Puerto Deseado – Bahia Tetis – Bahia Buen Suceso
Jeh ich könnte jauchzen vor Freude! Endlich mal super coole Bedingungen! Wau ist das toll. Lustig schwappen und züngeln die Wellen. Weiss von Gischt belegt soweit das Auge reicht. Grosse Berge, rauf und runter surfen. Kalt ist es geworden. Das macht mir aber nicht viel aus, denn ich komme vom Norden. Nur die ständigen heftigen Seitenhiebe der riesigen Wellen mag ich nicht. Die Narbe an meinem Bauch ist gut verheilt. Die Naht hält dicht. Doch als heute morgen so ein tolpatschiger Albatros, die keine Ahnung von präzisem Landeanflug haben, auch noch auf meinem Mast landen wollte, hat das fette Tier mit seinen Latschen, den Windanzeiger verbogen. Die Nadel muss ihn heftig am Bauch gekitzelt haben. Drinnen in meinem Bauch, hocken Thomi und Anja am Kartentisch und fragen sich verzweifelt, wann die 40 bis 50 Knoten Wind endlich abnehmen. Anja hat sich nun in die kalte Koje verkrümelt und träumt von einer heissen Badewanne.
Am krassesten fand ich die Nacht. Schwarze absolut dunkle Nacht. Ich kann nicht sagen ob es regnet oder ob es die Wellenberge sind die über die Robusta krachen. Die Sicht ist gleich null. Wahrscheinlich auch besser so. Die Einfahrt der Magellanstrasse muss bei diesem starken Wind großräumig umfahren werden. Vorgelagerte Sandbanken bauen dort eine krass steile gefährliche See auf. Im selben Moment dreht der Wind auf Süd-West. Sich nahe an der Küste halten ist nun unmöglich geworden! Die Geräuschkulisse ist nun gewaltig. Ab 40 Knoten ist es schon sehr laut. Das Pfeifen und sirren ist ab 50 Knoten nochmals eine Stufe enormer. Nicht umsonst wird die Gegend hier die Brüllenden Fünfziger genannt. Die See ist chaotisch. Nur noch ablaufen unter der Sturmfock gelingt. Die Windsteueranlage Pazific Plus funktioniert selbst bei diesen extremen Bedingungen tadellos!
Das Wetter beruhigt sich nach 36 Stunden bei 40 bis 50 Knoten Wind langsam wieder. Doch kurz vor dem Estrecho de Le Maire stellt der Wind völlig ab. Flaute. Die letzten 20 Seemeilen laufen wir unter Motor und kommen in absoluter Finsternis in der Bahia Tetis an. Die Islas de los Estados erreichen wir leider nicht! Dort haben wir uns mit der Gallate und der Kalibu verabredet. Mit der Taschenlampe versuche ich das Kelp auszumachen. Flupp und schon stecken wir drin in den riesigen bis zu 40 Meter langen Wasserpflanzen. Rückwärtsgang und wir kommen mühelos wieder raus. Ups, wenn sich Kelp im Propeller verwickelt, kann das sogar die Welle verbiegen! Es ist saukalt hier, regnet leicht. Nur noch den Anker runter und expressmässig ab in die Kojen. An Schlaf war ja die letzten Tage nicht zu denken. Bei solchen Bedingungen ist die Anspannung echt gross. Was wenn jetzt das Material den Naturgewalten nicht standhält? Es war schon extrem. Ich glaube jetzt dürfen wir uns schon zu den Seebären zählen, denn wir sind selbst bei diesen Bedingungen noch immer nicht seekrank geworden. Ich war aber bestimmt ausserhalb meiner Konfortzone! Erst mal kräftig ausschlafen. Nein geht leider nicht. Sieben Uhr müssen wir mit dem einsetzenden Ebbstrom weiter. Also nur vier Stunden schlafen. Die Bedingungen sind perfekt! Durch den Estrecho de Maire will niemand bei Wind gegen Strom Verhältnissen segeln. Die Meerenge an der südöstlichsten Spitze Südamerikas zwischen Feuerland und den Islas de los Estados, ist bekannt für ihre starken Ströme und bis zu 12 Meter hohe, stehenden Wellen. Wir haben Glück. Nur leichter Nordwind weht. So erlauben es die Bedingungen ganz nahe an der Küste bis nach Bahia Buen Suceso zu segeln. Normalerweise muss das Kap im Mindestabstand von acht Seemeilen umfahren werden.
Auf den Tag genau, 400 Jahre nach Kapitän Le Maire, segelt die Robusta durch den Estrecho de Le Maire. Der Holländer Le Maire engagierte für das eine Schiff den erfahrenen Kapitän Willem Conelisz Schouten. Das Kommando über das zweite Schiff übertrug Le Maire seinem Sohn Jacob. Bei der Landung auf Java, im Oktober 1616, wurden die beiden Kapitäne verhaftet. Man glaubte ihnen nicht, eine alternative Route zur Magellanstrasse gefunden zu haben. Die beiden wurden in Ketten in die Niederlande zurück verfrachtet und ihre Schiffe wurden konfisziert. Jacob Le Maire starb auf dieser Fahrt.
Hier ein Link der die Wellen beschreibt
http://www.seemotive.de/html/dseegang.htm