Durchs goldene Tor in die Bay Area von San Francisco
Unter der berühmten Golden Gate Bridge durchsegeln, darauf haben wir uns riesig gefreut! Unüblich dabei war, die Sonne schien in voller Pracht und brachte sogar etwas Wärme ins Gemüt. Das fühlte sich nach der strengen Überfährt sehr gut an. San Franzisco liegt oft in Nebel gehüllt, welcher sogar einen Namen hat. Wehen die kalten Winde vom Pazifik auf das heisse Festland, schleicht Karl von der Küste die Hügel empor und legt sich wie eine flauschige Decke über die Stadt.
Aus diversen nautischen Berichten wissen wir, der Aufenthalt in diesem Seegebiet wird nicht einfach. Die Marinas sind oft überfüllt und die Preise für einen Liegeplatz sind unermesslich hoch. Freies Ankern, wie wir es sonst immer tun und dann mal so husch mit dem Dinghi an Land sausen, soll nun plötzlich ultra kompliziert sein.
Warum?
Vor Sausalito einer Wohn- und Feriensiedling für die Oberschicht, mit prachtvoller Sicht auf San Francisco, tobt der Hausboot-Krieg. Die Story reicht bis in die 50er Jahre zurück. Für die Beetniks, Hippies und Freaks und Künstler war es Kult auf bunt zusammengezimmerten schwimmenden Konstrukten zu leben. Diese kuriosen Buden mussten für millionenschwere durchgestylte Hausboote weichen. Von den Vertriebenen kaufte sich wer konnte, eine halbwegs seetaugliche Yacht und ankerte im Richardson Bay. Bis vor ein paar Jahren wuchs die Gemeinschaft auf 250 Yachten an. Durch massive Massnahmen von Seiten der Regierung, sind es heute noch 85. Zum erneuten Eclat kam es letzten Sommer, als die lokale Regierung von Sausalito beschloss, den Bay mal wieder gründlich aufzuräumen. So wurden an einem Tag von 43 Menschen, teils Familien mit Kinder, ihre schwimmenden Lebensräume mit samt Inhalt verschrottet. Nun leben sie in einem eingezäunten Grundstück in Zelten – an den Rand von Sausalito gedrängt. Die sogenannten “Anchor-Out” sind sauer.
Bezahlbarer Wohnraum ist inexistent. Um die Situation zu verdeutlichen, im Jahr 2021 zogen aus der Bay Area von San Francisco 20 Prozent der Bevölkerung weg, weil die Lebenskosten einfach nicht mehr zahlbar sind. Die Auswirkungen sind überall sichtbar. Entlang der Autobahn, unter Brücken, in der Industriezone und sogar mitten in der Stadt leben Menschen wie anno dazumal im Gold Rush vor 170 Jahren in Zelten und unter Planen auf der Strasse.
Diese Umstände beunruhigen uns und wir machen erst mal einen grossen Bogen um Richardson Bay. So müssen wir als Langfahrten Segler etwas kreativ werden. Im folgenden Link findest du alle möglichen Ankerplätze. Ankern ist nicht immer kostenlos. Über den folgenden Link erfährst du mehr über die etwas konfusen Regeln und Preise und kannst auch online bezahlen. Mit etwas Phantasie lässt sich immer irgend ein Ort zum Ankern finden. Einfach die Seekarten genau studieren und auf die starken Strömungen im Bay achten!
Als erstes versuchen wir direkt vor dem Schiffsmuseum, mitten im Zentrum von San Francisco zu ankern. Nur kleine Segelyachten ohne Motor sind erlaubt. Also sausen wir unter Segel da rein und schmeissen den Haken zwischen den beiden Schonern vor dem Museum. Mit dem Dinghi rudern wir ins Museumsgelände und werden mit der Brandung unsanft an Land katapultiert. Mit triefnassen Hosenbeinen waten wir ins Büro des Direktors. Stellen uns vor und fragen ob wir ankern dürfen und das Dinghi im Museum parken können. Er spricht fliessend Deutsch und ist über unsere Reise höchst beeindruckt. Da die Robusta aus der Distanz betrachtet ein klassisches Schiff ist, dürfen wir für 10 Dollar pro Tag so lange wir wollen bleiben. Er stellt uns beim Nachtwächter vor der uns seine Telefonnummer gibt. Wenn wir ausserhalb der Öffnungszeiten rein wollen, können wir ihn anrufen und er wird uns ins Gelände lassen. Perfekt. Ausser in Sausalito hatten wir durchwegs positive Erfahrungen mit Ankern gemacht. Wenn du alle paar Tage wieder irgendwo anders ankerst, ist alles kein Problem. Die Bay Area ist ein sehr spannendes Seegebiet. Unter Brücken durchsegeln, an der Skyline von San Francisco vorbei, mittendurch den Industriehafen von Oakland segeln und es wäre sogar möglich gewesen ins Delta rein bis nach Sacramento zu reisen.
Wir lieben die Bay Area!
San Francisco und Umgebung haben echt viel zu bieten. Mir ist jedoch aufgefallen, die schönen alten Häuser im viktorianischem Stiel, sind nicht mehr so bunt wie in den 80er Jahren, als ich als junges Girl für vier Jahre in Kalifornien lebte. Schade.
Hier treffen wir ein paar Leute die wir in der Südsee kennen gelernt haben. Das war echt cool! Harry und Sandra leben seit einem Jahr auf einer kleinen Yacht die sie für die Reise nach Mexiko am ausrüsten sind. Sie werden jedoch erst in ein paar Monaten los ziehen. Doch wir werden uns in der Sea of Cortez in Mexiko treffen. So wird viel fachgesimpelt und Harry und Sandra fahren uns zu den tollsten Schiffsausrüster der Umgebung. Gemeinsam durchwühlen wir stundenlang den Secondhandladen nach Ersatzteilen. Ich habe dort unser Traum Dinghi gefunden! Ein Porta Bote, ein Faltboot das ich mir schon hundert mal im Netz angeschaut habe. Brandneu – noch in der Originalverpackung – zum halben Preis. Nie mehr aufpumpen oder Löcher flicken. Es ist halb so schwer aber doppelt so stabil wie das altes aufblasbares Dinghi. Aus dem selben Material wie die Schusssichern Westen gebaut. Klingt doch vielversprechend!
Wir könnten noch ewig hier bleiben. Doch wir wollen noch vor den Winterstürmen in Mexiko ankommen.