmässig von Williwaws gebeutelt. Sogar bei ruhigem Wetter. Ich habe schlecht geschlafen. Erster Gedanke, wenn ich durchs das Zerren an der Ankerkette geweckt wurde, war an das Nautiinaq. So wechseln wir den Ankerplatz. Die Wahl fällt auf eine weite Bucht, vor einem offenen Tal im Lee, in zehn Meter Wassertiefe. Eigentlich müsste der Wind von der Topografie her, hier voll durchdonnern. Doch dort liegt ein Fischkutter und ein Ausflugsboot vor Anker. Also kann diese Stelle nicht all zu blöd sein. Besser starker Wind mit viel Platz um viel Kette zu geben, als die Williwaws, die von allen Seiten, mit enorm zerstörerischer Stärke von den Berghängen runter toben.

GRIB Files versprechen  moderaten Westwind. Also los!

Thomas steht am Steuer. Ich lese in der Koje und schlafe dabei ein. Stunden später nehme ich wahr, dass der Motor noch immer läuft. Es ist laut. Mein Kopf dröhnt. Warum ist der verfluchte Motor so laut? Die Prognosen sind schon wieder falsch. Segeln ist so was von angenehmer. Die Windsteueranlage übernimmt die Arbeit. Der durch’s Wasser gleitende Rumpf, kreiert im Innern eine Symphonie aus Plätschern und Gurgeln. Das lieben wir,  und dazu erst noch die Kraft der Natur zu spüren. 

 

 

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May 4 2021

von Homer nach Seldovia

Gerdy, Susias Hund, rennt aufgeregt dem Steg entlang. Es geht los! Das nach sieben Monaten Pause vom Segeln. Hoffentlich funktioniert alles. Vor allem das von Thomas neu umgebaute Lithium Batteriesystem. Die nächsten Wochen verbringen wir fern ab jeglicher Zivilisation. Ersatzteile bestellen ist unmöglich. Für Reisen in abgelegene Reviere, muss das Gefährt einwandfrei gewartet sein. In der Wildnis bist du auf dich selbst angewiesen. Auch Google fragen funktioniert ohne Internetempfang nicht. Besser geht nichts schief.

Susia und Brad begleiten uns mit ihrem hübschen Holzmotorboot. Sepp fährt mit uns mit. Doch in Seldovia finden wir einander nicht. Alle sind einfach losgebraust. Kein Handyempfang! Voll blöd. So latschen wir drei bei Regen das hübsche Dorf und die Umgebung ab. Sepp sucht nämlich immer noch ein Grundstück. Irgend wann finden wir die Bar. Dort hocken Susia und Brad bereits seit Stunden. Sie hätten uns mit dem Dhingi in den Hafen fahren sehen. Logisch sei doch, sich in der einzigen Bar zu treffen. Bis ans Lebensende gibts immer wieder was zu lernen. So bestellen wir eine richtig riesige Ami Pizza und teilen diese. Susia und Brat übernachten im Dorf bei Freunden, Sepp bei uns.

Morgens um zehn ist ausgiebiges Frühstück auf der Robusta geplant. Ich bin schon früh wach. Das Boot zerrt energisch am Anker. Fallwinde schäumen die Bucht auf. Sowas war nicht in den Prognosen. Doch hätten wir eigentlich erkennen müssen. Zischt im Golf von Alaska ein Tief durch, entstehen an der Nordseite vom Kachemak Gebirge Fallwinde.

Nass und wie ausgepeitscht dreinblickend, tuckern Sue und Brat mit ihrem Boot an. Panik kommt auf. Sie wollen sofort aufbrechen. Zurück nach Homer fahren, bevor noch alles schlimmer wird. Sepp muss,  falls er wieder zurück will, sofort umsteigen. In zwei Sekunden hat er gepackt. Konnten uns nicht mal zum Abschied umarmen, denn alle waren beschäftigt, damit die Boote nicht zu arg aneinander knallen.

Kurzer und schmerzloser Abschied. Nicht so ganz für die drei Homies. Denn sie wurden während der Überfahrt im offenen Boot, ganz schön gebeutelt. Die Wassertemperaturen liegen bei zwei Grad, Luft um die sieben. 

In Alaska ist Hypothermie (Unterkühlung) der grosse Feind der Seefahrer – doch die drei kennen nichts, erstaunlicherweise haben sie überlebt – auch ohne nur einen Bissen Frühstück im Magen!

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May 1 2021

Fazit – überwintern in Alaska

Den kalten Winter, mit mehr Schnee als in vergangenen Jahren, hat die Robusta und Crew überstanden. In Alaska überwintern stellt eine besondere Herausforderung dar. Kälte, Schnee und Stürme bedingen einige Anforderungen an das Schiff und die Crew. Alle zwei Wochen im Schnitt, zieht ein heftiges Tief von den Aleuten über die Peninsula westwärts über Alaska. 

Die grösste Herausforderung in hohen Breiten ist das Kondenswasser, welches durchs Heizen entsteht.

Nach einem Monat bei Aussentemperaturen  von im Schnitt  um die minus 10 Grad, oder auch zur Abwechslung mal über Null Grad, habe ich mich mal bis in die Bilge im Bug unter den Kojen vorgekämpft. Diese ist schwer zugänglich, da sich dazwischen der vollgestopfte Stauraum befindet.  Unter der Matratze liegt ein Gitterrost damit Luft zirkulieren kann. Alles trocken. Kleider, welche in Vakuumplastiktüten gestaut sind, sehen gut aus und duften auch noch halbwegs fein. Selbst die Tüten sind trocken. Doch die Vorfreude ist schnell weg. Als ich das Bodenbrett entferne, entdecke ich  Kondenswasser und das Holz ist auf der unteren Seite mit Schimmel bepudert. Oh je. Alles muss raus. Bilge auspumpen, Bretter mit Essigwasser waschen. Doch wo trocknen? Chaos über den sonst schon so beschränkten Innenraum ist vorprogrammiert, da nun auch noch Bretter nur drinnen trockenen werden. Die Komfortzone ist im höchsten Mass bedroht. Nerven beginnen durch Reibung zu glühen, denn draussen stürmt es nun seit Tagen. Keiner von uns hat jetzt wirklich Lust um nach draussen zu gehen. Also bleibt nichts anderes übrig als nett und lieb miteinander zu sein. Der kleine Wohnraum im Winter, empfand ich zeitweise ätzend. Zu wenig Platz um die nassen Jacken drinnen aufzuhängen. Die vielen dicken Winterklamotten schienen immer im Weg zu sein. 

In die Bilge unter den Kojen stellten wir  Entfeuchter mit Calciumchlorid.  Diese Behälter müssen regelmässig kontrolliert werden. In ihnen sammelt sich das Kondenswasser welches vom Calciuchlorid aus der Luft aufgenommen wird. Gleichzeitig werden unangenehme Gerüche neutralisiert. Thomas bohrt Lüftungslöcher und baut Computerventilatoren ein, damit der Stauraum unter den Kojen belüftet ist. Dieses weisse Pulver, welches wie Crack aussieht, möchte ich bei der nächsten Grenzkontrolle nicht mehr an Bord haben.  

Feuchtigkeit entstand an allen Stellen, die nicht isoliert waren.  Zum Beispiel wo die Kabel vom Mast durch die Decke in den Innenraum führten und an nackten Stahlstreben in den Schapps. Diese Streben sind nun mit Styropor verkleidet. Dafür habe ich Resten von irgend einer Verpackung verwertet. Der Kabeldurchlass ist  mit Bauschaum  aufgefüllt. 

Die Luken und Bullaugen blieben mit der Doppelverglasung aus Plastiktischtuch total trocken!

Die Robusta ist bis einen halben Meter unter die Wasserlinie  isoliert.  Sie ist mit ihren 38 Fuss klein, somit mit wenig Energie schnell aufgeheizt. Der Hafenmeister war erstaunt über die tiefen Stromrechnungen. Erst dachte er, wir würden irgendwo anders Strom abzwicken.  Besucher waren erstaunt, wie gemütlich warm es drinnen ist.

Die Diesel Standheizung Webasto lief Morgens und Abends für etwa eine  Stunde. Als zusätzliche Wärmequelle kauften wir für den Winter  einen 1500 Watt Oelradiator der über Landstrom lief. 

Der Aufbau über dem Deckshaus hat eher genervt, als wie gedacht vor der Schneelast schützen würde. Schneefall war stets von starken Winden begleitet. Also hat der aus Dachlatten gezimmerte, mit Plane bespannte Schutz, dauernd geflattert. Lüftungsstutzen mussten zugestopft werden. Schnee mit Wind findet überall den Weg ins innere.

In kalten Temperaturen sollen Wanten ganz wenig gelöst werden. Doch dann fingen sie an zu vibrieren. Gummistroppen spannen half recht gut.

Die Robusta ist absolut gut geeignet um in hohen Breiten zu überwintern. Das hat sie bereits in Patagonien bewiesen. 

Wir sind echt dankbar, dass wir für die Wintermonate ein Auto von Freunden benutzen durften. Der Hafen von Homer ist bis zur nächsten Einkaufsmöglichkeit  zehn Kilometer entfernt. Ohne Auto hätte sich eine Überwinterung besser in Seldovia, Seward oder Cordova geignet. Doch Homer gehört definitiv nicht dazu.

Der Hafen ist sehr gut geschützt. Kein Schwell. Doch durch die kleine Öffnung im Hafen, trieben bei  Nordwind mit der Flut, immer wieder mal enorme Mengen an  Eisschollen rein und füllten den ganzen Hafen. Ist ein echtes Schauspiel wie sich die Schollen knirschend and Stegen und zwischen den Schiffen durchschieben. Im Winter liegen hier auch grössere Kutter an denen unermüdlich der Stahl mit der Flex oder dem Hilti geräuschvoll bearbeitet wird. Generatoren brummen, dessen Geräusche sich durchs Wasser übertragen und sogar körperlich zu spüren sind. 

Die Toiletten im Hafen sind modern, geräumig und sehr sauber. Doch da sind keine Duschen! Wir haben uns auch nicht danach erkundigt. Ich mag mich nicht erinnern, dass wir jemals in einem Hafen ohne Duschgelegenheit waren! 

Morgen ziehen wir weiter zum Prince William Sound

 

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April 28 2021

Abschied

Gerdy kratzt an der Türe vom in der Nachbarschaft gelegenem Hausboot, wo Thomas und ich nun wohnen. Ich freue mich über ihren täglichen Besuch! Doch gleichzeitig stimmt es mich traurig. Sanft streichle ich ihr über das struppiges Fell, das sie sich ungern bürsten lässt. Am Strand schmilzt nun so langsam der Schnee. Der gefrorene Belugasee ist nicht mehr begehbar. Erste Zeichen vom Frühling sind erkennbar. Zugvögel, wie die Kraniche sind eingetroffen. Sie sind von Kalifornien gekommen und werden den gemässigten Sommer in Alaska mit der Aufzucht der Jungtiere beschäftigt sein. Schade ist der Abschied schon bald. Nur zu gerne hätten wir miterlebt, wie die Natur aus dem Winterschlaf erwacht. In den Salzwiesen um Homer werden diverse Vogel- und Entenarten den milden Sommer verbringen.

Über den Winter durften wir einige nette spannende Menschen kennen lernen. Alaska, ist für uns ein sehr spezieller Ort. Ein wildes Land, mit kurzer intensiver Geschichte.

Witzig ist, dass sich so viele bemühen, damit wir sämtliche Schweizer die hier leben, kennen lernen. Ihre Lebensgeschichten beeindrucken uns. Noch eindrücklicher ist für uns die Lebensweise. Homer hat sozusagen keinen Dorfkern wie wir dies in Europa kennen. Alles ist auf’s Autofahren ausgelegt. Die Leute leben auf riesigen Grundstücken, so gross, dass meist kein Nachbar in Sichtweite ist. Doch was uns völlig in die Knie haut, ist die Aussicht! Wald, Berge, Meer, Natur so weit das Auge noch reicht. Winter ist die Zeit der Ruhe. Im Sommer ist der Bär los, Touristen ziehen aus allen Richtungen in oft skurrilen Gefährten durch Alaska. Campen, Fischen und Jagen ist für viele von ihnen ein Traum. 

Alles was ich gerade tue, nehme ich äusserst intensiv wahr. Denke, jetzt ist es das letzte Mal, wo ich mich in dieser Badewanne entspanne. Nochmals Wäsche waschen in einer tollen sauberen Maschine, ohne die dreckigen Kleider erst mühselig in einen Waschsalon zu transportieren. Mit Gerdy nochmals am bezaubernden Strand spazieren. Und wenn ich nun an den Abschied all der netten Leute denke, rollen dicke Tränen über meine Backen.

Ein Wetterfenster tut sich auf. Susia, Brat und Sepp werden uns bis Seldovia begleiten.

Doch erst soll noch ein Abschiedsfest am Strand über die Bühne gehen.

Ganz einfach. Alle bringen mit, was sie zum Festen brauchen und zusätzlich noch ein Instrument oder Ähnliches, um eine anständige Jam Session zu vollbringen. Wir sind im Endstress. Grosseinkauf steht an. Wer weiss, wann sich die nächste Gelegenheit bietet. Segel anschlagen, Rigg kontrollieren und spannen.

Das Dhingi verliert auch mal wieder Luft. Da ich kein Leck finden kann, besorge ich an der Tankstelle eine Dose mit giftgrünem Inhalt. Luft raus, grüne Pampe durch das Ventil rein, aufpumpen und immer wieder das Dinghi drehen und wenden, damit sich der Schleim im Innern schön verteilt. Diese Notreparatur, eigentlich für Autoreifen gedacht, funktioniert für das sehr alte PVC Dinghi perfekt. Die letzte Anwendung hat ein Jahr gehalten. Falls jemand ein gebrauchtes Dinghi zu verkaufen hat, bitte melden. Das tat dann Joe. Doch das Dinghi liege unter einem Berg Schnee! Zwei Tage graben wir. Stossen irgendwann auf Eis. Salz rauf und einwirken lassen. Hat bedingt geholfen. Das befreite Dinghi sieht nicht schlecht aus. Doch es braucht eindeutig Zuwendung. So kaufe ich Kleber und Flicken. War jedenfalls so geplant. Für eine  mikrokleine Tube Kleber und paar Quadratzentimeter Flicken, 60 Dollar!!! Abriss! Joes Dinghi ist jetzt in Flicken zerlegt. Hochgerechnet sind diese nun 15 tausend Dollar wert. Cool!

Wir sind erstaunt. Am Samstag herrschen für eine Strandparty nahezu perfekte Bedingungen. Kein Wind, kein Schnee oder Regen. Temperaturen knapp über Null Grad Celsius. Sue, Susia und Brat, die musikalischen unter uns, haben zum Abschied ein Seemannslied komponiert! Hey, völlig cool, Wir wollen es auch lernen!

Danke für die tolle Zeit und tschüss Homer Homies

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