Pazifik Tag 37-39
Wie waren denn so die Wellen auf dem Pazifik? Das hat mich jedenfalls sehr beschäftigt…
Böse Wellen! Sie werfen das Schiff auf die Seite wenn ich kochen soll, Kaffee eingiessen möchte oder mich in der Koje ausruhen will. Sie rollen von hinten heran. Verschiedene Wellenfrequenzen, sich überlagernd und gegenseitig aufbauend. Ich möchte diese Variationen ein bisschen ausführlicher beschreiben. Die ersten Tage nach dem Start von Valdivia blies der Südwind heftig mit weit über dreissig Knoten. Die Wellen waren kurz und steil, drei bis vier Meter hoch. Der Wind stabilisierte Robusta jedoch wunderbar, so war’s für mich eine tolle Rauschefahrt. Mit den Tagen nahm der Wind langsam aber stetig ab, die Wellen folgten seiner Kraft. Es begannen einige Tage schönstes Segeln. Doch je mehr der Bug Richtung Westen abdrehte, um vom Südostpassat zu profitieren, desto mühsamer wurde die Fahrt. Eine lange Dühnungswelle – das Schnaufen des Pazifiks – überlagert von kleinen kurzen chaotischen Windwellen. Der Wind war ja stetig, doch mit zehn Knoten geradezu lasch. Das ist zuwenig für Robusta. Der Winddruck fehlte in den Segeln um es stabil auf einem Bug zu halten. Die Auswirkung von all dem, ein hin und herschaukelndes Boot, was alle 20 Sekunden einen Sonderschaukel obendrein brachte. Das zieht an den Nerve! Jedesmal ein Ruck ins Rigg, wenn die Segel schlugen. Der Mast erzittert erbärmlich. Was tun? Eine bevorzugte Lösung war das Reffen des Klüvers. Noch effizienter war das komplette Streichen (einrollen). Fahrt nur unterm Grosssegel. Das ist wohl nicht mehr so schnell, jedoch beruhigender fürs Gemüt und für die Bordstimmung.
Thomas
Seit einer Woche ist es nicht mehr möglich einen Wetterbericht (GRIB files) zu bekommen. Die Station in Chile ist mit SSB Funk nicht mehr erreichbar und mit der Station in der Südsee ist auch keine Verbindung möglich. Unsere Familien und Freunde können nicht mehr per Mail kontaktiert werden. Der Track und die Texte auf der Hompage sind nicht mehr nachgetragen. Also herrscht Funkflaute. Hoffen das sah nicht wie Schiffbruch für die Daheimgebliebenen aus!
Ein feiner Hauch Wind dringt durch die Luke. Die See beginnt sich zu kräuseln. Zwei, vier, sechs, Knoten! So kommt Motti, der alte Spinacker zum Einsatz. Fröhlich tanzt er vor dem Bug und zieht die Robusta immerhin mit vier bis fünf Knoten über den Pazifik. Seinen sanft wippenden Bewegungen schaue ich gerne zu und geniesse in seinem Schatten die unendliche Weite des Pazifiks.
Doch plötzlich ist der Schatten weg!
Der Motti badet im Meer und treibt neben der Robusta her. Das Fall ist gerissen. Wie mit dem Messer durchgeschnitten! Eigenartig. Mist, jemand muss auf den Mast um ein neues Fall einzuziehen, damit die Vorsegel wieder gesetzt werden können.
Grossegel runter, Motor an. Der von Höhenangst geplagte Thomas muss rauf da er nun einmal kräftiger ist. Ich muss erst mal üben, den Kutter gerade durch die Wellen zu lenken, damit die Mastspitze möglichst ruhig bleibt. Mit dem Grossfall über eine Rolle ins Deckshaus gelenkt, sichere ich Thomas. Eine Hand am Steuer, eine am Fall, Blick nach Oben und gleichzeitig auf die chaotischen von achtern anrollenden Wellen. Es fällt mir schwer die Seitwärtsbewegungen zu vermeiden. Die Maststufen erweisen sich als enormer Vorteil!
Thomas ist eindeutig der Held der Reise!
Anja