March 1 2023

Gegen Wind und Wetter in die Werft

Gegen Wind und Wellen in die Werf

Unsere Pläne betreffend die Robusta in einer Werft in Mazatlan zu warten, gehen nicht auf. Schade. Nur zu gerne wären wir noch in den grünen Süden Mexikos gereist. Wie unsere Bekannten uns bereits empfohlen haben, liegen die einzigen noch bezahlbaren Werften im Norden. Puerto Peñasco, San Carlos oder in Guaymas. Dort wird auch toleriert an der eigenen Yacht zu arbeiten. 

Der Wetterbericht bestätigt eindeutig, dies ist die falsche Jahreszeit für unser Vorhaben. Der Wind pustet konstant aus Nord. Doch wir haben grosses Glück: Die nächsten Tage besteht die Möglichkeit, dass sich am Festland Gewitterfronten bilden könnten welche Wind aus der optimalen Richtung bringen. Nicht ganz ungefährlich, denn solche Fronten bringen Wind mit unberechenbaren Böen mit sich. Die komplexen Strömungsverhältnisse die einerseits von Gezeiten, Wind und saisonalen Unterschieden beeinflusst sind, können die See innert Kürze in eine brodelnde Suppe verwandeln. Doch die Robusta ist für solche Bedingungen nahezu perfekt gebaut. Ihr Gewicht, ihr fetter Bauch, ein Langkieler mit angehängtem Ruder, beeinflussen ihr Seeverhalten absolut positiv. Egal wie strub die Bedingungen sind, wir beide sind noch nie seekrank geworden.

Während ich das Schiff aufklariere, hastet Thomas auf den Markt, um frisches Gemüse für die Reise einzukaufen. Wenige Stunden später sind wir mit der auslaufenden Strömung unterwegs. Bei Sonnenuntergang türmen sich bereits Wolken bedrohlich am Horizont auf. Weisse Schaumkronen schmücken die See. Aus dem Wetterbericht geht hervor, dass die Front am Festland entlang ziehen wird. Zeit zum Reffen und Luken schliessen. Blitze zucken immer nervöser am Himmel und erhellen dabei die Wolken. In der Dunkelheit sieht alles sehr unheimlich aus. Ganz wohl ist mir nicht dabei. Eine Stahlyacht mit Edelstahlwanten bietet einen relativ guten Blitzschutz. Das Steuerrad und die Innenauskleidung sind aus Holz gefertigt, was den Kontakt mit Metallteilen verhindert. Nur die Elektronik bleibt ein Schwachpunkt. Solange die Front am Festland entlang zieht, treffen wir keine weiteren Massnahmen wie die Batterie und die Funkantenne vom Netz zu trennen. Die Front schiebt die Robusta flott voran.

Doch für die nächsten Tage ist absolute Flaute angesagt. Die Bucht Agua Verde ist ein guter Ort, um eine Pause einzulegen und uns vom wilden Trip zu erholen. Doch aus der erhofften Erholung wird Aufregung, denn der SSB Funk spuckt eine Email mit folgendem Inhalt aus:

Hallo Anja und Thomas,

… Guaymas ist eine krasse Stadt. Die Werft liegt in direkter Nachbarschaft zu einem Gebiet, in das nicht mal die Polizei rein will. Kartelle kämpfen um Macht und Kontrolle. Die attackierten diese Zone letzten Monat mehrmals. Dabei wurde ein Mann direkt vor der Werft vor unseren Augen erschossen! Ansonsten ist Guaymas ein guter Ort um eine Yacht zu warten…..

Nun machen wir uns ernsthafte Sorgen zur Sicherheitslage.  in der Wüste ist wiet und breit kein Internet. Um an weitere Infos zu kommen, fragen wir unsere Nachbarn, das obwohl wir Elon Musk nicht mögen, ob wir uns in ihr StarLink- einloggen dürfen. Nach und nach bröselt sich zusammengefasst folgendes heraus: 

Das EDA hat eine Reisewarnung für Sinaloa herausgegeben. Anhaltende Bemühungen  der Mexikanischen Strafverfolgungsbehörden haben im Januar zur Festnahme von El Chapito Guzman geführt. einem von neun Söhnen des in den USA inhaftierten Bosses des des Sinaloa Kartelles, führte zu erheblichen Spannungen und Gewalt in der Region. Beim Versuch ihn vor zwei Jahren einzubuchten, genügte ein Telefonanruf, um eine schwer bewaffnete Truppe in Aktion zu setzen. Nach heftigen Schiessereinen beschloss die Regierung, ihn des Friedens willen wieder laufen zu lassen. Auch diesmal kam es zum Schusswechsel mit Todesopfern. Darunter befanden sich auch Zivilisten. Wer als Unbeteiligter zur falschen Zeit zwischen die Fronten gerät, hat echt Pech gehabt. Auf solch ein Pech haben wir echt keine Lust!

Und jetzt? Was sollen wir tun? Zeit bringt Rat. In den nächsten Tagen entscheiden wir uns für eine andere Werft in Guaymas, eine die möglichst weit von der Kampfzone entfernt liegt.

February 26 2023

Panik bis Mitternacht

Wer unter Schweizer Flagge auf den Weltmeeren umherschippert, ist verpflichtet alle drei Jahre den sogenannten Flaggenschein zu erneuern (Vergleichbar mit der regelmässig anfallenden Prüfung für Motorfahrzeuge in der Schweiz). In erster Linie geht es um den Nachweis der Seetauglichkeit der Yacht. Dieser erfolgt anhand einer Checkliste, die in Eigenverantwortung ausgefüllt wird. Ich korrigiere – so war es jedenfalls die letzten Jahre.

Das Mail vom schweizerischen Seeschifffahrtsamt wird gerade von Kapitän Thomas in aller Ruhe bearbeitet, bis er entdeckt, dass sich etwas geändert hat. Wir brauchen einen Experten, der die Yacht prüft! Gibt es sowas in Mexiko? Ich rufe den einzigen Experten den ich im Golf von Kalifornien finden konnte an.  Er will für die Prüfung je nach Aufwand zwischen 600 und 1000 US-Dollar plus die Spesen für den Flug von San Carlos nach La Paz! Jetzt liegt aber Panik in der Luft! Wegen der Zeitverschiebung können wir erst ab Mitternacht in der Schweiz anrufen, um die Sachlage zu klären. Nervös vertreiben wir die Zeit, indem wir mit den pyrotechnischen Notsignalen herumhantieren. Checken sie erneut nach dem Ablaufdatum durch. Nach drei Jahren sind diese zu ersetzen. In Chile haben wir spaßeshalber eine 18 Jahre alte Seenotrakete für die 1. Augustfeier gezündet. Zu unserem Erstaunen ist dieses tatsächlich tadellos in Richtung Mond gesaust! Thomas verschwindet im Motorraum und ich klettere auf den Mast, checke dabei die Wanten und Fallen auf Abnutzungserscheinungen. Alles scheint in Ordnung zu sein. Dennoch sind wir besorgt, was so ein wachsames Expertenauge alles entdecken könnte. Uns wäre lieber, der Experte kommt, nachdem wir auf der Werft waren und die Robusta frisch gewartet ist.

Vom Kriegsschiff, welches in unserer Nähe liegt, ist ganz schwach acht Mal ein Doppelschlag der Schiffsglocke vernehmbar welche Mitternacht ankündigt. Wer ruft an? Du – nein – ich oder doch lieber du?? Nach wenigen Minuten am Telefon ist alles geklärt. Es handle sich um einen Übersetzungsfehler im Formular! Wir brauchen keinen Experten. Alles bleibt, wie es war. In einem Land in welchem vier Amtssprachen existieren, kann sowas schon mal vorkommen.

Gute Nacht! Erleichtert fallen wir nun in die Kojen

 

 

 

January 23 2023

Gammelschiff

Um Robusta vor solch einem Zustand zu bewahren, braucht sie regelmässig Pflege. Der letzte Unterwasseranstrich ist nun schon zwei Jahre alt. In Alaska hat der Ökoanstrich gegen das Wachstum von Algen, Muscheln und anderen Organismen gut gewirkt. Doch bei dreissig Grad warmem Wasser und all der Scheisse, die in La Paz nahezu ungeklärt in die Lagune fliesst, wirkt dieses Zeug eher wie Dünger! Für den grossen Sprung nach Kanada, muss Robusta im perfekten Zustand sein. Um eine gründliche Wartung vorzunehmen, soll sie in einer Werft aus dem Wasser gehoben werden. 

Nun tauchen unerwartete Probleme auf. Es scheint keine Werft zu geben welche die Besitzer an ihren eigenen Yachten arbeiten lässt. Sie beschäftigen ihre Arbeiter zu absolut miesen Löhnen, kassieren jedoch von den Yachties Preise wie in den USA. In der Werft auf dem Boot wohnen ist ebenfalls nicht erwünscht. Die Preise überraschen für ein Billigland wie Mexiko ebenfalls. Je südlicher, umso teurer wird alles. Letztes Jahr war das noch anders. Damit haben wir nun nicht gerechnet. Erst erkunden wir die Werften in La Paz. Auf den ersten Blick sieht alles toll aus. Doch bei genauerem Nachfragen tauchen immer mehr zusätzliche Kosten auf. Die alteingesessenen Segler empfehlen Guaymas, San Carlos oder Puerto Peñasco für Wartungsarbeiten. Diese Orte liegen  dort, wo wir gerade hergekommen sind! Angedacht war, im neuen Jahr mit Freunden in den Süden nach Mazatlán zu segeln. Die Wintermonate eignen sich dort perfekt, um am Schiff zu arbeiten. Angenehme 25 Grad Tagsüber, und vor allem fällt zu dieser Jahreszeit kein Regen. Ideale Bedingungen um an einem Stahlschiff zu arbeiten.

Im Frühjahr soll es losgehen. Laurie und Marvin planen ebenfalls mit ihren drei Kindern nach Hause in den Norden zu segeln. So sitzen wir oft zusammen und brüten über Seekarten, Nautischer Lektüre, lesen Reiseberichte von Seglern und tauschen uns über die gesammelten Erfahrungen aus. Unsere zwei Yachten könnten nicht unterschiedlicher sein. Katamaran und Stahlkutter. Beide mit total unterschiedlichen Segeleigenschaften. Trotzdem macht es Spass gemeinsam zu planen und wir nehmen das Rennen gegen den Kat gerne auf, obwohl schon im vornerein klar ist wer gewinnen wird.

Doch erst geht es noch immer darum, die optimale Werft zu finden. Ich denke da müssen wir nochmals intensiver nachforschen.

 

December 28 2022

Isla Partida

Für Weihnachten segeln wir zur 25 Seemeilen entfernten Isla Partida. In der Bucht liegen fünf weitere Yachten vor Anker. Dort verbringen wir gemeinsam mit Kathi und Alex und deren Eltern, die von Deutschland zu Besuch sind, ein paar nette Tage. Ihre Yacht haben sie diesen Herbst in Mexiko gekauft. Ich muss sagen, die haben ein echtes Schnäppchen erwischt. Eine tolle alte stabile und liebevoll gewartete Ketch! Innen wunderschöner Holzausbau, sehr viel Stauraum und von den alten Besitzern noch so mancherlei großartige Dinge die sie ihnen überliessen. Die Preise für Yachten sind in Mexiko derzeit nach der Pandemie am Boden. Die Werften sind voll davon. Viele Amis segeln nach Mexiko und verkaufen bald darauf ihre Yacht, weil es zu mühsam ist sie wieder in den Norden zu segeln. Somit ist der Markt richtiggehend überschwemmt. Doch aufgepasst: Steht eine Yacht zu lange in extremer Hitze an Land, geht vieles kaputt. Fensterdichtungen trocknen aus, Seeventile werden undicht, Teakdecks trocknen aus, Lacke lösen sich vom Holz und so weiter.

Für Weihnachten ist vereinbart, alle bereiten etwas Leckeres zum Essen zu. Da von Dezember bis März die Temperaturen unter die Gürtellinie fallen, ich rede von tagsüber angenehmen 25 Grad und nachts im Schnitt 15 Grad, findet die die Feier im geschützten Cockpit der Robusta statt. Wahrscheinlich lachst du jetzt. Doch nach so einem heissen Sommer kommt uns das kalt vor.

Ein lustiger ausgelassener Abend mit viel feinem Essen und etwas zu viel Alkohol wird in Erinnerung bleiben. Speziell der Fisch, auf den wir uns besonders gefreut haben, vergesse ich nicht so schnell wieder. Nach den ersten Bissen schauen wir uns verstört an. Niemand will diese zähen Monster mit der hässlich braunen Haut essen. Nun berichtet Alex, was ihm beim Braten schon komisch vorkam. Die Haut hätte sich gekringelt und dabei eine klebrige Flüssigkeit erzeugt. Die Fische wollten einfach nicht flach in der Bratpfanne liegen bleiben. Von denen hatte es am Riff die meisten meinte Kati. Im Nachhinein wird auch klar warum.

Isla Partida ist genial zum Wandern. Vor allem das Flussbett hochklettern ist eine spannende Herausforderung. Denk dabei bloss nicht an Wasser! Ausser Felsen, Stachelgestrüpp Kakteen Spinnen und Schlangen ist da nix. Oben angekommen, wirst du mit einer fantastischen Aussicht in alle Himmelsrichtungen belohnt!

Das Wasser ist wie in der Karibik türkisblau und immer noch angenehm warm. Schildkröten, Schwärme von kleinen Fischen und Rochen, auf die du auf keinen Fall treten darfst, beobachten wir mit Schnorchel und Taucherbrille. An den Riffen tummeln sich auch grössere Fische und Seehunde. Doch nichts ist vergleichbar mit den bunten Korallen der Südsee. Taucher berichten jedoch, das spezielle an der Sea of Cortez ist, die Im untiefen Wasser sammeln wir Muscheln und bereiten damit leckere Speisen zu oder essen sie roh mit Limettensaft.

Das Wetter schlägt um. Eine Front bringt westliche Winde was bedeutet, dass der Schwell direkt in die Bucht reinlaufen wird. So hauen alle Yachten ab, um in einer andern Bucht Schutz zu finden. Silvester wollen wir eh in La Paz mit Freunden in der Tequillas Bar feiern. So nutzen wir die Front um zügig nach La Paz zurück zu segeln.

December 4 2022

La Paz zum Zweiten


Die Anfahrt in die Lagune ist wegen starken Strömungen und Untiefen nicht ganz Ohne. Zudem herrscht oft viel Verkehr, verursacht durch Hochseeyachten, Cargo Schiffe und die rasenden Pangas, die Touristen für allerlei Abenteuer zu den schönen Stränden mit türkisfarbenem Wasser bringen. Ein Beispiel, das Seezeichen, welches letztes Jahr fehlte – fehlt immer noch. Also aufgepasst!

und was ist hier los????

In der Lagune von La Paz liegen an die hundert Yachten vor Anker. Die Marinas sind prall voll. Da Mexiko während der Pandemie immer offen war, hat sich ein Stau gebildet. Für uns ist klar, wir werden ebenfalls ankern. Diesmal wählen wir einen Platz im Norden der Lagune. Bei den Mangroven gibt es allerlei Vögel und Delfine zu beobachten. Dort bläst der Wind meist ablandig und erzeugt deshalb keine Wellen. Der Nachteil liegt bei der Distanz zur im Zentrum gelegenen Marina La Paz. Dazwischen liegt eine lange Sandbank die während Ebbe für eins bis zwei Stunden knapp bis nicht passierbar ist. In der Marina kannst du das Dinghi gegen Bezahlung sicher parken. Das ganze Gelände ist eingezäunt und mit Kameras überwacht. Zudem sorgen Nachtwächter für Sicherheit. Mit unserem PortaBote Dinghi, mit dem zwei Pferde Motor bestückt, dauert die Überfahrt je nach Strömung etwa zehn Minuten (1.2km). Wir sind nach wie vor glücklich dieses kleine, leichte Faltboot angeschafft zu haben. Es prescht genauso sicher, nur etwas langsamer als andere Dinghies durch die raue See – jedenfalls bis auf den Vorfall als Thomas allein vom Ausgang kam…. (ich darf keine Details dazu erwähnen. Das musste ich versprechen). Lustig ist jedoch, wie die Story noch immer die die Runde macht. Immer wieder kommt uns diese Anekdote in den buntesten Versionen zu Ohren und entfacht angeregte Diskussionen zum Thema Sicherheit. Wenn sich Thomas dann zu erkennen gibt, hat schon so mancher einen Lachanfall gekriegt. Aber stimmt schon, denn die Lagune von La Paz hat’s echt in sich. Starke Gezeitenströmungen bis zu vier Knoten, können die See speziell bei Wind gegen Strom, kräftig aufwühlen. Nicht auszudenken, was da alles geschehen hätte können.

So nun freuen wir uns auf die Stadt. Doch erst statten wir den umliegenden Nachbarn einen Besuch ab, um uns bekannt zu machen. Tauschen Telefonnummern aus, die einen quatschen mit uns über die Reeling gelehnt, während wir uns wegen der Strömung angestrengt an deren Yacht festklammern und dabei nass werden. Andere sind freundlicher. Sie laden uns gleich spontan ein in ihr Cockpit zu klettern. Diesbezüglich gehören wir eher zu den freundlichen Seglern. Besuch erfreut uns immer. Einfach nicht vor 10 Uhr morgens. 

Für den Sonnenuntergang knattern wir in die Stadt und mischen uns nach zwei Monaten in völliger Abgeschiedenheit der Baja California, voll in den Kontrast. Schlendern dem wunderschön gestalteten Malecon (Strandpromenade) entlang und saugen all die Eindrücke ein. Kunstwerke, Spielplätze, Fressbuden auf Rädern und all die Restaurants und Bars aus denen laute Beatz sich mit den wummernden Bässen der vorbeifahrenden Autos vermischen. Kinder vergnügen sich auf Skateboards und mit allerlei kuriosen Gefährten zum Mieten. Inmitten so vieler vergnügter Menschen den Sonnenuntergang zu bestaunen, fühlt sich toll an.

Es ist noch früh. So laufen wir zu Toms Haus um ihn spontan zu besuchen. Zu unserer Überraschung ist dort die ganze Bande zum American Football schauen versammelt! Wie cool, alle sind da! Toms Hütte und Garten sind brechen voll. Es gibt viel zu erzählen und wir fühlen uns, als wären wir zuhause angekommen.

November 30 2022

Tingeln zurück nach La Paz

Während den nächsten zwei Monaten ankern wir in vielen Buchten entlang der Ostküste der Baja California. Faszinieren tun uns vor allem die Wälder aus riesigen Cardon Kakteen mit ihren charakteristisch emporragenden Armen. Die kennst du bestimmt aus den Lucky Luke Comics. Die bis über zwei tausend Meter in den Himmel ragenden Berge, glühen in der Abendsonne in Rot- und Goldtönen. Nachts durchbricht das Heulen der Kojoten die Stille. Wahnsinn wie viel Leben in solch einer kargen Umgebung vernehmbar ist. Tagsüber streifen wir oft stundenlang mit Freunden der Seglerkarawane durch die Pampas. Eine fast homogene Gruppe aus Nordamerika. Gute Lederschuhe mit fetten Sohlen, die vor Stacheln schützen, müssen wir erst wieder ganz tief aus dem Bauch der Robusta graben. Lange Hosen und Hemd schützen vor allerlei Insekten wie Sandflöhe, Feuerameisen, Spinnen, Skorpione und die nervigen Moskitos, die hier nach der Hurrikan Saison das Dengue Fieber übertragen. Obwohl allerlei Stachelgestrüpp die zerklüfteten Felsformationen überwuchern, geht es einigermassen gut zum Wandern. Das “einigermassen” bezieht sich auf die teilweise sehr lockeren Steine in den Felsen.

Die Pandemie scheint nun vorbei zu sein. Nach und nach öffnen Länder ihre Grenzen. Für einige Staaten gelten jedoch strengere Einreisebestimmungen als vor dem Lockdown. Sieht so aus als kommt wieder Bewegung auf. Uns Segelnden Wesen wachsen akut die Seebeine nach. Träume über den Horizont zu segeln, werden bald Realität. Doch nicht alle trauen der Lage. Es wird rege diskutiert und freudig Pläne geschmiedet. 

Um von Mexiko nach Europa zu gelangen, wäre eine Möglichkeit via Panama Kanal in die Karibik und weiter nach Europa. Bis Panama sind die Windverhältnisse wechselhaft und schwach. Sowas bedeutet viel Strecke unter Motor zurücklegen. Der Panamakanal wäre super spannend. Wenn ich mir vorstelle, mit der kleinen Robusta zwischen riesigen Frachtpötten durch die sechs Schleusen zu schippern, kräuseln sich die Haare an meinen Beinen. Diese Idee verwerfen wir jedoch schnell. Einerseits schrecken die hohen Kosten für den Kanal ab, und wegen der Hurrikan Saison ist die Zeit von sechs Monaten sehr knapp, um von Mexiko bis durch die ganze Karibik erneut in die Hurrikan freie Zone zu gelangen. Oder über Polynesien – Asien – Somalia – Suezkanal um nach Europa zu gelangen. Doch da sind die Piraten und im Nahen Osten ist die Lage immer angespannter. Alles andere wäre noch viel weiter. Was wird aus der Robusta wenn wir endlich in Europa angekommen sind? Wir Schweizer wohnen zu weit vom Meer entfernt. Traurig, aber eine Tatsache mit der wir leben müssen. Immer mehr entwickelt sich der Plan, zum Abschluss unseres Abenteuers, nochmals nach Kanada zu segeln und das Schiff dort verkaufen. Unser Stahlkutter passt perfekt in die hohen Breiten. Von Mexiko nach Kanada zu Segeln ist jedoch eines der schwierigsten Unterfangen. Zu den Herausforderungen zählen Starke Strömungen, Gegenwind und unbeständiges Wetter. 

Doch erst müssen wir beide nochmals nach La Paz zum Zahnarzt. Die Implantate sollten jetzt eingeheilt sein, um die Kronen zu setzen.

 

November 1 2022

138 Jahre Santa Rosalia

“Das Dorf das nicht sterben wollte”

Mir gefällt das kleine Kaff ausserordentlich! Thomas hat nicht zu viel versprochen. Komme mir vor wie in einer Filmkulisse aus einem Wild-West-Film. Eigentlich komisch, denn die Stadt wurde von Franzosen gebaut. 

Mittlerweile ist die Marina voll. Thomas hat mit den meisten von ihnen den Sommer im Norden verbracht. Tagsüber herrscht emsiges Treiben. Ersatzteile werden angeschafft, Segel repariert, Sägen kreischen, Staubsauger, Bohrer und Kärcher dröhnen zwischen den Yachten. Wäsche waschen und sogar ganze Motoren werden zerlegt. Alle sind mit mehr oder weniger grossen Problemen beschäftigt. Thomas hängt ganz oben im Mast, um die Funkantenne zu reparieren und kontrolliert gleichzeitig die Wanten und Fallen. Ich habe mich mit der Nähmaschine auf dem Steg ausgebreitet. Die Reisverschlüsse am Deckshaus müssen ersetzt werden. Der Aussenborder vom Dinghi bekommt ebenfalls Pflege. Die Wartung vom Scheisshaus haben wir uns aufgeteilt. Entschuldige die Ausdrucksweise. Doch es ist eine grässlich stinkige Arbeit. Das Gemisch von Salzwasser – Pisse – und Kacke erzeugen hartnäckige Ablagerungen in den Leitungen.  Und leider verirren sich manchmal kleine Fische durch den Ansaugschlauch der Spülung im System und beginnen fürchterlich zu stinken. Der Natur zuliebe bitte nur mechanisch reinigen. Um Robustas Bauch vom Bewuchs zu säubern, haben wir einen Taucher engagiert.

Während der nächsten Woche findet allerlei statt. Amerikaner planen in der Marina eine Halloween Party, Santa Rosalia feiert Geburtstag und am folgenden Wochenende ist der Dia de Muertos (Tag der Toten). In der kleinen schmucken Stadt herrscht Hochbetrieb. Bühnen, Marktstände und mehrere antike Kirmesbahnen werden aufgebaut. Ich schwöre, die wären in keinem anderen Land mehr funktionstüchtig. Doch der Mexikaner repariert alles, was noch so hoffnungslos erscheint! Bevor die Menschenmassen für das Fest in die kleine Stadt strömen, fährt ein Lastwagen jede Strasse ab. Beladen mit einem laut knatternden Generator und einem Fass gefüllt mit Chemikalien, aus dem ein Arbeiter per Kompressor dichten Nebel in jeden Winkel versprüht. Gleichzeitig  weist er per Megafon die Bevölkerung an, alle Fenster zu öffnen. Und schon legt sich ein übel stinkender Schleier über die Pizzas und unsere Körper. Die Aktion dient als Prävention zur Ausbreitung von Denguefieber, welches durch Mücken übertragen wird.

Die Festivität beginnt mit der MissSantaRosalia Wahl. Cool finden wir, dass nebst Schönheit viel Wert auf Sympathie und Auftreten gelegt wird. Zum krönenden Abschluss spielt die Big Band «Banda Limon». Das Publikum tanzt und tobt vor Begeisterung ausgelassen. Dezibel Begrenzung kennt hier keiner. Unsere Ohren bimmelten danach noch tagelang.

Am Tag der Toten «Dia de los Muertos» wird es wieder ruhiger. Kinder präsentieren ihre kunstvoll gestalteten Kostüme. Danach, in der Nacht vom 1. November gehen Familien auf den Friedhof. Die Gräber werden mit Kerzen und Plastikblumen dekoriert, Angehörige bringen die Lieblingsspeisen für die Verstorbenen mit, um ihre Seelen anzulocken. «Cempasuchil», der Duft der Ringelblume wird ihnen den Weg in die Welt der Lebenden weisen. Anders als auf den Gräbern handelt es sich hier um echte Ringelblumen, sonst würde das mit dem Lockduft ja nicht funktionieren.

Zwei Wochen später ziehen die meisten von uns weiter in Richtung Süden, um auf dem Weg nach La Paz in den vielen geschützten Buchten der Baja California zu ankern. Santa Rosalia hat uns sehr gut gefallen.

 

 

October 25 2022

Morgen beginnt heute

Die Hurrikan Saison nähert sich dem Ende. Der Wind weht von nun an bis im Frühjahr hauptsächlich aus Nord, was die ätzende Hitze endlich weichen lässt. Im Norden vom Golf von Kalifornien (Mar de Cortez), kann es im Winter sogar empfindlich kühl werden. So wälzt sich die Segler-Karawane mit dem Rhythmus der Natur gegen Süden. Die Festtage planen einige in La Paz oder noch weiter südlich wie Mazatlán oder Puerto Vallarta zu verbringen. Dort ist es selbst im Winter angenehm warm. Ab Mai, wenn der Wind wieder dreht, fliehen die Segler in den Norden, raus aus der gefährlichen Hurrikan Zone.  Aus Sicht der Versicherungen dauert diese vom Juni bis November. Nördlich von Santa Rosalia treten Hurricane selten auf. Einige deponieren für diese Zeit ihre Yacht in einer Werft und reisen für diese Jahreszeit nach Hause. Somit schliesst sich der Kreislauf der Mar de Cortez Runde. Wir lernen Leute kennen, denen gefällt Mexiko so gut, dass sie bereits mehrere Jahre diese besagte Runde – von der Wüste zum tropischen Regenwald und zurück, gedreht haben.

Mexiko ist ansonsten der Absprungort für grössere Reisen. Entweder via Panamakanal in die Karibik oder wer sich auf eine Weltumsegelung einlässt, zieht von hier über den Äquator westwärts. Zum Beispiel nach Polynesien, was während den letzten zwei Jahren wegen Covid19 nicht mehr möglich war. Auch wir machen uns Gedanken über die Zukunft. Dabei ist die Westküste von Kanada  immer wieder in Erwägung geraten. Doch ist es eines der schwierigsten Routen von Mexiko in den Norden zu gelangen. Nicht jede Crew oder Yacht ist fähig, diese lange Etappe gegen Wind und starke Strömungen zu meistern. Wir waren bereits dort, doch während das Covid19 Virus grassierte. Damals durften wir nur durchreisen. Ohne einen Fuss an diese bezaubernde wilde Insellandschaft zu setzten. 

Doch erstmal geniessen wir das seltene Ereignis, sicher im Hafen von Santa Rosalia zu liegen. Es handelt sich um eine kleine staatliche Marina mit 20 Liegeplätzen. Einen Monat hier zu liegen, kostet gleich viel wie eine Woche sonst wo in Mexiko. Eine schöne grosse Dusche, obwohl Wasser in der Baja California Gold wert ist, und zu unserem Erstaunen befindet sich sogar ein kleines Schwimmbad auf dem Dach! Mit der Waschmaschine hatte ich jedoch Pech. Jemand vor mir hat offensichtlich seinen Hund darin gewaschen. Weisse lange Haare haften nun an der ganzen Wäsche. An der Menge nach zu beurteilen, handelt es sich um einen sehr grossen Hund. Ich weiss wem der gehört….. wer mich kennt, weiss, dass ich Hunde liebe.

September 7 2022

Hurrikan Kay macht Landfall in der Baja California

Hurrikan Tracks 1949 – 2020

Ende August war ich zurück in Santa Rosalia. Sollte bald nach La Paz zum Zahnarzt. Weitere Arbeiten standen an. Die Robusta werde ich im Hafen zurücklassen, um mit dem Bus zu reisen. Doch da taucht Hurrikan Kay in den Wetterkarten auf. Mir ist sofort klar, der Zahnarzttermin muss verschoben werden. 

Im Hafen liegen zehn Yachten.  Die Behörden warnen im lokalen Radio und mit durch die Stadt fahrenden, mit Lautsprechern bestückten Autos die Bevölkerung . Vorräte aufstocken und vor allem Wasser einkaufen und dann zu Hause bleiben. Laut Prognosen wird Hurrikan Kai an der Pazifikseite von Zentral Baja California auf Land treffen. Was gar nicht weit von Santa Rosalia weg ist.

Nervosität kommt auf. Es wird viel diskutiert ob man hier im Hafen bleiben sollte, oder 120 Seemeilen in den Norden zum nächsten Hurricane Hole, Puerto San Juan segeln soll. Eine andere Option wäre, in die 30 Seemeilen südlich gelegene Baja Conception zu flüchten.  Die Hälfte der Segler bricht an die erwähnten Orte auf. Ich und  fünf andere entschliessen zu bleiben. Den Marinero bitte ich um einen anderen Hafenplatz. Wollte nicht am Steg zwischen den anderen Yachten liegen. Wichtig schien mir, dass ich auf der Lee Seite des Steges liege. So, dass das Boot vom Steg weggedrückt wird. Spanne eine dicke lange Leine an die Hafenmauer. Statt nur an den mickrigen Klampen vom Steg, binde ich weitere Leinen direkt an den Pollern fest. Alte Motorradreifen sollen das in die Leinen Rucken abfedern. So wird die Robusta vom Steg und den Pollern fern gehalten und kann so hoffentlich sicher frei schaukeln. Jetzt noch die Segel abschlagen und das Sonnenverdeck abbauen. Fahne der Windsteueranlage entferne ich sicherheitshalber auch noch.

Am Abend wars noch ruhig. Kay traf als Kategorie 1 Hurrikan mit 75 Knoten an der prognostizierten Stelle der Baja California auf Land. Am Morgen heulte der Wind kräftig im Rigg. Mit Hurrikan kam auch der starke Regen. Der Schwell im Hafen war enorm. Das Ende des Schwimmsteges drohte bei Hochwasser zeitweise höher als die Poller es erlauben zu schwappen. Sowas hätte das Ende aller Yachten bedeutet. Echt brenzlig wurde es, als die Leinen einer unbemannten Yacht rissen, und diese auf eine andere zu driftete! Die Marineros eilten herbei und sicherten die Yacht mit allen Kräften und weiteren helfenden Händen. 

Kai pustete im Hafen mit maximal 55 Knoten. Gewaltig viel Regen ging nieder und eine unheimlich wilde See, braun gefärbt, schwappte über die riesige Hafenmauer. Das Dorf wurde während Stunden überflutet und einige Autos mit den Wassermassen in den Hafen gespült. 

Der Spuk war am Abend bereits wieder vorbei, die Stimmung unter den Seglern war fast euphorisch. Wir haben es überstanden! Doch der Strand, den wir Segler erst gerade vom ganzen Müll befreit hatten, sieht zum heulen aus. Im Nachhinein war es jedoch keineswegs so schlimm wie die Bilder die ich ein paar Wochen später vom Hurrikan Ian in Florida zu sehen bekam.

Schäden hat die Robusta und auch die anderen Yachten, keine erlitten. Nur den Windex hat Kay in sich aufgesogen. (Windanzeiger auf dem Mast)

July 8 2022

Gigantische Hitze und Fische

Ende Juni segelte ich alleine weiter in den Norden vom Golf von Californien, in die Bahia de Los Angeles. Hier soll es sehr selten Hurrikane geben. Will dort zwei Monate verbringen. Es wird immer heisser. Tags bis zu 40 Grad. Auch in der Nacht kühlt es kaum mehr ab.  Am Abend bläst ein Westwind vom Land. Die heisse Luft der Wüste fühlt sich an, als richtet dir jemand einen heissen Föhn mitten ins Gesicht. Es liegen an die 30 Segelyachten in der Bucht.  Wir sind eine lustige Truppe. Verbringen vor allem die Abende gemeinsam am Strand, kochen oder besuchen die einfachen Restaurants im Dorf. Denn niemand hat wirklich Lust das Boot unnötig zusätzlich aufzuheizen. Doch tagsüber bleiben die meisten im Boot. Es ist einfach zu heiß draussen. Auch ich bin im kühleren Schiffsrumpf vergraben und lese viel über Elektronik, Technik und Wirtschaft und was mich sonst noch interessiert im Internet. Dies ist hier dieses Jahr erstmals möglich, denn viele Boote sind mit Starlink ausgerüstet. Das ist eine ganz neue Technik, Internet über Satellit, sehr schnell und unlimitiert. Elon Musk hat 5000 Satelliten ins All geschossen. Ich habe eine gute WLAN Antenne, mit der ich jedes Boot mit  Starlink empfangen kann. Zum Dank gibt’s Bier gegen das Passwort.

Schnorchelnd die Unterwasserwelt anschauen war auch cool. Wirklich cool bei dieser Hitze. Zweimal bot sich mir die Gelegenheit mit Walhaien zu schwimmen, die friedlich durch die nährstoffreiche Sea of Cortez (Golf von Kalifornien) Plankton aus dem Wasser filtern. Das ist für mich ein ewig bleibendes Ereignis! Diese bis zu 12 Meter grossen Giganten sind die grössten Fische aller Weltmeere. Das hätte Anja, die noch bis anfangs Oktober in der Schweiz ist, bestimmt auch gefallen!