Überfahrt Saipan – Japan, Okinawa
Wie bereits im letzten Blog erwähnt, drängt die Zeit um weiterzukommen. Die Segelsaison in Japan ist kurz. Im Norden herrscht jetzt noch tiefster Winter mit viel Schnee. Desto südlicher, umso milder ist es im Februar. Taifune treten vor allem mitte Juli bis Oktober auf, können aber in allen vier Jahreszeiten vereinzelt über Japan preschen. Die Wetterprognosen sind sehr präzise und Stürme bereits fünf bis zehn Tage im Voraus sichtbar. Sichere Häfen gibts so viele wie Fliegen in einem Kuhstall.
Das Wetterfenster ist nicht ganz optimal. Doch zumindest die ersten fünf Tage sehen einigermassen locker aus. Über Japan ziehen die Hoch- und Tiefdruckgebiete von Südwest nach Nordost über’s Festland. Wie zur Zeit ersichtlich, im Takt von jeweils einer Woche. Mit dem Team der Ausflugsboote, bespreche ich die lokalen Wind- und Wetterverhältnisse. Die Leute helfen gerne. Wind aus Nord sei immer speziell stark. Um die 25 bis 30 Knoten. Nord, langsam nach Ost drehend, tönt gut. Wir segeln beim Start einer Überfahrt gerne in die Nacht hinein. Vom starken Nordwind ist noch nicht viel zu spüren. Das zweite Reff ist für die Nacht bereits eingebunden. Direkten Kurs nach Nordwest anlegen, geht nicht. Versuchen hart am Wind zu segeln, was mit Zunahme des Windes immer unmöglicher wird. Immerhin West ist nicht schlecht. Nach fünf Tagen herrscht kurz Flaute und dann hämmert der Einfluss vom Tiefdruckgebiet über Japan herein. Die dunkle Wolkenwand nähert sich eindrücklich. In Kürze weht der Wind mit gegen 35 Knoten direkt auf die Nase! So drehen wir bei und die Robusta steht recht ruhig in der wilden See. Doch wir driften schneller als erwartet, mit zwei bis drei Knoten nach Saipan zurück. So segeln wir doch lieber wieder unter Fock und Grosssegel im dritten Reff, mit dem Bug übertrieben spitz zur Welle gestellt. So läuft die Robusta sehr langsam, aber immerhin nicht rückwärts. Angenehm war’s jedenfalls nicht! Rückblickend würde ich diese Strategie nicht mehr so schnell anwenden. Das Kutterstag ist dabei gebrochen. Ist nicht so tragisch, ist kein tragendes Element vom Mast. Das Fock stand dennoch erstaunlich gut nur am Fall baumelnd.
Erst nach dem sich eine Ladung Wasser durch die Dorade-Lüftungen in die Kojen ergoss, kam uns in den Sinn, diese zu verschliessen. Ist doch eh komisch, dass da nicht eine Vorrichtung existiert, mit der die Dinger anständig dicht zu bekommen sind. Immer ist da was zu improvisieren. Beste Lösung war bis anhin, von innen eine bunte Badeschwimmnudel reinzustopfen. Diese passen perfekt in die Löcher. Mir kam es vor, als daure der Sturm eine Woche. Dabei war nach zwei Tagen alles vorbeigezogen.
Die 1300 Seemeilen lange Strecke ist in zwei Wochen geschafft. Hauptsächlich mit Amwind- oder Halbwindkurs, was die härtere Art des Segelns ist und definitiv nicht zu meinen liebsten Varianten gehört. Kochen und essen ist in diesen Bedingungen nur noch für Hartgesottene möglich. Ich war sogar zu faul zum Lesen, was ich sonst auf Überfahrten sehr gerne tue. Eigentlich wollte ich mir schon die ersten Brocken Japanisch aneignen. Doch die Sprachlern-App funktionierte offline nicht. Habe ich bei der Auswahl nicht geschnallt. Finde es peinlich, wenn es bei der Ankunft nicht möglich ist, die Menschen anständig zu begrüssen und ein klein wenig zu plaudern.
Jetzt muss erstmal der richtige Ort zum einklarieren gefunden werden. Der Hafen von Naha auf Okinawa ist gross. Per email haben wir vor dem Ablegen das Pre Arrival Formular mit unserer Ankunftszeit an die Japan Coastguard losgeschickt und dabei angefragt, wie und wo die Einklarierungs-Zeremonie stattfinden soll. Das müssten wir selber organisieren – so die Antwort der Coastguard. Eine Telefonnummer gaben sie immerhin durch. Doch wir haben kein Telefon, kein Japanisches Geld und an Land dürfen wir ja auch nicht um eine Telefonzelle zu benutzen. Gibt es denn überhaupt noch Telefonzellen?
Kurz vor der Ankunft meldet sich die Coastguard per Funk. Ich verstehe ihr Englisch nicht! Wahrscheinlich versuchen sie eine Position durchzugeben… Zufällig erblickt Thomas im Fernglas sechs wild gestikulierende Uniformierte Figuren mit weissen Masken. Irgendwie ist die Ankunft doch noch an die Behörden druchgedrungen.
Im nächsten Blog beschreibe ich das Einklarieren etwas ausführlicher. Denn das ist in Japan alles etwas speziell und die neuen vereinfachten Regeln scheinen noch nicht überall bekannt zu sein.