March 7 2020

Zamami Islands

Grosses Gewinke und bald schon verschwindet Okinawa im Dunst. Dafür erscheinen bereits die Berge von Zamami Islands am Horizont. Das ganze Gebiet gehört zum Keramashoto Nationalpark.

Der Blick auf Berge erfüllt mich mit grosser Freude. Wecken Erinnerungen aus der Kindheit. Skifahren mit meinen Eltern, Mami mochte den Schnee jedoch überhaupt nicht. Papa dafür umsomehr. Bei jedem Wetter sind wir los, wie die Wahnsinnigen jede Piste oder im Tiefschnee runtergesaust. Knochenbrüche mussten in Kauf genommen werden. Egal, sowas härtet ab. Keine Herausforderung war zu krass. Oder im Sommer wandern, die Aussicht nach einem anstrengendem Aufstieg ist einfach das grösste aller Hochgefühle. 

Nach fünfstündiger Überfahrt ist die Robusta im östlichen Teil des Hafens, mit Auto- und Motorradreifen gepolstert, längsseits an der Hafenmauer festgemacht. Doch nun kommt jemand und weist uns mit Zeichensprache an, am Schwimmsteg anzulegen. Ja umso besser, perfekt! Dankeschön, das ist reinster Luxus. Ein- und Aussteigen ohne an der Hafenmauer rumzuklettern. Das kleine Dorf ist in zehn Minuten ausgekundschaftet. Nun schlürfen wir Awamori, Reislikör mit viel Eis serviert, im fast leerem Guesthouse. Viele Reisende haben die Buchung wegen Coronavirus storniert. Japan hat die Grenzen zu China und der Republik Korea dicht gemacht. Aktuell sind knapp 200 Personen positiv getestet, die meisten davon in Hokkaido, der nördlichsten Präfektur Japans. Die Regierung hat als erste Massnahme sämtliche Schulen, Museen und Theater im ganzen Land geschlossen. In den Medien häufen sich die Berichte über die Ausbreitung in der ganzen Welt!

Wie ernst die Lage tatsächlich ist, muss erst mal in unseren Köpfen ankommen. So abgelegen und doch nur einen Katzensprung von China und der Republik Korea entfernt, können wir die Lage noch nicht ganz einordnen. In Italien spitzt sich die Lage dramatisch zu. Ich sorge mich um meine Eltern. Was ist mit meinem Sohn? Wie geht es allen Freunden? Kann es sein, dass wir auf einmal nicht mehr auslaufen dürfen und somit in einem Hafen festsitzen? Reisepläne ändern? Was wird aus Alaska? Ja ja ja jaaaaaaa ich weiss, das ist Gejammer auf hohem Niveau. Exgüsi! Doch wir machen uns auch Sorgen und Gedanken über die Folgen einer Pandemie. 

Momentan ist alles ruhig. Jedenfalls auf Zamami.  Fragen über Fragen. Doch erstmal wird Corona positiv verdrängt. 

Es dauert nicht lange, formiert sich eine lustige Clique. Sergey ist mit seiner Yacht für ein paar Tage von Okinawa nach Zamami gesegelt. Er kennt hier viele Leute. Thomas hat ihm beim Anlegen geholfen. Später klopfte er an die Robusta und brachte Salzgebäck und Bier. Wir verstehen uns auf Anhieb bestens. Er fragt ganz vorsichtig, ob ich gerne koche. Er hasse das, doch er würde gerne ein paar Freunde einladen. Ich könne ihm eine Liste geben, er gehe dann einkaufen. Das ist doch ein Deal. Wir begleiten ihn zum Laden, denn es gibt bestimmt einiges zu Schleppen mit all den Getränken. Ein kräftiger Regenguss unterbricht die Aktion erstmal. Sergey lädt uns in ein Restaurant zum Mittagessen ein. Die Wirtin rüstet uns mit drei Regenschirmen aus. 

Am Abend sitzen acht Personen in Sergeys Yacht am grossen Tisch, der mit allerlei Häppchen übersät ist. Die Gäste haben auch etwas Leckeres mitgebracht.  Ich habe Arabisches Fladenbrot mit  Hummus und Tomatensalat an Balsamico Sauce,  Kartoffelsalat und einen grünen Salat zubereitet. Ich muss schmunzeln. Japanisches Essen ist in kleinen filigranen hübschen Schälchen, in kleinen Portionen angerichtet. Da kommen die Alpenländler nach Japan und stellen drei fette Schüsseln auf den Tisch, die wie die Faust auf’s Auge ins Bild passen. Bis auf den letzten Krümel ist alles radikal aufgefuttert. 

Die Wassertemperatur ist schon fast kalt verglichen mit den Tropen. Statt 29 nur noch 20 Grad. Wir quetschen uns zum Schnorcheln in die enge schwarze Wursthaut. Kristallklares Wasser, mit bunten Korallen und es wimmelt von Fischen. Sogar eine Schlange von beachtlicher Grösse, schlängelt am Grund unter mir durch. Zwei Stunden vor Hochwasser kommen jeweils die Meeresschildkröten um am Grund Grass zu fressen. Zamami ist wahrhaftig ein Tauchparadies. Vom Strand aus sind manchmal sogar die Buckelwale zu beobachten, wenn diese Kolosse ihre Sprünge vollziehen. 

Am nächsten Abend sind wir im Dorf eingeladen. Die Kollegen, die wir gestern kennengelernt haben, wollen für uns Tintenfische zubereiten. Auf so einer Art Racletteofen, mit speziellem Aufsatz mit kleinen Einbuchtungen, werden die Tintenfischstücke gelegt und mit Bierteig übergossen. Geschickt jonglieren alle mit ihren Stäbchen, mit denen ich mich immer noch nicht angefreundet habe, die Masse in den Kulen zu runden Bällchen. War alles sehr lecker und gemütlich. Andre, ein Deutscher der im Gasthaus arbeitet, will morgen für die ganze Bande ein Indisches Curry zubereiten. Doch obwohl das Gasthaus wegen Corona zu ist, motzt der Boss und äussert Unmut über das Vorhaben. So findet die Aktion auf der Robusta statt. Andre bringt die Zutaten und macht sich in der Pantry zu schaffen. Der arme Kerl ist jedoch etwas zu gross für die Robusta und müht sich darum in gebückter Haltung am Herd ab. Draussen stürmt und regnet es in Strömen. Das Curry ist extrem scharf geraten. Alle beginnen zu schwitzen und die Tränen kullern über die Wangen. Autsch, das war wirklich extrem. Um das Feuer zu löschen wurde die entsprechende Menge Alkohol nachgegossen. Wir haben jedenfalls bis in die Morgenstunden hinein ausgelassen gelacht, getanzt und dabei viel Spass gehabt.

KAMPAI  Alles Gute liebe Zamamis!!

INFOS FÜR SEGLER

Hafen: anlegen am im Osten gelegenen Schwimmsteg 

Papiere: Jemand kam von der Gemeinde, doch wegen Verständigungsblockade geschah nichts. Keine Papiere mussten gezeigt werden, keine Kosten


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Posted March 7, 2020 by robusta in category "Japan

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