Dies ist nicht alles gestern passiert! Es handelt sich um eine Zusammenfassung der Missgeschicke und Vorkommnisse der letzten sechs Monate an Bord der Robusta. Es sind Vorkommnisse, die wir eigentlich lieber gerne verdrängt und gar nicht erst jemanden erzählen wollten.
Aber eventuell können andere auch etwas daraus lernen 😉
Wasser im Motor
Die Backskiste ist nun super schön neu gestrichen. Ist mein erstes Probestück für die bevorstehende Decksrenovation. Nur so mal zum Schauen wie viel Arbeit das sein wird. Ging eigentlich ganz flott die alte Farbe abzukratzen. Nur an einigen Stellen an denen ich fast nicht hin kam um die rostigen Stellen zu behandeln, weil ich mich Kopfüber in die enge Kiste zwängen musste. Mit dem Resultat war ich fast voll zufrieden. Für das Deck nehmen wir aber nicht die Bootsfarbe aus dem Baumarkt. Das soll schon mal klar sein. Da muss gutes Material her. Zumindest einen Zweikomponenten Polyuretanlack.
Und nun nur noch den Holzrost waschen und alles wieder rein in die Kiste.
Als wir zwei Monate später wieder zur Robusta fuhren, trat folgendes Problem auf:
Beim Starten der Maschine entwickelte sich aus dem Auspuff kommend, eine voll peinlich weiss qualmende Wolke. Thomi stoppte sofort die Maschine und kontrollierte den Oelstand. Am Oelstab klebte eine grässlich weiss cremig aussehende Masse, so in der Art von sonst lecker schmeckenden Caramelpudding. Das bedeutet Wasser im Motor!! Wie das denn ? Wau was für ein Mist!
Nun musste echt ein Mechaniker her. Aber subito. Dieser hat das Problem innert Sekunden erkannt: Ich Dödel habe mit dem Holzrost der Backskiste den Entlüftungsschlauch der Seewasserzuleitung abgeklemmt. Somit wurde es möglich, dass in der Zwischenzeit via Seewasserzuleitung Wasser in den Motor gelangen konnte. Die Lösung war nun, einen fünffachen Oelwechsel vorzunehmen. Was für eine Verschwendung. Immerhin kann für die ersten Spülungen Altöl verwendet werden. Super. Nun ohne Auto all das Öl anschleppen und wieder zur Entsorgung bringen. Immerhin hat der Motor keinen Schaden davon abbekommen.
Kann ja noch leerreich werden unsere Reise. Hoffe das wär‘s dann mit solch gröberen Malheuren!
Fussabdrücke
Unsere Weltreise hat begonnen! Wir sind von Glücksgefühlen förmlich überschwemmt. Absolut unglaubliches Gefühl! Wir wohnen nun nur noch auf dem Boot. Geil. Doch irgend wann kommt schon das erste Anlegemanöver. Kein Liegeplatz mehr. Was nun? Machen an einem anderen Boot fest und gehen auf die Suche nach dem Hafenmeister. Niemand da. Das Personal von der dazugehörenden Kneipe kann auch nicht weiter helfen. Schliesslich finden wir doch noch einen freien Liegeplatz. Klettern über das fremde Boot zu unserem Schiff zurück und entdecken mit Entsetzen lauter Fussabdrücke auf dessen Deck. Scheisse, die Farbe der frisch gestrichenen Reeling ist noch nicht ganz vollständig ausgetrocknet. In aller Eile machen wir uns zu viert dran, den Schaden zu beheben. Gelingt uns zum Glück absolut vollständig. Das Boot sieht sogar noch viel schöner aus als zuvor. Endlich mal wieder schön geputzt.
AIS
In Sylt laufen wir bei Flaute in den Hafen von Hörnum ein. Ganz im hinteren Teil erblicken wir endlich den Hafenmeister der uns einen Liegeplatz zuweist. Dank moderner Technik wie AIS weiss er auch schon wie lange unsere Robusta ist: Auweiha, wenn das nur gut geht. Wenn ich einen Herzschrittmacher hätte, wäre dies nun der Moment an dem dieser aktiv geworden wäre. Das war knapp. Thomi stopft Robusta gekonnt zwischen zwei Yachten. Vorne ist der Steg durch den Bugspriet für Fussgänger gesperrt und Robusta‘s Hintern steht auch schön weit im Fahrwasser. Wir Deppen (nein hier eindeutig Thomi, er ist der Informatiker und ich der Technikmuffel) hat die Bootslänge im AIS ohne den Bugspriet einprogrammiert, der immerhin ganze sechs Fuss ausmacht! Der Hafenmeister wähle für uns den Liegeplatz anhand der Länge vom AIS-Signal…
Rein ging ja noch. Aber da wieder raus, bei 5 Bf mit dem Langkieler ohne Bugstrahlruder? Zur Sicherheit spannen wir diverse Hilfsleinen, stehen mit den fettesten Fendern und Neptunspiess (Bootshaken) bewaffnet an Deck. Schaffen es sogar ohne Havarie den 14 Tonnen schweren Panzer sicher aus dem Hafen zu manövrieren. Robusta hätte bei einer Karrambolage bestimmt keinen Schaden erlitten. Aber ich weiss nicht wie der Yogurthbecher links und rechts von uns davon gekommen wären.
Fender verloren
Morsche alte Fenderleinen… Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Lärmbekämpfung
Konnte nicht schlafen, da im Hafen ein Kreuzfahrtschiff lag. Diese Schweroelverbrater stellen ihre Maschinen nicht ab. Auch wenn sie drei Tage nicht auslaufen. Das Gebrumme nervt. Beschliesse mir Ohropax zu besorgen. Sogar in Spanien gibt es eine ähnliche Version. Robert wollte sich in Dänemark auch mal welche besorgen. Die Verkäuferinnen kicherten etwas verlegen und wollten ihm ein Potenzmittel verkaufen.
Ich jedenfalls, habe das genau richtige Produkt bekommen.
Die Dinger sind wunderbar. Nichts stört mehr, nicht mal im Halbschlaf. Doch sie sind eindeutig nicht für die spanischen Themperaturen geschaffen. Kriege sie am nächsten Morgen nicht mehr raus! Mit dem kleinen Fingernagel lassen sich nur haardünne gummiartige Fäden rauspopeln. Wattestäbli verschärfen die Situation in meinem Gehörgang massiv.
Nun klingelt auch noch mein Handy. Zum Glück auf Vibrator-Modus eingestellt. Die Madame von der Bank ruft mich endlich zurück, die ich seit Tagen zu erreichen versuche. Ich brülle sie an, sie solle doch bitte etwas lauter reden.
Klüver ausbaumen
Robusta dümpelt auf achterlichem Kurs Richtung Madeira. Die Atlantikdünung bei knappen acht Knoten Wind, lassen den Klüver immer wieder einfallen. Flappende Segel, das nervt. Mit dem Spinnakerbaum soll der Klüver stabilisiert werden. Ich hantiere mit dem monströsen Gerät an Deck und versuche ihn am Klüverschot einzuhaken. Nach einigen Versuche gelingt mir dies sogar. Mit der nächsten Rollbewegung der Wellen reisst es mir den Spibaum aus den Händen. Knallt voll an die Deckshausscheibe. Nix passiert. Sind echt stabil diese Dinger. Für diese Aktion habe ich eindeutig zu wenig Muckies. Oder mit etwas Dichtholen des Klüver wäre es auch etwas einfacher gewesen.
Diese Aktion ist nun von mir höchstpersönlich zur Männerarbeit erkoren worden. (Shit happens!)
Neptunspiess
Segeln bedeutet auch, auf jedes Geräusch des Schiffes zu achten. Was dinggelt da? Was surrt da? Im Scheinwerferlicht der Taschenlampe erblicke ich, dass sich der Bootshaken der senkrecht an den Wanten befestigt ist, aus der oberen Halterung geschloffen ist und nun unkontrolliert hin und her schwingt. Eile auf‘s Vordeck um den Bootshaken festzuhalten. Bringe ihn unmöglich aus der unteren Halterung da diese bereits arg verbogen ist. Kann ihn aber auch nicht mehr los lassen, sonst drohte er die Vorsegel aufzuspiessen! Thomi ist im Tiefschlaf und hat die originalversion Ohropax montiert. Toll, alles Brüllen hilft nicht’s. Schlaufe in der Not den Gürtel aus meiner Hose. Das schaffe ich gerade noch so einigermassen einhändig und binde damit den Neptunspiess an der Wante fest, wobei mir der Wind dabei so langsam die Hosen runter zieht. Egal – keiner da der zusieht.
Fazit: Schlafen mit Ohrstöpsel ist nicht mehr erlaubt. Oder nur noch ganz wenig reingestopft. Auf Gehörlosmodus wird nicht mehr gestellt. Im Cockpit liegt für solche Notfälle ein Horn um die pennende Crew zu wecken. Ach ja und an die Pfeife an der Schwimmweste habe ich in diesem Moment gar nicht gedacht.
Seeventil in der Pantry offen gelassen
Laufen früh morgens bei Esbjerg (Dänemark) bei unbeständiger Wetterlage aus dem Hafen aus. Nach zwei Meilen Fahrt, knallt auch schon die erste Gewitterbö ins Segel. Robusta legt sich krass auf die Seite. Dabei rumpelt und scheppert es in der Kombüse. Alles was nicht fein säuberlich versorgt war, liegt nun am Boden. Obendrauf noch einige Liter Meerwasser, das durch das offene Seeventil durch das Spülbecken eindringen konnte.
Im Halbschlaf ausreffen
Bei Wachablösung bin ich sogar ausnahmsweise so nett und biete Thomi an, dass ich mich bevor ich schlafen gehen darf, noch freiwillig nass mache und an Deck gehe, um die Segel auszureffen. Totmüde löse ich die Reffbendsel am Grosssegel. Drehe an der Winschkurbel vom Grossfall und es geht ungewöhnlich streng. Denke bin ganz schön müde, bevor ich aber noch meine Muckies stärker anstrenge, kommt mir gerade noch in den Sinn, dass ich vergessen habe, die Refföse am Baum auszuhaken. Habe mal gelesen, dass jemand es tatsächlich geschafft hat auf diese Weise beim Grosssegel mit einem Knall sämtliche Nähte zum bersten zu bringen!
Koje ist nass?
Wo kommt das ganze Wasser her? Sämtliche Bullaugen haben wir ja alle ausgebaut und neu abgedichtet. Die Dichtungsringe sind auch alle neu. Wieder an Land mache ich mich dran, um den möglichen Weg des Wassers zu erforschen. Beginne die Schrauben am Lukendeckel zu lösen. Unmöglich diese alle zu entfernen. Brauche schon jetzt Schnapswickel an den Handgelenken. Alles ist so unglaublich stabil und für die nächsten 1000 Jahre gebaut. Nun mache ich mich an die Decke. Löse dort sämtliche Schrauben der Deckenleisten. Rupfe das Brett energisch raus, wobei es mir auch noch in zwei Stücke bricht da ich eine Schraube übersehen habe. Nix nass in der Isolation. Na gut. Brett bastle ich wieder mit Holzfüllmasse zusammen und streiche alles neu. Zusammenbauen kann es nun Thomi. Ich brauch nun einen Schnaps!
In der nächten Ferreteria kaufe ich einen Milimeter breitere Dichtungsringe. Auch nur weil sie keine anderen haben. Und siehe da, Bullauge Nummer 14 ist auch wieder dicht!
Schmetterlingsegeln im Test für den Passatwind
Das Manöver läuft normalerweise bei der Kutter getakelten Robusta folgendermassen ab:
Fock runter (ist im Weg bei achterlichen Kursen) – Bullentalje lösen, Grossschot dicht nehmen, Windsteueranlage auf neuen Kurs stellen, Halsen, Grosssegel schiften ohne den Klüver auf die neue Seite zu nehmen – Bullentalje auf anderer Seite neu festzurren.
Nun hatte ich die glorreiche Idee das Grosssegel soll auf der Backbordseite bleiben, so erübrigt sich das ganze Theater mit der Bullentalje und dem Grosssegel schiften. Leiten die Halse ein bis der Klüver fällt, doch beim Rüberholen verdüddelt er sich um das Vorstag und verwickelt sich mit der losen Backbordleine erbärmlich. Der Wind hat das Segel und die Leinen zu einem unkenntlich zusammengeschnurpften Puff hergerichtet. Alles Zerren und Ziehen hilft nichts. Thomi turnt nun bei flotter Atlantikdünung auf dem Bugspriet herum und versucht das Chaos zu entwirren. Klüverschoten müssen beide aus sämtlichen Rollen und Blöcken ausgefädelt werden. Alles bestens. Die Aktion dauert etwa eine Stunde.
Duschen an Deck
So eine schöne Dusche mit der Pütz an Deck, da freut sich die schlafende Anja ganz besonders, wenn nicht an die offenen Fenster gedacht wird!
Standing Ovation
Logbucheintrag: 13:43 Barometer 1015, Wind: NO 15 Kn, Motor an, Hafen Marina Arrecife Lanzerote, ablegen.
Der neue Hafen ist ganz schön eng.
Eindampfen in die Achterspring, Leine bloss nicht zu früh festsetzen, sonst rammen wir mit dem Bugspriet den unsportlich montierten Grill am Heck der Franzosen. Aber auch nicht zu spät, die nächste Reihe Yachten ist keine Bootlänge entfernt. Nach dem Lösen der Achterspring bockt Robusta und will sich mit dem Radeffekt des Rückwärtsgangs nicht drehen. Nun stehen auch schon alle Leute mit sonderbar verzerrten Mienen auf ihren Yachten an Deck.
Hafenkino live!
Ein Skipper einer Yacht, der wir sehr nahe kommen, wirft mir eine Leine zu um unser Heck rüber zu ziehen. Er spricht uns gut zu und sagt er hätte mit seinem Langkieler das selbe Problem.
Als wir nach gelungener Tellerwende endlich losbrausen, klatschen alle und rufen uns fröhlich zu!
Danke liebe Segler für diese moralische Unterstützung!!!
Toplicht ausgewechselt
Vor dem Auslaufen in Fort Williams (Schottland) prüfen wir noch ob alle Wanten mit Splinten gesichert sind und alle Lichter funktionieren und noch so einiges. Ausgerechnet das Toplicht leuchtet nicht. Thomi zieht die Arschkarte! Er muss auf den Mast klettern um die Birne auszuwechseln.
Irgend wann nachts kommt ein anderes Schiff ziemlich nahe. Robusta hat Vorfahrt. Doch irgendwie ändert es den Kurs nicht und hält genau auf uns zu. Komisch. Pennt der, oder was ist denn los?
Als ich später in der Nacht die Segel kontrolliere, fällt mir auf, dass das Dreifarbenlicht im Masttop verkehrt rum montiert ist!
Rot rechts, Grün links, Weiss vorne…..
Unverhoffte Begegnung mit dem Dinghi
Kommen von der Stadtwanderung durch A Curuña zurück. Mit dem Dinghi bis zum Ankerplatz ist es ganz schön weit. Wir brausen durch die riesige Hafenanlage im Stockdunkeln. Eben hat es erst noch zu regnen angefangen. Die Abkürzung unter den Oelleitungen des Industriehafens wagen wir im Dunkeln nicht. Fahren schön brav aussen rum. Doch da stockt auf einmal der Aussenborder. Stellt ab und will eine Weile nicht anspringen. Ich erinnere mich an das kleines Bildchen vom Vorbesitzer neben dem Kartentisch „Nur Ruhe bewahren!“ Nach wenigen Minuten nächster Versuch. Der Motor springt an und genau in diesem Moment schleicht doch aus der absoluten Dunkelheit von hinten, ein schwarz angepinselter Tanker um die Hafenmole direkt auf uns zu!
Und übrigens, die spanische Version Ohropax hat sich nach drei Tagen wieder von selbst aus den Ohren rausgearbeitet.
Anja