weibliche Version
So nun noch die weibliche Version der Reise von Laxe nach Madeira:
Der Stress begann ja schon wieder recht früh. Sieben Uhr Tagwache, was ja bekanntlich für mich eine obsolut unchrichstliche Zeit ist(!): Erst musste Robusta von der Ankerbucht an den Fischereihafen verholt werden um die Wassertanks zu füllen, Chaos aufräumen, Proviant für 10 Tage für drei Personen einkaufen etc. Die enorme Ladung, die wir logischerweise niemals mit dem Anhänger vom Laden zum Hafen transportieren konnten und dazu ein Taxi anfordern mussten, soll nun irgendwie im Schiff verstaut werden. Dies auch noch unter erschwerten Bedingungen – bei Ebbe. Die ganze Ladung musste über einen Fischkutter auf unsere Yacht bugsiert werden. Erstaunlicherweise hat der Kutter überhaubt nicht nach Fisch gemottet. Ich hatte wohl ein verstauchtes Riechorgan?!
Der Nordwind fegte schon recht heftig um die Hafenmole. Bis wir endlich ablegen konnten, war es bereits zwei Uhr nachmittags. Na ja, alles dauert irgendwie immer vier mal länger. Sollten wir ja langsam kennen.
Segel setzen, mit dem zweiten Reff bei angesagten 25 Knoten Nordwind und ab ging‘s in die chaotisch aufgewühlte See. Gammeldansk (Windsteueranlage) einkuppeln und endlich gegen 15 Uhr sollten wir mal gemütlich Frühstücken. Doch irgendwie wechselte Robert‘ s Gesichtsfarbe plötzlich von sommerlich braun – über grau – auf gallengrün. Ein unbeliebter Geist der Seefahrt hat sich bemerkbar gemacht: Seekrankheit. Nur mit einem Kaffee im Magen, ohne Essen vor der Abreise, haut doch fast jeden Seebären um. Ist auch total fies von uns, unseren Freund nicht erst mal mit einem anständigen Frühstück zu verwöhnen! Ich band Robert als Erste Hilfe Massnahme die Seaband um die Handgelenke und stellte eine Pütz im Cockpit vor ihm auf. Kotzen über die Reeling ist aus Sicherheitsgründen absolut verboten! So weit kam es glücklicherweise nicht. War ja auch nix im Magen was hätte rauskommen können.
Wenig später macht sich auch schon der zweite Patient bemerkbar; Gammeldansk! Er bockt. Die Zahnräder werden durch die hohen achterlich einlaufenden Wellen aus der Kerbung dedrückt und Robusta schiesst unkontrolliert in den Wind und tanzt mit wild flappenden Segeln in den Wellen. Thomi kuppelt die Windsteueranlage wieder ein. Wenige Minuten später wieder das selbe Problem! Shit, ich sehe uns schon zehn Tage eisern im drei – Stunden – Takt am Steuer stehend. Bei dem Gedanken wird‘s mir auch schon leicht übel… Dank der fein säuberlich aufbewahrten Betriebsanleitung der Windsteueranlage Windpilot Pacific Plus des Voreigners, konnte das Problem subito fogendermassen gelöst werden: Die Zahnräder laufen bei wenig Wind und konfuser See auseinander und so konnten wir mit Hilfe einer Schnur den Winkel des Ausscherens des Pendelruders begrenzen. An dieser Stelle möchten wir auch Herrn Förthmann’s prompte Hilfe bei Problemen mit der Windsteueranlage per E-Mail verkanken!
Bis sich alle Patienten wieder einigermassen beruhigt haben, wurde aus dem Frühstück schliesslich ein Abendessen!
Erstaunlich fand ich schon, dass wir in den sieben Tagen Überfahrt nach dem Verkehrstrennungsgebiet von Kap Finisterre bis nach Madeira nur vier Frachtschiffe gesichtet haben. Echt wahr, keine Kartoffeln vor den Augen! Der Atlantik ist wirklich gross und leer! Dieser Fakt darf einem jedoch nicht verleiten weniger Ausschau zu halten! Sonst kann es, wie es der absolute Zufall manchmal so will, eventuell schon mal heftig krachen. Wie unsere Erfahrung bis jetzt gezeigt hat, sind längst nicht alle Fischkutter und Yachten mit AIS ausgestattet, oder einige haben es aus Energiespargründen nicht eingeschaltet.
Ja und dann war doch noch was: als Robert seine Nachtschicht hatte und Thomi und ich gemütlich am pennen waren, sprang doch tatsächlich ein Fisch ins Cockpit. Dem Robert sozusagen direkt auf den Schoss. Ja und wie reagiert wohl ein Vegetarier in solch einer Situation? Er befördert den Fisch mit der Spaghettizange statt in die Bratpfanne wieder zurück ins Meer! Sagenhaft. Ich bin mit leerem Magen schlicht einfach nur sprachlos…
Anja