April 20 2022

Einen Tequilla auf gesunde Zähne

Als ich das Dinghi am Steg fest binde, kommt mir eine Frau entgegen. Sie wirkt benommen. Ich spreche sie an und frage, ob sie Hilfe braucht. Nun erkenne ich die geschwollene Wange. Wer hat das gemacht, will ich wissen. Sie komme vom Zahnarzt. Habe soeben ein Implantat bekommen. Ach so! Da werde ich doch sofort neugierig. Wo? Sie öffnet ihren blutigen Mund. Huch, oh nein. Die Wunde wollte ich eigentlich nicht sehen. Welcher Zahnarzt hat das Werk vollbracht? Es handelt sich um die selbe Klinik in der Thomas und ich angemeldet sind! Sie arbeitet als Dentalassistentin in Miami. Ihr Arbeitgeber hätte die Röntgenbilder begutachtet. Perfekte Arbeit. Mit bestem Material von Straumann aus der Schweiz. Meine Pulsfrequenz sinkt wieder in den Normalbereich. Diese Referenz beruhigt mich sehr und mildert meine Zahnarztphobie.

In La Paz scheint das Geschäft mit den Zähnen zu blühen. Viele Amerikaner lassen sich in Mexiko ihre Mäuler revidieren. Dies zu einem Spottpreis – verglichen mit der Heimat.

Wie rasend schnell doch die Zeit vergeht, mit Ausnahme in der Nacht vor dem Termin. Nach gründlicher Voruntersuchung, inklusive Zahnreinigung und mit verbindlichem Kostenvoranschlag mit Garantie, sitze ich im Vorzimmer und warte auf die sympathischen Zahnärzte. Gegen die Angst bekomme ich von der Assistentin, wie sie es nennt, einen Tequilla. Es handelt sich dabei um ein Benzodiazepine. Das Sägen, Hämmern und Geschraube für den Einbau der Implantate, nehme ich nur aus der Ferne wahr. Vier Stück auf einmal ist nicht üblich. Doch ich wollte es so.

Thomas geht am folgenden Tag für eine ähnliche Prozedur hin. Eine ganze Woche liegen wir nahezu reglos, das Gesicht mit Eisbeuteln dekoriert, ab und zu eine Suppe schlürfend, in den Kojen. Alle paar Stunden ein mexikanisches Schmerzmittel einschmeissen, welches wahrlich nette Träume beschert. Mindestens drei Monate dauert es bis die Schrauben und der Knochenaufbau aus Knochenspenden von Mensch-Hund-Schwein und Pferd, perfekt eingewachsen sind. Ob da wirklich Hund dabei ist, bin ich nicht mehr sicher. Ein Anteil war jedenfalls synthetisch hergestellt. Wie ich verstanden habe, erhöhe eine Kombination der Materialien den Erfolg der Behandlung.

Wir können die Klinik Cosmedent in La Paz mit guten Gebissen weiter empfehlen!

Langfahrtensegeln hat so seine Tücken: Regelmässige präventive Zahnarztbesuche vermeiden viel Leid. Für diejenigen die nicht regelmässig in die Heimat reisen, wird dies schwierig. In den einen Ländern wie Neuseeland, Australien und den USA, sind Behandlungen erschreckend unerschwinglich und werden von vielen Versicherungen nicht gedeckt. Nicht überall ist die Medizin gleich fortgeschritten. Oder noch blöder, der nächste Zahnarzt befindet sich weit hinter dem Horizont. Zahnschmerzen haben dann oft eine Extraktion zur Folge. Da kommt mir gerade der Film Cast Away mit Tom Hanks in den Sinn. Der musste sich auf dieser unbewohnten Insel mitten im Pazifik, mit einer Schlittschuhkufe selber einen Zahn raus hauen. Ahhhhutsch!!!!

Ich muss zugeben, auf langen Überfahrten kam die Zahnpflege manchmal etwas zu kurz. Alles ist so anstrengend bei Seegang. Sich dann noch eine Zahnbürste in den Rachen schieben, ohne dabei Brechreiz auszulösen, oder sich gar umzubringen, setzt beachtliche Körperbeherrschung voraus.

 


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Posted April 20, 2022 by robusta in category "Mexiko - Baja California

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