Jetzt sind es noch dreiundzwanzig…. nun noch fünfzehn und es kommt mir vor, als werden es nicht wirklich weniger. Aber das ist ja nur ein Gefühl. Ich zähle die Tage, ja die Stunden, wie lange es noch dauert. Nun kann ich endlich in den Bus steigen. Doch er hat Verspätung. Nein doch nicht jetzt. So und endlich ist sie da! Meine fest vermisste Freundin aus der Schweiz. Oh wie fehlen mir doch auf der Reise, so weit weg von zu Hause, all die vertrauen Gespräche mit guten Freunden und Familie die mich ohne viel Erklärungen verstehen.
Nun steht sie vor mir. Eineinhalb Jahre haben wir uns nicht mehr gesehen. Regula wollte uns ja eigentlich lieber an einem hübschen Palmenstrand in der Südsee besuchen kommen. Doch wir sind immer noch in Chile. Nicht im Norden, nein, sondern noch in den eher kälteren Breiten. Im November kommt erst die schönste Zeit, der Lenz, berichten die Chilenen. Alles blüht, doch davon ist im Moment vor dem Flughafen nichts zu sehen. Regen, wie ich ihn selber schon lange nicht mehr erlebt habe, ergiesst sich aus fetten dunklen Wolken. Auch ist von der lieblichen Landschaft um Puerto Montt aus dem Taxi nichts zu sehen. Nicht mal während der Überfahrt mit dem Dinghi zur Robusta in der Bucht von Calbuco, hat Poseidon mit unserem Besuch erbarmen.
Der Wetterbericht lässt jedoch aufatmen. Für die nächsten Tage soll sich alles zum Besseren ändern. Den letzten Tag Nordwind wollen wir nutzen, um in die Berge der Kontinentalseite zu gelangen. Natur pur, hohe Felsen die um die 1300 Meter aus dem Meer ragen. Porcelana, eine Bucht ganz im Süden vom Estero Comau, ist einigermassen von allen Winden geschützt. Nur der Schwell ist beim Schlafen etwas störend. Nach den kalten Regentagen mit Temperaturen zwischen 8 und 12 Grad, freuen wir uns irre auf die Heissen Quellen. Doch um diese mitten im Wald gelegenen Quellen kursieren widersprüchliche heiss temperierte Gerüchte. Eintritt werde dort Verlangt. Tickets müssen im Voraus in Puerto Montt erstanden werden. Nicht zu vergessen, in Chile ist Segeln der absolute Luxussport und wird nur von der Oberschicht betrieben. Der Eintrittspreis soll 100 Dollares pro Yacht betragen!!! So stets im „Blauen Buch, first edition“ geschrieben.
Mit Badetuch bewaffnet, schleicht die Robusta Crew im möglichst grossem Bogen um die einzige Liegenschaft in der Bucht. Nur die doofen Köter können die Klappe nicht halten und verraten unsere Anwesenheit. Grrrr… Nur noch ein Zaun müsste überwunden werden und schon sollten wir ausser Sichtweite sein. Das Gekläffe wurde offensichtlich von ihrem Besitzer ignoriert.
Mitten im üppigen Grün, an einem Seitenlauf des riesigen Wildbaches, etwa zwei Kilometer weit im Wald, steigt Nebel empor! Tatsächlich, das Wasser ist heiss! Die einem gestauten Badewannen sind echt zu heiss. Thomi nutzt die Chance um seine versifften Jeans mal gründlich heiss zu waschen, was die Waschmaschine im Club Nautico Reloncavi ja nicht geschafft hat! Drei Becken weiter unter den eingeweichten Hosen, hocken unsere Körper ebenfalls eingeweicht in optimal temperiertem Wasser.
Am nächsten Tag wird die Prozedur nach einer anstrengenden Wanderung wiederholt. Die fleissigen Hunde wurden wieder nicht ernst genommen. Die Hosen sind kostenlos super sauber geworden.
Regula hat grosses Glück! Die Sonne brennt vom Himmel, dass es im Estero Cahuelmo sogar möglich ist, bei weiteren Heissen Quellen nackt an der Sonne zu liegen! Nach einer Weile müssen wir sogar in den Schatten flüchten.
Doch die Wetterlage kann nicht ewig so bleiben. Nach der Sonne kommt der Regen? Oder war der Spruch etwa doch umgekehrt? Egal, jedenfalls müssen wir bei miesem Wetter wegen fehlender sicherer Ankermöglichkeiten aus den Bergen flüchten und versuchen nach Chiloe zu segeln. Doch der Südwind macht uns zu schaffen. Er bläst wider Erwarten genau aus Süd-West. Das ist so ungefähr von dort wo wir hin wollten. Wenn das so weiter geht, erreichten wir Chiloe erst um Mitternacht. Nach etlichen Kreuzschlägen wird entschieden zu der nördlich gelegenen Insel Tabon abzulaufen.
Nun nach harter Überfahrt in der Zivilisation angekommen, hängt die ganze Robusta Crew vornübergebeugt an der Reeling. Das erste mal müssen Thomas und ich auf dieser Reise uns symbolisch übergeben. Das US-amerikanische Wahlresultat hat dazu den Grund geliefert.
Ist ja echt unglaublich. Wir können uns wohl glücklich schätzen, mit unserem privaten Stahlbunker auf den Weltmeeren rumschippern zu dürfen.
Hallelujahhhhhh, die Übelkeit hat nach Tagen noch nicht nachgelassen.