Warum kein Nachtleben?
Juppie, die fast perfekte Internetleitung wurde gefunden! So kann wieder einmal ein Bericht – sogar mit Bilder folgen: der Uplaod dauerte nur knappe fünf Stunden.
Nun sind wir schon seit einigen Wochen in Französisch Polynesien.
Wo sind wir hier nur gelandet? In einem Land mit liebenswürdigen Menschen, wunderschöner vielseitiger Landschaft, hunderten von Atollen und auch Inseln mit hohen Bergen. Türkises Wasser, Korallen von tausenden verschiedenen bunten Fischen bewohnt. Ein Paradies für Taucher! Von Menschen fast unbewohnte Natur pur!
Die Partytempel vermissen wir nicht gerade. Aber so ab und zu mal mit witzigen Leuten bei lauter Musik einen überdrehten Abend in einer Bar verbringen, wäre kein Luxus. Sowas vermissen wir echt.
Das Südseeparadies kommt uns diesbezüglich sehr langweilig rüber.
Meine Frage, warum es hier keine Bars gäbe, wird mit einem simplen „wir stehen halt früh auf“ abgetan. Beinahe auf der ganzen Welt stehen Menschen früh auf um oft übertrieben viele Stunden zu schuften um ihre Familien über die Runden zu bringen. Aber sie tanzen und feiern trotzdem!
So laden zumindest die Segler sich gegenseitig auf die Yachten ein oder es wird am Strand ein leckeres Essen zubereitet. Heute ist auch so ein Fest angekündigt. Darum paddeln wir an Land um frisches kaltes Bier einzukaufen. Der Kühlschrank ist kollabiert. Ist doch unmöglich nach nur zwei Jahren Betriebszeit! Was für ein super doofer Entscheid, den beinahe ein viertel Jahrhundert alten Kühlkasten gegen das, wie vom Hersteller versprochen super sparsame Modell, auszutauschen. Wäre wohl schlauer gewesen, noch ein extra Solarpanel anzuschaffen. Auch der Supporter der Firma WAECO weiss keinen schlauen Rat zur Selbsthilfe. Er stellt blöde Fragen, die bei einem toten Modell schlicht nicht mehr überprüfbar sind!
Der handgeschriebene Fresszettel am Kühlschrank des Supermarkts erschlägt mich fast: „heute kein Alkoholverkauf“. Was ist das denn? Wahlen. Irgendwelche Wahlen auf der anderen Seite der Welt – in Frankreich! Ganz diskret bitte ich die Verkäuferin um eine Ausnahme. Sie nimmt meinen Rucksack, wartet bis keine Kunden mehr im Geschäft sind und packt die gewünschte Menge Bierflaschen ein. Der Abend ist nochmals gerettet.
An Thomas Geburtstag wollten wir seit langem wieder mal nett Essen gehen. Dazu musste in Fakarava erst mal ein Lokal gefunden werden. In den französischen Crepe-Schuppen wollen wir nicht. Dort verhungerst du garantiert und die Wirtin ist ein echt launischer Drachen. Der Rotoava Grill ist nur am Wochenende offen. Beim Yachtservice hängt ein Plakat mit Farbfotos. Sehr romantisch! Ein Lokal direkt am Meer, Palmdach und doch recht einfach und gemütlich. Ich rufe an. Essen muss einen Tag im Voraus angemeldet werden. Ein Fahrer werde uns um halb sieben am Steg abholen. Die Zeit bestimmt die Madame am Telefon, was mich schon mal etwas irritiert, aber nicht weiter stört.
In der Finsternis rollt ein Kleinwagen an den Steg. Der Fahrer soll hier acht Personen abholen. Wie die alle in die Karre passen sollen, ist für mich ein Rätsel. Doch da sind nur wir zwei. Also warten wir, durstig und echt ausgehungert nach der Fahrradtour, eine geschlagene Stunde auf die Geister die niemals erscheinen werden!!
Das Essen wird hübsch angerichtet serviert und ist echt lecker. Träumen nun von einem Dessert. Kuchen oder etwa eine Eiscreme. Bei diesem Gedanken taucht auch schon die gute Fee aus der Küche auf. Jedoch nicht um freundlich unseren Wunsch entgegen zu nehmen, sondern mit der Meldung, dass der Fahrer warte um uns zurückzufahren.
Wir sind sprachlos.
Auch hier beim Südpass Fakarava erging es uns nicht viel besser. Stell dir eine kleine romantische Ferienanlage mit kleinen Strohhütten vor. Türkises Wasser, absolute Einsamkeit, alles hübsch dekoriert und eingerichtet. Haie drehen elegant ihre Runden unter der Terrasse. Perfektes Ambiente um gemütlich einen Drink zu schlürfen. Der Wirt bemüht sich seinen Pizzaofen einzuheizen, wenn mindestens acht Personen essen. Getränke mussten wir aber selber mitbringen. Das ist auch gut so, denn der Alkohol ist in Polynesien krass teuer. Die Pizza à discretion war immerhin echt lecker. Doch auch hier, kaum ist der letzte Bissen runtergeschluckt, wird einkassiert. Meine Schweizer Uhr zeigt gerade mal halb acht! Immerhin dürfen wir noch hocken bleiben. Der Generator für das Licht wird abgestellt. Ich kann noch zwei Kerzen erbetteln, die nach einer halben Stunde abgebrannt sind. So hocken wir nun in absolut schwarzer Nacht sprachlos da.
Doch immer noch ist nicht klar, warum es hier kein Nachtleben gibt.
“Zu gefährlich” erklärt Aldo. “Wo Alkohol im Spiel ist, kippt die Stimmung und es artet zu oft in Streitereien aus.” Oft geht es so wild zu und her, dass die Agressionen auch am Mobiliar ausgelassen werden. So hat verständlicherweise nicht wirklich jemand Lust in eine Bar zu investieren. Bekommt dem sonst so friedlichen Polynesier der Alkohol nicht?
Wo treffen sich die Einheimischen? Wo lernen wir sie kennen?
Morgens in der Kirche – wo denn sonst!