August 1 2016

Castro (Insel Chiloe)

In Castro angekommen, erblicken wir, dass unsere Touristenkarte seit vorgestern bereits schon wieder ausgelaufen ist. In grösseren Städten kann die Aufenthaltsbewilligung einmal um weitere drei Monate für 100 US-Dollar, ohne Ausreise aus Chile, unkompliziert verlängert werden. So jedenfalls für Europäer und Schweizer. Also rasen wir schnellst möglich in die „Governacion“. An der Türe des zuständigen Beamten hängt ein Papier auf dem vermerkt ist, dass er die ganze Woche im Urlaub ist. Was für ein Glück! Perfekt! Am Montag erscheinen wir wieder auf dem Amt. Doch der Herr verkündete er könne nichts mehr tun. Wir seien zu spät gekommen. Auch Hinweise auf das Papier an seiner Amtsstube liessen ihn nicht erweichen. Doch er meinte, wir hätten uns an jemanden anders wenden müssen. Ach ja, diese Möglichkeit tauchte aber dazumal schlicht nicht in unserem Gehirnwindungen auf. Bis wann ist noch Zeit zum ausreisen? Was passiert wenn die  Armada unsere  Pässe beim einholen einer Zarpe (Auslaufbewilligung) sehen will? Die Armada hätte diesbezüglich keine Beufugnisse. Für solch ein kleines Vergehen gebe es höchstens ein „tiro la oreja“ ein „Ohrenzupferli“. Was auch immer das heissen soll werden wir an der Grenze erfahren. Diverse Gerüchte kursieren in anderen Blogs von Seglern, dass sie Probleme bei der erneuten Einreise hatten. Jedenfalls ist es nicht ganz so einfach schnell mal nach Argentinien auszureisen. Die Robusta kann nicht unbeaufsichtigt vor Anker liegen. Die Wetterbedingungen sind dafür zu unbeständig. Zu oft treten starke böige Winde auf. Da müssen wir schon erst nach Puerto Montt in eine geschützte Marina gelangen.


So ziehen die Wolken über Castro und wir warten auf besseres Wetter. Kleinere in den letzten Monaten angefallene Reparaturen sind zu erledigen. Aleko und Stepke krampfen wie die Wilden. Sie isolieren nun endlich ihre Yachten sehr professionell damit sie nicht mehr frieren müssen, mit grossen Kinderpuzzleteilen aus dem perfektem Material mit Toy Story und Prinzessinnen Motiv. (Später wird Aleko  seekrank – wen wundert’s!) Gasflaschen füllen, Vorräte aufstocken, Wäsche waschen um nur ein paar kleine Beispiele zu nennen. Es ist schon immer unglaublich wie viel Zeit so etwas in Anspruch nimmt. Einen Schaltkasten für die Ankerwinsch zu finden ist ein Abenteuer in sich. Jeder Kran ist mit solch einem Schalter für „rauf- und runter“ versehen. Reparieren geht nicht mehr. Die Platinen sind vom Salzwasser völlig weg korrodiert, der Plastikkasten weist feine Risse auf und ist somit undicht geworden. Doch wo kaufen? In den Reisehandbücher sind jeweils die Kneipen, Museen, Sehenswürdigkeiten und Übernachtungsmöglichkeiten für Landratten aufgeführt. Doch wo befinden sich all die Lokale wo die Segler an Ersatzteile kommen? Jeder Baumarkt wird abgeklappert, jeder Elektrohandel, Eisenwarenläden und so weiter. Das alles zu Fuss oder allenfalls mit einem öffentlichen Bus. Irgend jemand kennt schliesslich den richtigen Laden: Ein Verkäufer vom Baumarkt telefoniert einer Kollegin, diese wiederum ruft einen Kollegen an  dessen Vater und so weiter….. Das ist doch noch echte Hilfsbereitschaft! So kann endlich wieder ein Schalter an das Kabel montiert werden. Was für eine Wohltat. Seit rund einem halben Jahr wird die Ankerwinsch bedient,  in dem die zwei betreffenden Kabelenden zusammen gehalten werden um den Kontakt herzustellen. Gasflaschen zum Kochen ist auch so ein Thema: Jedes Land hat sein eigenes System. Entweder passen die Anschlüsse nicht, Adapter sind nicht zu finden, oder die Flaschen werden nicht eingetauscht oder können nicht gefüllt werden und es müssen neue gekauft werden die dann bestimmt eine andere Grösse haben und somit nicht in den vorgesehenen Kasten und die Halterung passen. Wir haben Glück, unsere Gasflaschen aus Irland können wieder eingesetzt werden!

Castro stand eigentlich gar nicht auf dem Plan. Eine Grossstadt mit 40 Tausend Einwohner erschien uns zu gross und stressig nach Monaten in den friedlich menschenleeren Chilenischen Kanälen. Zu dem muss ein rechter Umweg in Kauf genommen werden um diese Stadt zu erreichen. Doch Castro ist richtig nett! Bunt bemalte alte “Palafitos”, Holzhäuser die auf Stelzen am Wasser gebaut wurden, prägen das Stadtbild. Das architektonische Wunderwerk, ein modernes Einkaufszentrum ganz nach amerikanischem Vorbild, ragt dominant über der Stadt. Na ja, nicht ganz mein Geschmack. Vor allem die Ausgangsmeile die zwar nur etwa 100 Meter lang ist, besteht aus mehreren netten kleinen Bars und Musikclubs. Am Wochenende spielen live Bands von Rock über Jazz und Electro bis Reggeaton. In den kleinen Clubs, werden wir sofort als Fremde erkannt. Kontakt zu finden ist hier im Nachtleben nicht schwer, vorausgesetzt du sprichst etwas spanisch. Ab 22.30 bis in die frühen Morgenstunden wird ausgelassen gefeiert und getanzt. Im Rockclub „la Cueva“ der eher einer Geisterbahn gleicht, wollten einige mit Thomi ein Selfie schiessen. Sie erkennen in ihm den Rockstar Bon Jovi, Macgyver  und wegen der grossen Klappe auch noch Mick Jagger! Nach den Abenden in den Clubs folgen gegenseitige Einladungen und ein Segelausflug mit anschliessendem Grillfest in der Marina Quinched. So segeln die Robusta, Beduin und Abraxas nach fünf Wochen Aufenthalt mit insgesamt sieben Personen an Board die neun Meilen bei Regen von Castro nach Quinched. Doch mieses Wetter macht den Chiloten nichts aus.  Ariel und Isabel, die wir nach Monaten wieder sehen, sind mit ihrer Yacht Skol bereits dort und treffen ebenfalls Vorbereitungen für das Fest. Aleko hat diverse leckere griechische Köstlichkeiten zubereitet, auf dem Grill schmoren Würste und ein grosses Stück Fleisch. So zaubert die kleine Flotilla ein internationales Buffet für die rund 20 Personen.

Das eher negative Erlebnis mit dem Verwalter der Marina Quinched verdrängen wir nun einfach mal – es war ein tolles Fest und alle hatten ihren Spass!


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Posted August 1, 2016 by robusta in category "Chile

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