May 20 2016

Caleta Tortel bis Puerto Aysen


Es wird kalt. Super kalt. Unglaublich kalt. Stepke ist beinahe erfroren während er in Tortel auf uns gewartet hat und auf die Robusta und Beduin aufgepasst hat. Seine Heizung ist am kränkeln. Unsere Inland Reise hat ja etwas länger gedauert. Jetzt ist die kleine geniale Flotilla bereit für die Weiterreise.

Der Golfo de Penas liegt vor uns. Die Region mit dem schlechtesten Wetter der Welt. So steht es im Reiseführer. Nach Monaten wieder eine grössere Strecke auf offenem Meer mit Nachtfahrt auf dem Pazifik. Per e-mail berichtet Kalibu, die den Golfo de Penas vor wenigen Wochen passiert haben, von bis fünf Meter hohen Wellen! Immerhin kam der Wind mal ausnahmsweise aus der optimalen Richtung.
Fünfzehn Knoten Wind aus Ost. Schönstes Wetter, Sonne. Temperatur nahe am Gefrierpunkt. Leichte Dünung rollt aus dem Golfo de Penas als wir aus der Caleta Lamento del Indio auslaufen.
Nach 35 Stunden biegt die Robusta mit dem letzten Sonnenstrahlen in die Caleta Suarez ein. Aleko und Stepke haben bereits ein riesiges Feuer am Strand vorbereitet. Die beiden haben diverse grosse Fische im Golfo de Penas gefangen!
Nun platzen unsere Wampen fast und die nächsten Tage verbringen wir mit Fisch zerlegen – Sushi essen – Fisch grillen – Fisch einkochen – Fisch sauer einmachen – Fisch trocknen und wir träumen auch noch von Fisch.
Aleko wurde ein Angelverbot auferlegt!
Nur noch Centolla fangen erlauben wir ihm. Die King Krabben, die jedem Hummer im Geschmack weitaus überlegen sind.
Nächtlicher Terror an Board reisst uns aus den Fischträumen. Im Licht der Taschenlampe verschwindet eine Ratte auf dem Heck im Landleinengewühl. Ratte an Bord – ein absoluter Gau! Die fressen alles an. Kabel mögen sie irgendwie am liebsten. Bei Aleko und Stepke waren sie auch! Wir sind unsicher ob die nächtlichen Besucher wieder schön brav an Land zurück geschwommen sind.
Solange nicht klar ist, bei wem die Ratte ist, liegen wir nicht mehr im Päckchen.
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Der ganze Strand ist mit allerlei Müll wie Plastik, Schwimmleinen, Fischerbojen und Dergleichen verunstaltet. Ein Anblick der uns echt traurig stimmt. Ja wir kommen aus der Wildnis wieder zurück in die Zivilisation!
Sogar ein arg verwester Wal liegt da. Es stinkt bestialisch, doch der Geier freut sich. 338 dieser Säugetiere, meist Saiwale, sind seit letztem Juni nördlich vom Golfo de Penas in der Region Aysen verendet. Wahrhaftig ein apokalyptisches Ausmass! Seit 1976 dürfen Wale weltweit nicht mehr gejagt werden.
Freunde, die mit ihrer Yacht bereits bei der Insel Chiloe sind, berichten viele Läden seien geschlossen und Diesel gibt es auch nicht zu kaufen. Protestierende Fischer haben die Häfen der Insel blockiert, Taxifahrer und viele Menschen schliessen sich den Protesten an.
Die Fischer und die Bevölkerung machen die Lachszucht Industrie (Salmoneras) für die Marea Roja und das ganze Umweltdesaster verantwortlich. Die Naturkatastrophe von Chiloe wird in den Medien mit Chernobyl der Meere verglichen! 20 Millionen tote Lachse der Salmoneras wurden diesen Februar bei Ancud, nahe der Küste mal so schnell im Meer entsorgt.
Chiloe muss wunder schön sein. Wir haben uns auf diese Region gefreut. Getröstet hat uns, dass wir in der Bahia Anna Pink auch viele lebendige Wale ganz aus der Nähe beobachten durften.

Ein weiterer Hochgenuss waren die heissen Quellen gegenüber der Caleta Cinco Hermanos. Als wir dort ankamen, lagen zwei grosse Arbeitsschiffe an Bojen vertäut in der Bucht. Baustelle! Um die Quellen werden nun Holzstege angelegt um diese zu verkomerzialisieren. Die Arbeiter erlaubten uns ein Bad zu nehmen. Sie seien eh nicht am arbeiten. Müssen auf neues Material warten. Sie selber haben den Badespass noch nie ausprobiert. Waschen jedoch ihre gefangenen Fische mit Freuden im warmen Wasser. Später hockten wir alle bei Kaffee und Kuchen auf dem Arbeitsschiff. Und noch später führten wir der ganzen Crew und allen Arbeiter unsere Yachten vor. Die einen posierten für Fotos hinter dem Steuer, andere hockten sich sogar für das perfekte Bild auf die Toilette!
Der folgende Abend war wirklich sehr lustig und herzlichen dank an die Crew für das leckere Abendessen und die riesige Kiste Früchte und Gemüse die uns vor Skorbut bewahren soll!

Nun liegen wir bei Puerto Aysen, in der Bucht von Chacobuco. Diesmal müssen Aleko und Stepke mal schnell nach Argentinien über die Grenze um einen neuen Stempel in den Pass machen zu lassen. Ihre Aufenthaltsbewilligung von drei Monaten ist abgelaufen.
Diesel für die Robusta und Bier und Proviant für die Crew, vor allem frisches Gemüse und Gas zum kochen, müssen nach über fünf Monaten seit dem letzten Einkauf in Puerto Williams, dringend aufgestockt werden.

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April 28 2016

Puerto Eden bis Caleta Tortel

Internet ist im Süden Chiles ein höchstes Luxusgut! In Caleta Tortel finden wir keine Kneipe die WIFI bietet. So fragen wir im Gemeindehaus ob wir gnädigerweise ihre Internetleitung anzapfen dürften, um unsere e-mails lesen zu können. Der zuständige Informatiker willigt ein. Er tippt den Zugangscode höchst persönlich ins Tablet. Doch die Leitung ist zu schlapp um die Bilder für den Blog auch noch zu laden. Später, als ich es erneut versuchen will, ist der Code ungültig und der zuständige Herr weilt im Urlaub! Bravo.
Wir sind süchtig. Zu richtigen Junkies mutiert. Können kaum noch genug davon kriegen. Das weiss – blau schimmernde Kristall der Gletscher. Eine Faszination die uns kaum mehr los lässt. Wenn riesige Brocken mit Pistolenschuss lautem knallen vom Gletscher bersten, mit einem gewaltigen Rums ins Wasser kalben um an irgend einer Stelle gleich wieder aufzutauchen. Genau an solch einer Stelle willst du dann eben nicht sein, wenn gewaltige Eismassen unter dir auftauchen, die sich manchmal auch vom Grund lösen. Wie lange dieses Schauspiel noch zu beobachten ist, wissen wir nicht. Doch die Realität hat in den letzten Jahren gezeigt, dass die Gletscher jedes Jahr um 100 Meter geschrumpft sind. Das Wasser ist dieses Jahr vier Grad wärmer. Grund dafür ist „El Nino“, ein Phänomen welches das Klima weltweit beeinflusst.


Eigentlich wollten wir gerade weiter segeln. Als wir bei der Armada in Puerto Eden die Zarpe (Auslaufbewilligung) abholen, ertönt Markkus Stimme aus dem Lautsprecher der Armada. Die Segelyachten Kalibu, die Yao und die Cara Mia laufen auch noch in Puerto Eden ein. Das ist nun ein Grund um ausgiebig das Wiedersehen zu feiern! Wir verbringen ein paar lustige nette Tage. Es gibt viel zu erzählen! Die Reise mit Aleko von der Beduin zum Mischief war echt abenteuerlich. Die „Hand breit unterm Kiel“ wurde förmlich amputiert. Beide Yachten sind bei Hochwasser, schlimmer kann’s nicht kommen, auf Felsen aufgesemmelt. Die Strömung drohte uns gegen die Sandbank zu drücken. Einen zweiten Versuch wagten wir nicht. Da wo die Wassertiefe laut Seekarte gut sein soll, liegt aber eine Sandbank! Auf der Hauptroute stimmen die Seekarte recht gut. Doch Abweichungen bis drei Seemeilen können durchaus vorkommen. So suchten wir einen sicheren Ankerplatz für die Nacht. Die erste Bucht könnte bei einem Winddreher die Ausfahrt mit Eis versperren. Eine Seemeile südlich liegt die perfekte Bucht. Auch super zum Wandern. Seit Puerto Tamar bedeutet Wandern eigentlich „Moos-Baum-Klettern“ mit Gummistiefel und Oelzeug. Hier ist halbwegs normales über “Baumstämme steigen” möglich. Wie toll. Selbst mit dem Dinghi sind wir am nächsten Tag nicht sehr weit durch die Angostura Mischief gekommen. Riesige Eistrawler versperrten auf dem Rückweg den Kanal und drohten das Dinghi zu zermalmen. Aleko und ich mussten eine fette Eisscholle vor uns herschieben um den Bug vor den scharfen Kanten des Eises zu schützen! Thomi manövriert mit dem 6 PS Motörli gekonnt durch die in verschiedenste Richtungen treibenden Eismassen. Ich bekomme eine echte Krise. Will gar nicht mehr aus dieser schönen Berglandschaft raus. Diese Kanäle und Buchten haben’s mir echt angetan. Mir graut es vor der Zivilisation. Puerto Eden ist speziell. Da existieren keine Autos. Alle Güter werden auf dem Wasserweg transportiert. Für mich sind die Chilenischen Kanäle der schönste Flecken der Erde. Die Natur, die Abgeschiedenheit, keine Autos, kein Lärm. Na ja das mit dem Lärm ist nicht ganz korrekt; Der starke Wind pfeift in den Wanten und reisst an der Gastlandflagge, was unerträgliche Geräusche im Schiffsinnern erzeugt. Die wird nur noch gehisst, wenn wir wieder in der Zivilisation sind.

Thomi und Stepke wollen möglichst schnell in den Norden. In wärmere Breiten, milderes Klima. Sie haben genug vom Regen und dem Kampf gegen die Feuchtigkeit. Die Tage werden auch immer kürzer. Morgens ist nun sogar das Deck vereist. Der Winter meldet sich an. Markku will auch möglichst schnell in den Norden. Nach Valdivia um nach Tahiti in die Südsee abzubiegen. Er hat die Nase auch voll von diesem Klima, den starken Winden die ja immer aus der falschen Richtung blasen und der viele Regen! Kalibu’s Crew will bald in Puerto Montt sein. Sie fliegen für drei Monate nach Deutschland. So trennen sich unsere Wege leider wieder. Ich will hier gar nicht mehr weg. Doch der Zufall will, dass Alekos Motor streikt. (Ich schwöre, ich habe nichts damit zu tun!!!) Die Süsswasserpumpe hat den Geist aufgegeben. So ein Mist! Hier ist keine Autowerkstatt in der Nähe. Nix, gar rein nix. Bis Puerto Montt sind es noch über 300 Seemeilen. Alles unter Segel könnte funktionieren. Ohne Wasserpumpe kein Motor – ohne Motor keine Ankerwinsch. 15 Meter Kette von Hand einholen geht ja noch. Doch in dieser Starkwind Region stecken wir möglichst viel Kette. Oftmals 80 Meter! Doch in die Buchten einlaufen, an die ja logischerweise immer windgeschützten Ankerplätze, wird zum Problem. Wir durchforsten Reiseführer, Karten, grübeln über Möglichkeiten nach, wie und wo und ob die Pumpe repariert werden könnte. Ersatzteil von Europa schicken, das kann aus Erfahrung echt lange dauern. Die Stopfbuchse, die wir vor neun Monaten von Deutschland mit DHL nach Uruguay bestellt hatten, gammelt auch noch irgendwo herum. Auf dem Suchlaufzettel der DHL wird bekannt gegeben „Am Zielort eingetroffen“ was im betreffenden Fall aber „am Zoll hängen geblieben“ bedeutet. Während der Telefongespräche mit den Angestellten der Hotline, mutiere ich zwangsläufig fast zur Terroristin. Lauro vom TO Montevideo sorgt nun dafür, dass die 50 Euro Zollgebühren bezahlt werden und transportiert das Ersatzteil höchstpersönlich über die Grenze nach Chile. Herzlichen Dank!!!
Da schau, ein Fluss, der Rio Baker, da liegen zwei grössere Orte. Eines mit 4000 Einwohner und der nächst grössere mit 40’000! Caleta Tortel liegt am Rio Baker. Bis dahin führt die Caretera Austral. Das müssten wir in etwa fünf Tagen schaffen. Robusta schleppt die Beduin falls der Wind ausbleibt. Da wird es wohl einen Bus geben und einen Mechaniker zu finden sein. Doch da sind noch die Anden….

Caleta Tortel ist unglaublich nett. Nur etwa zehn Yachten verirren sich jedes Jahr in diese abgelegene Gegend. Die Leute vom Dorf kommen den Holzsteg entlang gelaufen, um unsere drei Yachten zu fotografieren. Der Bus fährt nur zwei mal die Woche nach Cochraine. Niemand kann hier die Pumpe reparieren wie sich herausstellt. In Coyhaique, dort soll es auch Dreher geben die ein Lager herstellen können. Aleko reist mit dem Bus elf Stunden dort hin. Thomi und ich nehmen den ähnlich langen Weg über Schotterpisten in Angriff. Husch mal nach Argentinien auszureisen um einen neuen Einreisestempel in den Pass zu bekommen. Die drei Monate sind schon fast rum. Stepke passt in dieser Zeit auf die drei Yachten auf. Doch die Aktion dauert länger als gedacht. Von Chile Chico soll es Busse nach Argentinien geben. Wann kann keiner sagen. Die Busgesellschaften sind privat, was soviel heisst, dass keiner weiss, wo und wann und wohin die anderen Busse im Land fahren. Im Internet finden wir einen Fahrplan. Doch das ist der Sommerfahrplan. Jetzt ist Winter. Also wieder übernachten in einer Hospedaje (nicht mit Spital zu verwechseln). Das sind einfache Unterkünfte bei Familien. Meist darf der Holzherd in der Küche benutzt werden. Wir zahlen zwischen 10 und 15 Euro mit Frühstück. Zelten im Garten ist noch günstiger. Im Bett bekomme ich einen halben Kollaps. Schweissgebadet mache ich das Licht an und untersuche die Bettwäsche mal genauer. Da liegen doch neun Wolldecken über mir, die mich komplett platt drücken. Neun. Ich habe mich nicht verschrieben. Das ist ja nun echt zu viel des Guten. Wir sind ja schliesslich in den Anden oder wie? Dabei liegt noch nicht mal Schnee.
Der Grenzübertritt, das war auch so eine Aktion: Alle Fahrgäste müssen raus aus dem Bus. Rein ins Büro, der Beamte will das Einreisedokument. Wie sieht denn das aus? Haben wir nicht. Kein Problem, dann muss es eben nochmals ausgefüllt werden. In dem Moment schiesst mir die Erinnerung in den Kopf, wie empfindlich die Argentinier und Chilenen mit der Einfuhr von Lebensmittel und Güter sind. Können wir doch nicht’s dafür wenn die beiden Länder sich nicht mögen. Im kleinen Rucksack habe ich ein Picknick für die Reise eingepackt. Nun fordert ein älterer miesgrämig, streng dreinblickender Beamte alle Fahrgäste auf, ihr Gepäck zu präsentieren. Wir ignorieren die Aufforderung. Doch dann geht der Kerl, nach dem er alle Koffer und Taschen wie ein Maulwurf durchwühlt hat, in den Bus. Schaut auf die Ablege, bückt sich, gafft unter die Sitze, kommt mit strenger Miene wieder raus, direkt in meine Richtung….. Ups, doch er wendet sich an den Busfahrer, um ihm die Durchfahrt zu gewähren. Die Landschaft im Grenzgebiet erscheint uns eigenartig. Im Hintergrund türmen sich unnatürlich geformte Berge. Wie sich herausstellt, wird hier nach Bodenschätzen gebuddelt. Die Natur weist zahlreiche Narben auf. Die Wandmalereien verraten den Unmut der Bevölkerung.

Die Rückreise nach Caleta Tortel müssen wir über Coyhaique antreten. Der nächste direkte Bus nach Tortel würde erst in sechs Tagen fahren! Der Umweg über Coyhaique bedeutet ja nur drei Stunden mit der Fähre und noch weitere sechs Stunden mit einem Bus über die Berge.
Aleko hat in der Zwischenzeit dort nach zwei Tagen ausgiebiger Forschung, einen Hinterhofmechaniker gefunden, der die Wasserpumpe reparieren will. Doch der findet kein passendes Ersatzteil. Ein Dreher, der so was herstellen könnte, ist nicht aufzutreiben. Fazit: zwei Wochen Inlandreise durch eindrückliche Landschaft, ohne Erfolg! Alekko paddelt in den Wald, schneidet sich verschieden dicke Äste von Bäumen und will sich nun ein Lager für die Wasserpumpe des Motors aus Holz basteln.
Er ist ja schliesslich Schreiner. (mehr dazu auf www.alekistan.com)
Nun soll die Reise mit dem Provisorium weiter gehen. Eine neue Wasserpumpe ist von Europa nach Valdivia unterwegs. Leo, sein Sohn, hat diese vor dem einpacken noch ordentlich mit Altöl eingesifft, um so die Zollgebühren zu umgehen. Meistens wird der Vermerk auf dem Paket „Yacht in Transit“ schlicht übersehen und das Paket wird erst ausgehändigt, wenn die Gebühren abgeliefert sind.

 

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April 14 2016

Puerto Williams bis Puerto Eden

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Achtung Vorwarnung: es folgt ein Bilder Zunami!  Nun sind immerhin  acht Wochen vergangen, seit wir das letzte Mal in der Zivilisation waren und den Luxus einer Internerverbindung nutzen konnten  um den Blog zu bearbeiten. Nun folgt mal der erste Teil bis Puerto Eden.
Aus der Perspektive eines Kondor, mit einer Spannweite von über drei Meter, überfliegt dieser imposante Vogel die Anden und genau so verfolgt unsere Freundin unsere Reise – Google Maps macht’s möglich. „Wenn ich in so eine gotverdammi verlassene Gegend wiedergeboren werde, würde ich mich selber abtreiben“. Seit sieben Wochen durchstreifen wir nun die Chilenischen Kanäle. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr raus. Gewaltige Berge mit bizarr zerklüfteten Felswänden, üppig grün bewachsen mit es scheint von tausenden verschiedenen Arten von Moos, mit Bäumen deren Form einer straff flatternden Flagge gleicht. Wolkenbilder in allen Formen und Grautönen. Gletscher in Türkisblau, die bis in die Kanäle an steilen Hängen zwischen Moränen, gewaltige Eismassen vor sich her ins Meer schieben.


Mag sein, Leben in dieser unwirtlichen Gegend muss hart sein. Die Alcaluf- Selk’nam- Haush- Yamanain- und Theuelches Indianer, die mit der letzten Eiszeit aus Asien in diese Gegend eingewandert sind, haben hier überlebt. Sie zogen als Nomaden umher, sammelten Früchte und lebten von gestrandeten Walen. Sie würden niemals in’s Meer scheissen, da sie die Muscheln und Fische aus diesen Gewässer essen. Fleisch verzehrende Tiere mochten sie nicht. Die Frauen waren geschickt im Navigieren des Kanus in dem stets ein Feuer brannte um die ganze Familie warm zu halten. So lebten diese Menschen mit grossem Respekt gegenüber der Natur. Natürlich nur bis der Weisse Mann ende des 19. Jahrhundert Tierra del Fuego auf der Suche nach Gold bevölkerte und erst mal Krankheitskeime einschleppte. Die Guanocos (Lamaart), ein Grundnahrungsmittel der Indianer, wurden in tausende Kilometer, zusammen mit Schafen, eingezäunt. Jagten die Indianer eines der Tiere, war dies schon Grund genug um eine Prämie für jedes Kilo toten Indianer anzusetzen. Den angeschwemmten Walen wurde Gift injiziert. Dies sind nur einige der Gründe die zur fast radikalen Dezimierung dieser Ethnie geführt haben.
Wir sammeln auch blaue Beeren, die Calafate und noch andere deren Namen wir nicht kennen. Doch die gestrandeten Wale an der Chilenischen Küste fressen wir nicht auf. Diesen Sommer sollen es 300 gewesen sein! Die Gründe sind wohl offensichtlich, nur will es niemand wahr haben. Der ganze Müll, der hier immerhin nur ganz selten zu sehen ist, die Umweltgifte die auch die abgeschiedensten Regionen der Welt nicht verschont, fordern ihren Tribut.

In den schönen engen geschützten Buchten, in denen wir uns mit Anker und Landleinen sichern, was jeweils vor allem bei Ebbe einem akrobatischen Akt nahe kommt, haften an den Felswänden tausende Muscheln. Da läuft jedem Feinschmecker das Wasser im Munde zusammen. Doch diese Leckerbissen dürfen wir nicht essen. Der Grund dafür ist eine Alge die Schalentiere ungeniessbar machen (Marea Roja). Den Seevögel bekommt die mit der Alge vergifteten Tiere. Nur den Menschen haut es innert weniger Stunden qualvoll leidend um und er kann sich gleich neben die 300 Wale legen. Als Gemüse Ersatz kochen wir Kelp. Kelp mit Kartoffeln, Kelp mit Ingwer, Kelp mit Zwiebeln, Kelp an weisser Sauce mit Kapern. Der nächste Laden ist noch in weiter Ferne.

Wir fühlen uns frei! Fast frei, wäre da nicht das grosse Auge der Armada, die gerne zwei mal täglich eine Positionsmeldung haben will. Ha ha, aber wie denn bitte? Mit Kurzwelle eine E-Mail schreiben geht normalerweise gut. Aber in den Schluchten der Anden ist das schlicht eine andere Ausgangslage. Der erste Hop einer Funkwelle prallt schon an der nächsten senkrecht emporsteigenden Felswand ab und wenn nicht dort, landet der zweite Hop in einer der zahlreichen Gletscherspalten. Aber mach denen das mal klar und dann noch in einer Fremdsprache. Wir funken wenn wir können. Passierende Schiffe sind verpflichtet eine Positionsmeldung an die Armada weiter zu leiten. Auf unserem Zarpe haben wir gerade mal drei Caletas (Bucht) angegeben. Fühlten uns schon sehr frei, bis das Pactormodem über Kurzwelle eine Botschaft vom MRCC Rettungs Coordinations Zentrum ausspuckte. Kurz und bündig, in wenigen Worten formuliert steht da, dass die Armada eine Vermisstmeldung aufgegeben hat. Ohjemineeeee. Das gibt eine derart dicke Rechnung, wenn wir die Aktion nicht rechtzeitig stoppen können, dass wir den Rest unseres Lebens in einer der Zürcher Notschlafstellen verbringen können.

Bis jetzt ist alles ziemlich gut gelaufen. Die gefürchtete Magellanstrasse mit ihren  Gegenströmungen und starken Winden, die innert Kürze eine unangenehme steile See entwickelt, sind wir bei schönstem Wetter buchstäblich durchgeflutscht. Die Bedingungen können so schlagartig ändern. Da freust du dich über tollste Segelbedingungen und schon fällt die Geschwindigkeit von 5 Knoten auf nur noch knapp zwei Knoten. Wind und Strom gegen dich und jede Meile wird zu einem harten Kampf gegen die Zeit. In der Dunkelheit ist es hier nicht zu empfehlen zu reisen. Die Seekarten der Chilenischen Armada sind teilweise bis drei Seemeilen daneben! Navionics ist eine gute Ergänzung, aber manchmal auch wieder unbrauchbar.
Es ist fast unglaublich, doch wir treffen mitten in den  Kanälen auf Stepke und Aleko, doe beiden Einhandsegler mit ihren Yachten Abraxas und Beduin! Die Freude ist riesig und muss ausgiebig in der nächsten  Caleta gefeiert werden.

DenWetterbericht bekommen wir von der Armada, vorausgesetzt das mit der Kuzwelle klappt. Ist recht genau, aber muss je nach Verlauf und Form der Topographie selber noch nachinterpretiert werden. Bis Puerto Montt werden wir’s wohl draussen haben. Puerto Tamar, kein Hafen wie es der Name vermuten lässt, sondern ein ziemlich ungeschützter Ankerplatz, mit miesem Ankergrund, mit vorgelagerten Felsen, der Einzige zum Abwettern vor der Passage in den Kanal Smith, verbrachten wir eine harte schlaflose Nacht. Am nächsten Morgen kämpfte sich die Robusta mit Segel und Motorunterstützung im Zickzack durch Regen und die grandiosen Wellen, die vom Pazifik in die Magellanstrasse einrollen. Unser Freund hatte an dieser Stelle weniger Glück. Ihm wehte der Wind derart hart entgegen, dass es ihm das Vorsegel zerschredderte. Unter Motor erreichte er die Bucht, doch der Anker hielt nicht. Die Yacht driftete gefährlich nahe an die Felsen. So und dann sass der Anker super fest, liess sich gar nicht mehr lichten. Das alles in zwei Meter Welle und die Heizung hatte auch noch den Geist aufgegeben. Seine Crew wurde durch die Armada abgeborgen. Er blieb an Bord bis sich das Wetter beruhigte. Wir waren 100 Seemeilen hinter ihm als uns ein stattliches Transportschiff anfunkte, um nach der Position der Yacht in Not zu  fragen. Es lieferte 200 Liter Diesel von Punta Arenas. Hört sich wie ein Pizzalieferdienst an, doch hat 27’000 US Dollares gekostet! Seine Versicherung habe das organisiert. Ob die auch bezahlt wird sich herausstellen. Die Armada wollte ein Gesundheitsatest von dem geretteten Crewmitglied. Wer nicht wirklich krank ist, hat wohl mit bösen Folgen zu rechnen und kann uns in der Notschlafstelle Gesellschaft leisten.

Mir ist schon schleierhaft wie die Indianer nur mit einem Stück Fell bekleidet in einer Gegend, die selbst im Sommer nachts Temperaturen gegen null Grad und im Schnitt tags das Thermometer 10 Grad anzeigt, leben konnten. Meine liebe Freundin, da magst du recht haben, es gibt angenehmere Lebensbedingungen. Es schifft hier teilweise unglaubliche Mengen – dies im Schnitt 300 Tage pro Jahr und das auch noch bei Starkwind. Praktisch für uns, so konnten wir in einer Regennacht über 300 Liter Wasser in unseren Tanks sammeln. Selbst in der super gut isolierten Robusta kämpfen wir gegen die Feuchtigkeit. Mit der Heizung kondensiert die Wärme an den kalten Fensterscheiben. Alle Bullaugen, ausser zwei davon, wir wollen ja auch mal lüften, haben wir mit durchsichtigem Plastiktischtuch isoliert. Das hilft perfekt! Das geschlossene Deckshaus ist auch Gold wert. Wir hocken bei Regen trocken und windgeschützt, einigermassen warm und geniessen die einmalige Landschaft. Standardausrüstung zum Wandern sind Oelzeug mit Gummistiefel. So wühlen wir uns buchstäblich wie Maulwürfe durchs Dickicht über triefnasse,  moosbewachsene Baumstämme.
Jetzt geifern wir förmlich nach einem fetten blutigem zarten riesig grossem Stück Fleisch mit frischem Gemüse und davor und dazu und danach ein grosses schmackhaftes Bier in der Zivilisation von Puerto Eden und eine heisse Dusche darf auch nicht fehlen!

Tja und aus der netten Kneipe mit dem Lomo und dem Bier wurde leider nicht’s. In Puerto Eden, mit seinen 170 Einwohnern, gibt es keine Bar und keine Kneipen. In den zwei kleinen Supermercados war das Bier ausverkauft. Kommt erst mit der Faehre am Samstag neuer Nachschub. Der Mann der den richtig teuren Diesel verkauft ist nicht da. Er sei zur Zeit in Puerto Natales. Wir sind aber trotzdem zu unserem Diesel gekommen. Wie will ich hier nicht genauer erläutern – wäre ja mies deinen “Freund und Helfer” an den  Pranger zu  stellen.
Jedenfalls war die Nachtaktion richtig kriminell. Vielleicht erfährst du ja mehr dazu auf einer anderen Homepage ;-))

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February 23 2016

Chilenische Kanäle

Liebe Freunde,
die nächsten zwei Monate werden wir in der Wildnis der Chilenischen Kanäle, fern ab jeglicher Zivilisation verbringen.  Hoffen wir haben genug Essen eingekauft und müssen nicht Wale, Robben und Pinguine jagen.  Gemüse wird bald nicht mehr auf unserem Speiseplan stehen. Dafür wieder Kelp  in verschiedensten Variationen gekocht oder getrocknet. Eine hier in Massen gedeihende Grossalge, die bis 40 Meter lang werden kann. Kelp ist sehr reichhaltig an Jod, Kalium, Eisen, Magnesium und Calcium. Wird übrigens in manchen Ländern als Super-Power-Nahrungsergänzung in Tablettenform oder als teure Pülverchen verkauft.  Dann kommt jetzt auch das Geschenk von unserem Freund, dem Imker Thomi Hotz zum Einsatz: Propolis Pulver gegen Skorbut!


Die Robusta sieht wie ein voll bepackter Esel aus! Dieselkanister sind an Deck festgezurrt, fast ein halber Kilometer Leinen um uns in den engen Schluchten an Bäumen und Felswänden zu sichern, die halbe Achterkajüte ist mit Food vollgepackt. Das Gästebett stinkt schon nach Zwiebeln! Thomi ist zu den Behörden gerannt, um die Zarpe zu holen. Mal schauen wie sie reagieren, wenn wir nur drei Ankerplätze, statt die vorgeschriebenen 19 Positionen bis Puerto Montt angeben.
Drückt uns die Daumen, dass alles gut gehen wird!
 

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February 16 2016

Puerto Williams

Puerto Williams ist ganz nett, winzig klein. ein paar Kneipen, einige Hostals und das Anthropologie Museum über die Yahgan Indianer. Die Menschen grüssen sich auf der Strasse und freuen sich, wenn wir Fremden dies auch tun. Nebst all den freundlichen streunenden Hunden, tun hier dies die Pferde  auch. Fressen vor der Prefectura Gras, liegen in den Gärten, traben mit ihren Fohlen auf den Strassen. Ab und zu streckt ein Pferd den Kopf Richtung Gemüsegestell in den Supermarkt!


Die Gegend  ist super zum Wandern. Die Natur ist einmalig, wild, von hohen teils mit Schnee bedeckten Bergen umgeben. Über 150 verschiedene Vogelarten soll es hier geben. Von hier aus sind auch mehrtägige Touren mit dem Zelt möglich. Brrrr… Selbst im Sommer fallen nachts die Temperaturen oft unter null!
Der Club de Yates (Yachthafen) MicalVI ist echt speziell! Das Frachtschiff MicalVI  wurde 1925 in Deutschland, Stettin,  als Munitions- und Materialschiff vom Stapel gelassen und  1928 an Chile  übergeben. Die chilenische Marine nutzte den Frachter als Hilfs- und Versorgungsschiff.  Nach der Außerdienststellung 1961 diente es viele Jahre in Puerto Williams als Schiffsanleger, wofür der Frachter offenbar auf Grund gesetzt wurde.  Bei Hochwasser ist das ganze Unterdeck überflutet. Dementsprechend sieht der Rumpf auch echt wie ein Schweizer Käse aus. Aktuell wird die MicalVI als Club Haus und Marina genutzt. Die Bar ist jedoch nicht mehr in Betrieb. Zur Zeit liegen 17 Yachten in drei Reihen in Päckchen aneinander geschnürt an der MicalVI. Will eine Yacht auslaufen, müssen diverse Leinen gelöst werden. Logischerweise liegen die die weg wollen meistens ganz in der Mitte, weil sie ja schon am längsten da sind.

Die Yachties  hängen in der gemütlich warm geheizten MicalVI, mit Tablets, Computer und Handys ans WiFi gekoppelt, schweigend nebeneinander und kommunizieren mit den Freunden aus der Heimat. Die heilige Ruhe im Club Haus ist nicht auszuhalten; also organisieren die  CaraMia,  DonaZita und Robusta eine Party. Allen Yachties wird mitgeteilt, sie sollen etwas zum Essen und Getränke mitbringen. Wir heizen den Grill vom Club Haus ein!

 
 
 
 

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February 4 2016

Dem Teufel das Horn abgesegelt

Thomi war schon bei der Armada um die „Zarpe“ (Bewilligung für das Auslaufen) für die Kap Hoorn Umsegelung einzuholen. Ich besorge noch ein paar frische Gemüse in Puerto Williams, was nicht ganz einfach ist. Das Versorgungsschiff kommt jeweils am Samstag von Punta Arenas. Am Montag sind die schönsten Gemüse bereits schon wieder ausverkauft.
Wie wird eigentlich der Adrenalinspiegel gemessen? Er steht jedenfalls noch so hoch, dass es uns sogar tot müde, selbst um vier Uhr in der Früh schwer fällt, in der warmen Koje einzuschlafen. Warm eingehüllt, in vier Lagen Decken, mit Kuhnagel an den Händen und kalten Füssen, läuft mir der ganze, wohl eindrücklichste Teil unserer Reise, nochmals durch den Kopf:


Vier Yachten verlassen bei etwa 10 Knoten Wind, bei optimalem Wetterfenster, wie es die erfahrenen lokalen Skipper uns bestätigen, den Hafen von Puerto Williams. Nächstes Ziel ist Puerto Tores. Wir Deppen setzen das Grosssegel in voller Grösse, das Fock und den kleinen Klüver. Doch schon bald müssen wir erfahren, wie die Fallwinde der Berge die Robusta unsanft treffen können.
Reffen bei gegen 35 Knoten Fallböen. Über VHF Funk melde ich den uns folgenden Yachten die Windkonditionen.

In Puerto Tores, dem südlichsten Kaff der Welt, leben 22 Menschen, davon sechs Kinder, vier Frauen, ein Armada Soldat und sechs Polizisten, erzählt mir der Polizeiunteroffizier. Wau, hier muss ja die Kriminalitätsrate riesig sein! Er lacht,  seine Aufgaben seien eher Sozialarbeit statt Verbrecher zu ahnden. Die Armada ist für das Meer, die Fischer und die Segler zuständig und die Polizei schaut an Land, dass die Bevölkerung mit allen möglichen für das Leben nötigen Güter versorgt werden. In den Städten sei das natürlich anders. Seine Familie lebe nicht hier. Er selber kommt vom Norden Chiles. Alle drei Monate reist er für 20 Tage nach Hause zu seiner Frau und seinen zwei Töchtern. Mit 50 werde er pensioniert. Er liebe die Abgeschiedenheit und die kleine Kommune in welcher der soziale Zusammenhalt sehr eng ist. Täglich mache er seine Besuche bei allen, trinke Kaffee, transportiert den Müll und Diesel für die Generatoren die die Häuser mit Strom versorgen.  Geheizt wird mit Holz. Der Winter sei lange und hart. Das Versorgungsschiff der Armada kommt einmal im Monat mit Lebensmittel und Treibstoff. Eine Strasse nach Puerto Williams existiert nicht.

Die nächste Etappe nehmen wir morgens um fünf in Angriff. Diesmal wird das dritte Reff ins Grosssegel gebunden, Fock und der kleine Klüver gesetzt. Zwischen hohen, teils schneebedeckten Bergen, über die Bahia Nassau, Segeln zwischen Inseln, erreichten wir abends  den Ankerplatz Maxwell. Die anderen drei Yachten liegen bereits mit Landleinen verzurrt im südlichen Teil der Bucht. Auf Kanal 69 besprechen wir die nächste Etappe ums Cabo de Hornos. Der Wetterbericht zwingt uns wiedermal möglichst früh morgens zu starten.
Wie schrecklich, um sechs Uhr in der Früh schifft es!
Genau um 09:04 erreicht die Robusta die südlichste Position unserer Reise: 55Grad58Minuten Süd/67Grad27Minuten West. Hier treffen der Atlantik und der Pazifik aufeinander.
Ich will es fast nicht wahr haben. Wir laufen unter Motor ums für seine starken Winde berühmt berüchtigte Kap! Die Fotos sehen schrecklich aus! Alles nur Schwarz – Weiss. Wolken, Nebel, karge spitze Felsen. Was für ein Jammer. Die Kamera trau ich mich schon fast nicht aus dem sicheren Deckshaus zu strecken.

Dafür ist es möglich in der Caleta Léon der Isla de Hornos zu ankern. Der Ankergrund ist steinig, voller Kelp und der Anker hält sozusagen bei Flaute nicht mal. Das Schiff darf auf keinen Fall alleine gelassen werden! Mit Dijis Dinghi dürfen Teria und ich an Land den Leuchtturm besuchen. Die grossen runden schmierigen Steine und die Massen von Kelp machen die Anlandung nicht gerade einfach. Der erste Schritt auf der berühmten Insel und schon sind meine Gummistiefel mit dem kalten Wasser bis zum oberen Rand gefüllt. Im Eiltempo huschen wir drei zum Leuchtturm um uns dort ins Gästebuch einzutragen. Bei jedem Schritt durchs neu renovierte Gebäude der Armada, hinterlassen meine glucksenden Gummistiefel Lachen von Salzwasser.
Diji wird immer nervöser. Er will zurück zum Dinghi. Der Wind nimmt allmählich zu. Keine der Yachten liegt mehr an der selben Stelle! Die Anker haben nicht gehalten. Sie laufen unter Motor wartend vor der Bucht hin und her.

Nächstes Etappenziel: Isla Lennox. Der schlappe Wind veranlasst uns die Isla Deceit östlich zu runden. Doch wie war das noch mit den erlaubten und verbotenen Streckenabschnitten? Mit Schrecken stelle ich fest, dass auf der Zarpe diese Strecke nicht eingetragen ist. Ohjemineee.
Die Windprognosen versprechen für die Bahia Nassau 20 bis 28 Knoten Wind aus Süd-West. Optimaler könnte es nicht sein. Der Skipper der Brasilianischen Yacht Endurence meldet über Funk, der neuste Wetterbericht zeige 40 bis 50 Knoten Wind für heute Nacht an. Er empfiehlt uns nicht nach Lennox zu segeln, sondern direkt Puerto Toro anzulaufen, was nochmals 35 Meilen weiter ist.
Die Bahia Nassau hat’s in sich. Nur unter Fock schiesst die Robusta mit Rekordgeschwindigkeiten durch die beachtlichen Wellen.
Patrizia meldet über Funk, dass sie in der Bucht von Puerto Tores beinahe eine Yacht in der Dunkelheit gerammt hätten, die ohne Licht vor Anker liegt. Genaue Position unbekannt. Der Wind weht mit bis zu 60 Knoten aus der Bucht von Puerto Tores meldet uns die Armada. Ich übernehme das Steuer, da Thomi das Fock bergen will. Sogar unter Motor fällt es mir schwer, den Kurs zu halten. In der absoluten Dunkelheit verliere ich mehrmals die Orientierung. Panik bricht bei mir aus, als ich auf den Seekarten vom Navionics erblicke, dass wir bereits über Land fahren und gleich den Leuchtturm rammen, der übrigens auch defekt ist. Nun folge ich dem alten Track auf der Seekarte von Open CPN der ebenfalls teilweise über Land führt. Endlich können wir die schwankenden Taschenlampen von Patizia und Diji ausmachen. Das Anlegemanöver an der Nordseite des Piers muss auf Anhieb klappen! Ich stehe mit der ersten Leine am Bug, im peitschenden Wind und Regen bereit. Der Wurf darf jetzt nicht in die Hosen rauschen. Der Typ von der Armada fängt die Leine gekonnt auf. DJ und Patrizia nehmen weitere zwei Leinen entgegen.
Wau die Freude ist gross endlich im einigermassen sicheren Hafen angelangt zu sein. Doch wo ist der Rest der Flottille?? Es kann doch nicht sein, dass die Robusta die Swan abgetrocknet hat? Wo ist Markku mit der Cara Mia? Über Funk erreichen wir ihn auch nicht. Auch die Armada mit ihren potenteren Anlagen können die vermissten beiden Yachten ebenfalls nicht erreichen!
Gegen vier Uhr in der Früh meldet sich eine schwache Stimme am Funk. Teria meldet,  sie werden gleich in Puerto Tores einlaufen. Ich warne mehrmals vor der unbeleuchteten Yacht. Doch die Verständigung ist mies. Ich bin nicht sicher ob sie mich verstanden hat. Ich spreche trotzdem weiter, gebe Anweisungen und versichere, dass genug Leute da sind um zu helfen!
Die Cara Mia liegt nun an der Robusta festgezurrt. Doch die beiden Masten schwanken gefährlich nahe gegeneinander. Also besser nochmals alle Leinen justieren. Das alles bei druchschnittlichen Windstärken von 50 Knoten! Doch noch nicht genug. Ich bin sicher es ist ein Traum und wir beide reagieren geschlagene 20 Minuten nicht auf das Geschrei und Poltern. Ein Armadaschiff will an den Steg! Wir müssen weg! Wie brutal. Das nach zwei Stunden Schlaf! Die selbe Aktion wiederholt sich drei Stunden später. Das Armadaschiff an dem wir nun angelegt liegen, will wieder weg. Halb im Koma werde ich wegen der fehlenden Gastlandflagge angemotzt, die ich wegen dem nervigen Geflatter entfernt hatte. Die Armada meldet uns, dass die vierte Yacht sicher in Puerto Williams angekommen ist.
 
Vom Hügel geniessen Thomi und ich nun halbwegs ausgeschlafen die fantastische Aussicht! Wir haben es geschafft! Wau Hammer! Cabo de Hornos, der Mount Everest der Segler ist umrundet! Heute, dank den guten Wetterberichten und technischen Möglichkeiten wohl nur noch mit dem Uri Rotstock zu vergleichen.
Wir sind trotzdem stolz!
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February 1 2016

E-Mail an Gallatée und Kalibu

Hallo alle!
Puerto Williams ist lustig. Wir liegen als siebtes Boot im Päckchen an der MicalVI, einem riesigen altem Stahlschiff, Baujahr 1926, das jetzt als Yacht Club genutzt wird. Sie diente im Krieg als Kohle- und Munitionstransportschiff. Ja die Robusta ist hier auch die weitaus kleinste Yacht! Ihr könnt euch auch an einer Boje liegenden Yacht in der Bucht festbinden.
Zur Frage wegen der “Verduleria” und der Kontrolle der Chilenischen Agrikultur Behörde:
Wir haben sämtlichen Frischfrass irgendwo im Schiff versteckt. Einen Teil haben wir in einer anderen Yacht deponiert. Den Herren von der Behörde zeigte ich den gähnend leeren Kühlschrank und den Schrank mit allen Trockenvorräten. Sie haben nirgends rumgeschnüffelt. Andere Leute haben berichtet, dass sie noch einige Äpfel an Bord hatten. Sie sagten sie werden sofort gegessen. Dann war dies auch kein Problem. Sehr nette Typen. Gerüchte von Geldstrafen kursieren wegen einer einzigen Banane.
Doch eine halbe Stunde später kam eine Señora vom SAG mit Aktentasche unter dem Arm geklemmt an Bord. Lebensmittelkontrolle! Ich präsentierte ihr das frisch gestempelte Formular. Sie hätte drei Stunden auf uns im Büro gewartet! Sie war sichtlich sauer. Bevor wir zu ihr konnten, war der Besuch auf der Capitania und Inmigracion und Aduana angesagt. Dort erhielten wir das entsprechende Formular mit etwa unübertrieben 10’000 Fragen zur Ausstattung der Yacht. Unterhosen und BH Grösse mussten wir nicht angeben. Dieses Formular füllten wir in einer Kneipe bei einem kleinen Bierchen aus. Danach begaben wir uns direkt zum SAG. Dort war aber niemand. Später entdeckte ich den SAG Truck vor einer anderen Bar. Drinnen fand ich zwei Beamten vor einem Bier sitzend. Also gingen wir gemeinsam zu ihrem Büro und danach direkt zur Robusta für die Kontrolle.
Alles  easy. (Wie alles mit der Señora ausgegangen wäre, weiss ich nicht!?)
Wir sind auf dem Weg zum Cabo de Hornos zusammen mit Markku mit seiner Swan und noch zwei französischen Yachten. Bin schon ganz nervös! Wir werden am Wochenende wieder zurück in Puerto Williams sein….
Bis später Anja und Thomi
Reihenfolge der Behördenrally:
1. Capitania
2. Inmigracion (Öffnungszeiten: 9 Uhr, 3 Uhr, 6 Uhr)
3. Aduana (im selben Gebäude wie Inmigracion
Monster Formular ausfüllen
4. SAG (Agrikulturbehörde)
5. zurück zur Capitania
6. dann warten die SAG Beamten bei der Micalvi um mit dir an Bord zu gehen
Viel Spass!

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