December 14 2021

Der wilde Westen bis San Diego

Robusta’s Bauch ist mit Lebensmittel und Wasser aufgefüllt. Diesel ist noch genug da. Sie pflügt nun schwer und träge auf die Golden Gate Bridge zu. Der Nord Wind hat noch nicht eingesetzt. Nur eine leichte Briese weht über den Bay. Das ist gut so. Denn die Gezeitenströme unter der Brücke sind enorm stark. Angedacht ist, eine halbe Stunde vor Hochwasser unter der Brücke durchzusegeln. Da wird noch ein leichter Gegenstrom zu spüren sein. Doch so kann eine Wind – gegen Strom Situation vermieden werden, was gefährlich steile Wellen verursachen würde. Ich bin traurig. Wehmütig schaue ich zurück auf die bezaubernde Szenerie der Golden Gate Bridge, und bis die letzten Häuser der Stadt im Abenddunst verschluckt sind. Wir trösten uns mit Gedanken an den warmen Süden. Die Prognosen versprechen knappe 12 Stunden Nordwind. Danach herrscht wieder ein paar Tage Flaute. Am nächsten Morgen ist Monterey in Sicht. Erst versuchen wir vor dem Hafen zu ankern. Ein beissender Gestank trifft mich und der Brechreiz ist knapp kontrollierbar! Ein Blick, Thomas reisst wortlos das Steuer rum und ein paar Minuten später ist die Robusta nach zwei Jahren das erste mal wieder in einer Marina geparkt. Der strenge Geruch der Seelöwen- Seevögel- und Pelikankacke hängt noch Stunden in unseren Riechorganen fest. 

Ich rufe an. Paar Stunden später sitzen wir gemeinsam im Cockpit der Robusta. Taunya war acht Jahre alt als ich sie in Sacramento Kalifornien zum letzten mal gesehen habe. Das war vor 35 Jahren. Wir verbrachten eine lustige Woche miteinander! An Thanks Giving bereiten wir gemeinsam ein tolles Schlemmermenue mit allerlei Leckereien zu und essen uns buchstäblich schlapp. Oh wie gerne denke ich an diese lustigen Zeiten mit all den vielen Pot Luck Parties dieser Grossfamilie von meinem Ex- Mann zurück. Da waren immer mindestens 20 Personen anwesend! Die waren alle so irre lustig drauf! Doch trotzdem hatte ich oft Heimweh. Ich mochte das Stadtleben nicht, und vieles am American Livestyle irritierte mich. So entschied ich mich zurück in die Schweiz zu ziehen. 

In der Marina steht eine tolle Waschmaschine zur Verfügung. Ein Dollar pro Waschgang. Der Liegeplatz ist mit 25 Dollar auch absolut erschwinglich. So verbringen wir viel Zeit um wieder mal alles nebst den Kleidern auch all die Decken und die Schwerwetter Klamotten zu waschen. Die brauchen wir nicht mehr und werden verstaut. Doch mit dieser Meinung lagen wir weit daneben. In Kalifornien hatten wir nur ein mal  Gelegenheit um zu waschen. Das war in Sausalito. Die Wäscherei liegt dort nahe am Ufer. Ein wichtiges Kriterium damit nicht zu weit geschleppt werden muss.

Das nächste Wetterfenster tut sich auf. Mit etwas Glück sollte es möglich sein, bis zu den vor Los Angeles gelegenen Channal Islands  zu segeln. Dieser Abschnitt an der Küste des wilden Westens von Kalifornien bis zur mexikanischen Grenze, herrscht oft Flaute oder der Wind kommt aus Süd. So bestimmt das Wetter das Vorankommen und wo ein Zwischenalt eingelegt wird. Natürlich könnte der Motor eingesetzt werden. Doch unsere Philosophie lautet:  diese Reise möglichst unter Segel zurückzulegen.  

Trotzdem füllen wir für den Notfall den Tank mit Diesel. Zu allem Übel hängen all diese faulen Stinker neben der Tankstelle auf der Hafenmole! Gemütlich dümpeln wir mit leichtem Wind bei angenehmen Temperaturen in den Süden, Richtung San Diego. Vor Los Angeles liegen mittlerweile über 90 Containerschiffe vor Anker und warten darauf um entladen zu werden. Ist durch die Pandemie der online Kaufrausch ausgebrochen? Thanksgiving, Black Friday und Cyber Monday stehen kurz bevor, danach folgt Weihnachten…. Eine Zeit in der die Amis am meisten konsumieren.  All der aus Asien kommende Kram kann nicht schnell genug entladen werden. Lastwagenfahrer fehlen und in  Darum mangelt es in Asien an leeren Container um mehr Ware zu verschiffen. Truck Driver fehlen und einige Häfen sind wegen der Pandemie sogar geschlossen. Der Suezkanal war erst noch durch ein auf Grund gelaufenen Frachter blockiert. Die Auswirkungen sind weltweit zu spüren. 

 

Leider ist östlich der Channel Islands selten Wind. Für die nächsten 10 Tage auch nicht. Schade, wäre bestimmt spannend gewesen zwischen all den ankernden Frachtern vor Los Angeles durchzusegeln. Egal, wir sind eh etwas im Stress. Weihnachten kommen Markus und mein Sohn Sascha nach La Paz, Mexiko, damit wir gemeinsam feiern können. 

Beim Kap Concepcion geht’s schon los. Flaute, Winddreher, Wenden – auch nicht gut. Noch 30 Seemeilen bis zu der westlichst gelegenen Insel von den Channel Islands – San Miguel. In diese Richtung segeln geht nicht.  Bis zur nächsten sicheren Ankerbucht sind es noch 15 Seemeilen. So darf der Motor wieder mal dröhnen. Doch die Einfahrt in die riesige Bucht ist der absolute Horror. Überall Kelp und nicht gerade wenig davon. Da rein in der Dunkelheit wäre fatal. Es ist noch zu tief um zu ankern. Irgendwo muss doch ein Durchgang sein. Thomas behauptet mit dem Langkieler sei es kein Problem durchs Kelp zu pflügen. Das habe ich aber anders in Erinnerung. Wir beide sind müde und wollen noch bevor es ganz dunkel ist sicher vor Anker liegen. Also rein in das Gemüse. Bei 25 Meter geht der Anker runter. Er hält nicht wirklich. Da ist kein Wind. Mal beobachten was passiert.  Um Mitternacht ist die Robusta noch immer an der selben Position. Also legen wir uns schlafen. 

Am Morgen liegt wie so oft dicker Nebel an der Küste Kaliforniens. Das Kelp scheint sich während der Nacht verdreifacht zu haben. Thomas hantiert mit dem Anker. Die Winsch bekommt nicht genug Strom. Irgendwas stimmt nicht. Auch von Hand geht es irre schwer. Viel Kette ist nicht mehr draussen. Mit dem Bootshaken erwische ich den Fender an dem die Trippleine befestigt ist. Tonnenweise Kelp hat sich um die Leine und Ankerkette geschlängelt. Mit der Macheta und dem Brotmesser wird gehackt und gesägt. Keiner von uns will ins kalte Wasser um den Propeller zu kontrollieren. Mit der GoPro am Bootshaken befestigt, filme ich unter Wasser ob da von dem Grünzeugs was im Propeller hängt. Ja! Doch nur wenig. Kann mit dem Bootshaken ohne Morgenbad entfernt werden. 

Jetzt aber nicht s wie weg hier! Ohne Motor versuchen wir aus der Gemüsesuppe zu segeln. Nicht ganz einfach, die Strömung ist stärker als der Wind.

In San Miguel einem phantastischem Naturparadies, erlaubt nur ein kurzer Zwischenhalt. Die Prognosen künden 25 Knoten Nordwind an. Somit wird der Ankerplatz zur Falle. Doch diese Wetterlage pustet uns direkt nach San Diego!

 


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Posted December 14, 2021 by robusta in category "USA

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