December 26 2021

Baja California Nord – Kulturschock vom feinsten

Alles beginnt in Mexiko etwas schräg. Der Wind schlafft recht schnell ab. Für die knapp 70 Seemeilen von San Diego  nach Ensenada ist erst viel Wind prognostiziert, der nach wenigen Stunden abschlaffen wird. Es gelingt uns die gesamte Strecke unter Segel zurückzulegen. Zwei Drittel davon im Schneckentempo. Wollten eh nicht zu früh ankommen, damit wir nur einen Tag Marina bezahlen müssen. In absoluter Dunkelheit in einen unbekannten Hafen einlaufen, ist nicht gerade angenehm. Übermüdet und von all den Lichtern der Stadt geblendet, sind die Seezeichen schlecht auszumachen und die unbeleuchteten Pangas erst recht nicht. Keine der Marinas ist per Funk zu erreichen. So steuern wir die erste Marina an. Dies ist dummerweise genau die teure Cruiseport Village die wir meiden wollten! Bei Sonnenaufgang wechseln wir die Marina.

Noch bevor der Wecker klingelt, poltert bereits jemand von der Gesundheitsbehörde ans Schiff und will Fieber messen! Der Agent ist auch schon da! Mist. Tranquillo! Sind gerade etwas überrumpelt. Ich setze einen starken Kaffee auf und verabreiche der freundlichen Beamtin auch einen potenten italienischen Espresso. Haben während all den Jahren noch nie einen Agenten für das Einklarieren in Anspruch genommen. Nicht einmal in Japan! O.k, bis der ganze Papierkram erledigt war, sind zehn Tage verstrichen. Im Nachhinein war die Zusammenarbeit mit dem Mexikanischen Agenten sehr angenehm. Die Investition von 30 US Dollar hat viel Zeit gespart. Doch der Prozess kam etwas ins stocken, als es um die für Mexiko obligatorische Haftpflichtversicherung für das Schiff ging. Die englische Übersetzung wurde nicht akzeptiert. Mit der Italienischen Ausgabe waren sie auch nicht zufrieden zu stellen. Telefonieren ging nicht mit der Sim Karte von Alaska. Zudem war die Alianz Versicherung in der Schweiz zu dieser Uhrzeit am pennen. Dieses Versäumnis nagt vom Budget 200 US Dollar weg. Eventuell ist es eh einfacher mit einer Mexikanischen Versicherung ausgerüstet zu sein, falls was teures gerammt wird.

In Ensenada hatte ich noch Kontakt mit meinem Sohn Sascha. In Europa steigen die Covid19 Fälle rapide an. In Mexiko auch. Schweren Herzens beschliessen wir, unser Treffen in La Paz aufzuschieben. Ich bin sehr traurig. Ich habe mich so sehr darauf gefreut ihn wieder zu sehen und gemeinsam etwas Zeit zu verbringen. 

Um drei Uhr Nachmittags sticht die Robusta randvoll mit Tacos & Tortillas und Co wieder in See. Für die nächsten 1300 Kilometer, bis ganz im Süden der Baja California, gibt es nahezu keine Einkaufsmöglichkeiten. Diesel bekommst du nur auf halben Weg in der Bahia Tortugas zu Wucherpreisen. Wir sind von diversen Seglern vorgewarnt. Ich denke der Ort ist so vermasselt wegen der jährlichen Baja Ha-Ha Cruisers Ralley. Ende Oktober walzen  jährlich an die 200 Yachten von San Diego bis nach Cabo San Luca und überfallen buchstäblich den kleinen Ort in dem mal gerade knapp 600 Personen leben. 

Es ist kurz vor Weihnachten. Ausser fruztrockenen Sand ist kein Schnee in Sicht, was bei Schweizern irgendwie keine Weihnachtsstimmung aufkommen lässt. Sollen wir uns beeilen um in La Paz mit anderen Segler zu feiern? Bahia Tortugas ziehen wir nicht in Erwägung. Ich würde gerne einen Zwischenhalt auf der Insel Guadelupe, einem Naturschutzgebiet das nur von ein paar saisonalen Fischern  und Forschern bewohnt ist einlegen. Doch dieser Plan fällt wetterbedingt aus. Stattdessen finden wir auf der Insel Cedros Schutz. Ankern ausserhalb des kleinen Fischerhafen. Lebt hier überhaupt jemand ausser Pelikane? Alles scheint so geisterhaft. Der Steg sieht aus als sei er gestern von einem Tsunami zerstört worden. Latschen sprachlos der mit allerlei Müll gezierten Hauptstrasse den Berg hoch, um bei der Capitania einzuklarieren. Alles ist extrem trocken und staubig. Das Kaff wäre die perfekte Filmkulisse für einen No Future Film! Ich habe Mexiko ganz anders in Erinnerung. Zwei mal bin ich vier Monate, alleine mit meinem kleinen Sohn, mit Rucksack und Hängematte durch dieses faszinierende Land gereist. Allerdings immer südlich von Mexiko City.

Der Hafenmeister fordert uns per Funk auf, wegen dem aufkommenden Sturm im engen Hafenbecken zu ankern. Mit der SIM Karte aus Alaska, die für die ganze USA, Kanada und Mexiko funktionieren soll, ist kein Signal zu empfangen. Doch die kleine Gemeinde hat eine eigene Antenne errichtet, um Anschluss per Satellit zur Aussenwelt zu haben. Für ein paar Pesos für uns, jedoch teuer für Mexikaner, kaufen wir fünf Gigabytes Daten um an Weihnachten Kontakt zu unseren Familien herzustellen. Genau während der Feiertage fegt der Sturm derart heftig über die Insel, dass wir es nicht wagen, die Robusta alleine vor Anker zu lassen. An Land wird mit voller Energie gefeiert. Tausende Knallkörper und Raketen sausen in alle Richtungen druch’s Kaff. Die Musik dröhnt fröhlich bis in die frühen Morgenstunden und wir beobachten das ganze Geschehen einsam vom Schiff.

 

 


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Posted December 26, 2021 by robusta in category "Mexiko - Baja California

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