Trockenfallen
Thomi hört Geräusche. Ich höre nichts. Was ist es? Hör doch zu, es tönt anders als zuvor. Es sind Vibrationen vom Motor die ihm nicht gefallen. Nach einer kurzen Inspektion, ob da eventuell noch von der Nacht ein Resten der Ohropax im Gehörgang zurückgeblieben ist, tönt für mich dennoch alles wie gehabt. Zu viel laute Musik gehört? Eventuell ein klassischer Verdrängungsmechanismus um erneute Probleme aus der Welt zu schaffen? Um auf der sicheren Seite zu sein, entschliessen wir zu kontrollieren, ob der Motor noch richtig ausgerichtet ist. Dies sind Probleme die wir oft auch von anderen Seglern gehört haben. Durch die heftigen Schiffsbewegungen beim Segeln, oder durch die Vibrationen des laufenden Motors verursacht, sind die Schauben und die Halterungen des Motors arg belastet und es kann auch mal vorkommen, dass diese sich lösen oder gar ein Motorfuss bricht.
Das ist alles nicht ganz so einfach bei der Robusta: Um den Motor ausrichten zu können, muss die Welle ein wenig gezogen werden. Das geht nur im Trockenen da der Propeller weg muss. Weiter ist das Ausrichten mit der flexiblen Kupplung nicht zu bewerkstelligen. Sie muss ausgebaut werden. Wegen Platzmangel im Motorraum geht dies nur mit gezogener Welle. Ein Mechaniker wurde gefunden um eine Scheibe aus Teflon zu basteln um das Ausrichten exakt zu ermöglichen.
Nun wo ist der passende Ort um trocken zu fallen? In der Marina beim kleinen Kran? Weiter hinten liegen zwei alte Fischkutter an die die Robusta anlehnen könnte. Doch beide Orte eigenen sich nicht. Bei genauerer Inspektion des Untergrundes beim kleinen Kran, ragt dort ein fettes 20 Zentimeter langes Armierungseisen aus dem Boden! Das hätte ein schönes Loch in den Rumpf gestanzt! Die Fischkutter stehen auch bei Hochwasser zu wenig weit im Wasser. So stellen wir morgens um Drei, zwei Stunden nach Hochwasser die Robusta an die Rampe der kleinen Fähren. Zuvor haben wir mit Kevin und Lucie noch die fetten Steine vom schleimigen Grund weggerollt.
Eine Heckleine, eine Vorleine und eine Leine vom Mast an den Steg werden gelegt, damit das Schiff nicht auf die falsche Seiten kippen kann. Die Fender werden durch aufgeschossene Leinen ersetzt. Durch den Druck beim Anlehnen an den Steg, könnten diese platzen. Super, alles passt, muss nur noch das Wasser ablaufen. Dann sollten drei Stunden Zeit bleiben um die Bullflex auzubauen, damit der Mechaniker die Scheibe herstellen kann. Nach einem Plan aus dem Internet mit allen Massen will er das Teil nicht herstellen. Er braucht das Original. Wir legen uns schlafen, werden jedoch bald schon wieder durch ein Gepolter aus dem Tiefschlaf gerissen. Verwirrt hechten wir aus den Kojen. Zwei Scheinwerfer blenden uns. Beim Kontrollgang haben die Nachtwächter im Club Nautico erblickt, dass die Robusta fehlt. So sind sie mit ihrem Motorboot losgebraust um sie zu suchen. Die Nachtwächter haben wir nicht per Funk informiert, da sonst die Armada alles mitbekommen hätte. Wegen einer halben Meile Fahrt wollten wir den ganzen Papierkram bei der Armada vermeiden!
Die Männer die die kleinen Fähren zu der Insel Tenglo führen, haben Verständnis dass wir an ihrem Steg trocken fallen. Mit dem nächsten Hochwasser wird die Robusta nun von den Marineros wieder an ihren alten Platz im Club Nautico geschleppt da der Motor ohne Kupplung nicht einsatzbereit ist.
Heute ist das Teil um den Motor auszurichten termingerecht fertig geworden! In leuchtend gelbem Hartplastik! So wird die Prozedur des Trockenfallens wiederholt und der Motor kann ausgerichtet werden.
Doch siehe da was da für ein Treiben tags am Steg ist. Horden von Schafe werden verladen die zu der Insel Tenglo gebracht werden müssen!
Teil 2:
Drei Uhr morgens schwamm die Robusta wieder. So startete Thomi gespannt den Motor um zu der Marina zurück zu fahren. Gang eingelegt, Gas geben, etwas mehr, noch mehr….. befremdende Geräusche und Vibrationen sind verschwunden! Wau, was für eine tolle Idee vom Mechaniker die flexible Kupplung auszubauen und stattdessen den Motor mit der quietschgelben Scheibe Auszurichten! Eigentlich lassen wir keine fremden Pfoten an der Robusta rumbasteln. Doch dieser Mechaniker wurde uns von verschiedenen Leuten vom Club empfohlen. Er sei vor allem ein Provi in Sachen Motoren ausrichten. Er kann alles was Bootsbau betrifft.
Oriol Vargas Almonacid
Puerto Montt
Telefon 983 999 797
Und er hat es wirklich gut gemacht!
So nun ist alles bestens. Doch eine Mail vom Schweizer Schifffahrtsamt kündigt die Erneuerung des Flaggenscheins an. Diese Prozedur muss alle drei Jahre wiederholt werden. Voll blöd. Wollten doch eigentlich mit dem nächsten guten Wetter in Richtung Norden aufbrechen. Nebst einem Formular mit 137 Fragen betreffend Zustand und Wartung die beantwortet werden müssen, muss die Rettungsinsel gewartet werden. Jemand vom Club hat sie gleich mit seinem Auto irgendwohin mitgenommen.
So nun warten wir noch auf die Insel und die Papiere vom Schifffahrtsamt. Mal schauen wie lange das alles dauern wird.