March 13 2020

Amami-Oshima Island

Die 160 Seemeilen lange Passage nach Amami geht gegen Abend los. Das nach einer weiteren ausgiebigen Fahrradtour. Mein Göppel war so rostig, dass ich das quietschende Ding erstmal zur Robusta beförderte, wo es eine kräftige Dusche mit Schmiermittel verpasst bekam. Blöderweise triefte der Saft aus der Spraydose auch noch in die Trommelbremse. Ehrlich gesagt ich dachte es handelt sich um die eine Nabenschaltung. Doch das Velo hatte nur einen Gang! Es musste nun nicht nur den Berg hochgeschoben werden, sondern auch wieder runter. Beim ersten Aussichtspunkt fragte ein junger Student aus China, ob Thomas ihn fotografieren könne. Ich dachte ich verhöre mich. Da existieren noch Kreaturen, die keine Selfies von sich schiessen? Fu studiert an der Uni in Tokio Japanisch. Der schlaue junge Mann, hat sich ein E-Bike ausgeliehen. Er sei am Reisen, weil wegen Corona alle Schulen geschlossen sind. Bald schlägt das Wetter um und ein heftiger Regenguss geht nieder. Es ist kalt und wir drei sind klatsch nass. Fu laden wir auf die Robusta ein. Dort kann er sich abtrocknen und wir trinken gemeinsam heissen Tee, denn seine Fähre legt erst in drei Stunden nach Okinawa ab. Paar Tage später bedankt sich Fu in einem Email für die Einladung. Thomas sei jedoch ein mieser Fotograf, denn das halbe Bild ist mit seinem Finger abgedeckt. Das sind eben die Vor- und Nachteile von Selfies, aber dafür durfte er einen netten Tag in Gesellschaft verbringen.

Am nächsten Morgen segelt die Robusta nach einer Rauschefahrt bei im Schnitt von 25 Knoten Wind, der Südküste von Amami-Oshima entlang. In Koniya existieren mehrere kleine Häfen. Thomas meint, hinter den Bäumen an Land, einen Mast erblickt zu haben. In der Seekarte muss das in dem kleinen Einschnitt direkt bei der Flussmündung sein. Ich bezweifle ob das klappt. Da passen wir niemals rein! Mit Bootshaken und Leinen bewaffnet, stelle ich mich für einen besseren Ausblick auf den Bugspriet. Das passt! Los rein in den Schlitz. Ein Mann von der Yacht eilit herbei und nimmt mir die Leinen ab. Eine Freundin aus Zamami hätte ihn informiert, dass wir kommen. Ach wie lustig. Tani bietet Charterfahrten mit seiner freakigen Yacht an. Mit ihm verbringen wir eine nette Zeit. Er kennt all die schönen Ankerplätze. In Japan ist es unüblich zu Ankern. Oft ist der Grund mit Felsen oder Korallen durchsetzt, oder in einer geschützten Bucht triffst du auf eine Muschelfarm. Die vorbeiziehenden Tiefs bringen starken Wind, nicht selten weit über 35 Knoten. Für die Japaner dient der Anker nur für Notsituationen.

Da kommen auch schon zwei Personen in Uniform angedackelt.  Sie verlangen nach den Schiffspapieren und dem Naikosen. Sie fotografieren die Papiere und das war’s dann auch schon. Das sei der Gästeplatz der Gemeinde. Der Schlüssel um Wasser zu tanken, kann auf der Gemeinde abgeholt werden. Nach einer Erkundungstour im Dorf und der Suche nach Milch für den Kefirpilz, steht eine Tasche mit Blumen im Cockpit. Welcome to Japan, steht auf einem Kärtchen geschrieben. Ich bin total gerührt!

Das Rätsel, wer wohl die Blumen gebracht hat, löst sich am nächsten Morgen in aller Frühe. Als ich aufwache, ist Thomas verschwunden. Stunden später kommt er von einer Inselrundfahrt mit “Dreamy Boy” zurück. Sein Traum ist es, eines Tages eine Marina für Segler zu eröffnen. Doch der rüstige, total schwerhörige Mann, ist bereits 75 Jahre alt und er arbeitet immer noch im Gartenbau! Unglaublich. Auf Amami-Oshima hat ja auch die Altersrekordhalterin, Tajima Nabi von 1900 bis 2018 gelebt.

Ein grosser Teil der Insel und Küste stehen seit 2017 unter Naturschutz. Die bergige Insel ist mit dichtem subtropischen Wald überwuchert. Wir sollen aufpassen, denn da sind viele giftige Habuschlangen. Nach einem Biss der bis zu bisc2 Meter langen Vipernart, die nur auf dieser Insel lebt, muss dringend medizinische Hilfe beigezogen werden. Das berichten die drei angeheiterten Männer, von denen wir nach einer Wanderung, in den Garten einer total abgelegenen Farm, zitiert werden. Sie haben gerade einen Eintopf gekocht. Wir müssen essen und Bier trinken. Thomas ist nass und friert, ich habe einen Wanderschuh voll Wasser, denn der im Maps Me App angegebene Wanderweg, führte voll kriminell durch’s Gestrüpp. Viel zu gefährlich mit den vielen Habus. Nach einem Bergrutsch war eh Ende der Tour angesagt. Wir versuchen noch im Bergbach weiter ins andere Tal vorzudringen. Aus purer Vernunft kehren wir wieder um. Wer weiss was da noch kommt. Die Nächte sind hier kalt. 

Wir wollen noch vor Dunkelheit an die Hauptstrasse kommen, denn wir müssen per Anhalter nach Naha zurück. Kommt gar nicht in Frage! Meine Frau wird euch fahren. Die sei noch nüchtern. Und schon kommt die Frau per Auto mit Biernachschub und einer Platte Sushi angebraust. Niemand spricht Englisch. So rufen die lustigen Gesellen einfach einem Freund an, der die Sprache spricht. Er muss per Telefon aus der Ferne übersetzen. Spät in der Nacht werden wir zur Robusta gefahren. Leider ist Ebbe als wir ankommen. Die beiden krümmen sich vor Lachen als wir sie auffordern, die hohe Mauer runter zu klettern. Sie lehnen entschieden dankend ab.

Uns war bekannt, in Japan gehört es zur guten Sitte, bei einer Einladung ein kleines Geschenk mitzubringen. Das darf jedoch nicht in Weiss eingepackt sein, denn das ist die Farbe der Trauer. Die Zahl vier bringt Unglück. Doch was wir hier erfahren, ist nicht wie es im Reiseführer aufgeführt ist. Japan ist einfach einzigartig. Es empfiehlt sich echt sich über die Benimmregeln zu informieren. So vieles ist einfach anders. Zum Beispiel ist es ganz wichtig, sobald es irgendwo eine Stufe hoch geht, müssen Schuhe ausgezogen werden. Auch in der Kneipe! Für den Toilettengang stehen spezielle Schuhe bereit. Das WC ist ein Ort der Unreinheit. Mit den Händen jemanden heranwinken, wie wir es üblicherweise tun, heisst hau ab! Jemandem etwas übergeben oder annehmen, wird immer mit beiden Händen gemacht. Gegrüsst wird indem du wie ein Pinguin, mit dem ganzen Oberkörper etwas nach vorne kippst. Schau selber in den angeführten Links nach. Es ist total spannend! Die Freundlichkeit dieser Menschen haut uns einfach aus den Socken, die für eine Teezeremonie übrigens immer weiss und ohne Löcher sein sollten.

Ich backe eine ganze Kiste voll Guetzli auf Vorrat. Ich will auch freundlich zu diesen netten Menschen sein. Doch jetzt stellt euch mal vor: Wir fragen nach Trinkwasser um die Tanks zu füllen. Sogar in einer Stadt mit 40 Tausend Einwohner, sind die Leute bemüht zu helfen. Dann bringt ein alter Mann Kanister und frische Mandarinen. Unglaublich. Doch wir brauchen 450 Liter. Im Zentrum von Naha ist ein kleiner Hafen. Dort tanken wir. Das wäre der total coole Ort zum Liegen gewesen! Schade. Suku spricht super gut Englisch. Er hat in Thailand gearbeitet und es dort gelernt. Wir laden ihn auf die Robusta zum Kaffee und Kuchen ein. Danach gehen wir noch in einen Recycling Shop den er uns empfohlen hat. Alles ist super spot günstig und es handelt sich dabei meist um neue Ware!?

Als wir zur Robusta zurück kommen, beschenkt uns Suku mit einer halben Tonne Ware. Schnaps, Kekse und Waschtücher. Ich kann nur wieder Unglaublich dazu sagen. Bitte bitte bitte, wenn ihr einem Japaner begegnet, bereitet diesen unglaublich netten Menschen eine Freude! Was wir hier erfahren ist einfach jenseits des Vorstellungsvermögen!

INFOS FÜR SEGLER

Hafen:

Koniya: viel Schwell bei Südwind, Hafenmauer hat unten einen Absatz nach innen. Bei auflaufendem Wasser darauf achten, dass die Fender dort nicht hängen bleiben. Wasser tanken möglich. Schlüssel muss bei der Gemeinde geholt werden. Behörden kontrollierten Schiffspapiere und Naikosen. Keine Kosten.

Naha: Gleiches Problem mit der Hafenmauer wie in Koniya. Die Hafenmauer ist sehr hoch. Bei Ebbe ist die Mauer nur mit einer Strickleiter zu bewältigen. Keine Kosten. Der Liegeplatz im Zentrum  wäre netter gewesen, dort kann Wasser kostenlos getankt werden.

 


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Posted March 13, 2020 by robusta in category "Japan

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