June 15 2023

Kurzbeschreibung der Werft: staubig – stinkig – heiss

Die Robusta ist auf dem Trockenen geparkt. Der Platz ist nicht schlecht. Wasserhahn, Strom, und schön am Rand mit recht viel Raum um uns herum. Toiletten sind auch nicht weit entfernt. Alles scheint in Ordnung.

Bereits am ersten Abend, bei Sonnenuntergang – breitet sich aus der Nähe Fröhlichkeit aus. Bei einer Art Wagenburg aus Yachten geformt, hat sich eine Illustre Truppe, alle mit einem Campingstuhl – diese mit Bierhalterung – um ein riesiges Feuer mitten in der Werft versammelt. Jemand bringt uns zwei Hocker und ein anderer reicht uns je ein Bier. So hocken wir die nächsten zwei Monate fast jeden Abend zusammen, um den Tag ausklingen zu lassen. Alle bringen etwas essbares zum Teilen und dann geht’s los mit lustige Stories erzählen, fachsimpeln über Reparaturen, tauschen uns aus wo Ersatzteile anschaffen und in welchen Geschäften Material für die Wartung erhältlich ist.

Die ersten drei Wochen sind die Arbeiten flott angelaufen. Ben hat uns mit seinem Auto oft in die Stadt mitgenommen, um Essen vom Supermarkt zu holen oder um Material für die anstehenden Arbeiten einzukaufen. Er kennt sich hier aus. In den Strassen der Stadt patrouillieren Militärfahrzeuge auf deren Ladefläche vermummte Soldaten mit Maschinengewehren stehen. Die Sicherheitslage ist nach wie vor angespannt. Ben erklärt das ist wegen der Konflikte zwischen Sicherheitskräften und den Kartellen. Wir halten uns immer nur kurz in der Stadt auf. Vor allem nachdem Thomas auf dem Markt von einem Irren beinahe abgestochen wurde. Ja Guaymas ist echt eine krasse Stadt. Die Aussagen aus dem Mail von unserem Kollegen bestätigen sich tatsächlich. Er hat wahrhaftig nicht übertrieben. Ob wir uns jemals mit Guaymas anfreunden? Ich denke niemals.

Natürlich haben wir auch am Boot gearbeitet.

Ich beginne am Rumpf mit dem Antifouling abkratzen. Doch mir schmerzen immer noch die Rippen vom Ereignis als der Buckelwahl uns mit samt Dinghi in die Luft katapultiert hat. Thomas wühlt im Schiff und bringt sämtliche Segel und Leinen in einen Lagerraum der Werft. Um den Rumpf zu bearbeiten und malen, bräuchten wir ein Gerüst. Bisher konnten wir sowas mieten oder bestenfalls lag immer genug Holz, Bretter und Böcke rum um selber etwas zu bauen. In dieser Werft gibt es sowas nicht. Jedoch gegen etwas Trinkgeld treibt einer der Marineros garantiert auf was du brauchst. Nun ist die Robusta eingerüstet. Nicht ganz nach den Normen einer Unfallversicherung – aber zweckmässig.

Eines Tages haben Dale und Ben ein stattliches totes Schweinchen aufgetrieben. Dieses soll am Wochenende gebraten werden. Bis dann liegt es in einer Wanne im frisch gepressten Orangensaft eingeweicht. Wer zum Oxxo Kiosk läuft, darf nicht vergessen Eiswürfel mitzubringen, um die Kühlung des Schweichens sicherzustellen. Wer mitessen will, bringt eine Beilage und legt 10 US-Dollar in den Pot neben dem Grill. Wir sollen erraten, wie hoch die Kosten für das Schwein und die Holzkohle die es braucht um es 16 Stunden lang zu braten. Die beste Wette erhält den Pot minus der Kosten.

Ich bringe dem Nachtwächter einen Teller voll von diesen leckeren Delikatessen. Als ich wieder zurückkomme, ist der Pot bereits ausgelost. Thomas kniet vor einem Haufen Geld und zählt Gringo Scheine. Wie viel haben das Schwein und die Holzkohle nun gekostet? Ich mag mich noch genau erinnern was für eine Summe ich geschätzt habe. Das ist meine Zahl! Später stellt sich heraus, dass Dale auf seinen Notizen die Wetten von mir und Thomas verwechselt hat. Also wäre ich die Siegerin gewesen!!! Doch ich mache kein Aufsehen, einerseits um Dale nicht blosszustellen und Thomas soll die Freude über seinen Sieg geniessen.

Das Schwein und das Buffet mit all den mitgebrachten Beilagen waren superlecker!!! Ein echt gelungenes Fest welches sich bis in die Morgenstunden hinein zog.

Eines morgens reizt ein bestialischer Gestank die Riechorgane. Irgendwo muss wieder mal die Kanalisation verstopft sein, meint jemand der an seiner Yacht in der Hitze mit Glasmatten und Epoxidharz hantiert. Dann fliesse die Kacke vom nahen Quartier direkt neben der Werft der Strasse entlang. Konkret hinter der Mauer wo die Robusta geparkt ist. Und für wie lange?? Paar Tage. Das komme immer wieder mal vor. Guaymas ist ein echtes Drecksloch inmitten einer bezaubernden Landschaft. Überall liegt Müll. Entlang der Strassen, im Park, am Meer und die Müllkultur macht auch vor der Werft nicht halt. Was da alles rumliegt, ist phänomenal. An manchen Tagen stopfe ich, je nach dem aus welcher Richtung der Wind weht, etliche Müllsäcke davon voll. Mit dem Wind weht während der Sardinensaison zusätzlich ein sagenhaftes Düftchen von der Fabrik über das Gelände. Jetzt stellt euch das alles bei 45 Grad Hitze vor!

Ab sofort zwingen wir uns noch vor Sonnenaufgang aus den Kojen und beginnen morgens um fünf mit der Arbeit. Etwa um 11 Uhr gehen wir ins nahe Restaurant oder zum Kiosk, um ein einfaches Tagesmenü zu schlemmen. Wenn es so heiss ist, mag ich am liebsten Ceviche. Roher Fisch mariniert in Limettensaft an Rahmsauce mit Tomaten und Gurken. Nach dem Essen legen wir eine Siesta ein um etwa um vier weiterzuarbeiten. So jedenfalls der Plan. Doch in der Dämmerung sind unvorstellbar viele Stechbiester aktiv. Sie schären sich einen Dreck um die langärmeligen Klamotten, welche mit diesem russischen 75-prozentigem DEET eingesprüht sind. Die Stiche jucken und entzünden sich und bereiten manche schlaflosen Nächte, bis jemand diese Rosa Pillen teilt: Benadryl heisst das Wundermittel welches Juckreiz, Allergien und Hautausschläge sowie Schwellungen lindert. Ich finde es könnte aber auch als Schlafmittel verwendet werden.

Die Bedingungen sind hart. Beim Streichen mit der Stirnlampe versaue ich den roten Anstrich. Der Glanz ging wegen zu hoher Luftfeuchtigkeit verloren. Dazu kommt noch, dass nun hunderte Insekten in der frischen Farbe kleben. Es sieht schlimmer aus als zuvor. Nicht genug. Es geschieht mir gleich noch ein Malheur. Ich wollte die tiefen Kratzer und geflickte Stellen ausbessern. Mixe die Zweikomponenten Spachtelmasse zusammen. Einen Pump aus Flasche 1 und zwei Mal pumpen aus Flasche 2. Ganz einfach. Doch mit der einen Pumpe war was nicht gut. Jedenfalls trocknen die perfekt geflickten Stellen nicht! Ich habe mir so viel Mühe gegeben. Die eklig klebrige Pampe wieder zu entfernen, dauerte dreimal so lange als das Auftragen. Ich bin frustriert. Laufe davon. Nun sitze ich neben Hugo dem Sicherheitsmann beim Eingang der Werft unter einem Baum und quassle mit ihm. Dieser Mann ist immer so fröhlich und bringt mich stets zum Lachen.

Ersatzteile bestellen geht in Mexiko nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sendungen irgendwo verschwinden, ist ziemlich garantiert. Ansonsten gibt’s da jemand der einmal pro Woche mit dem Auto über die Grenze fährt, um für wenig Geld Ware aus Arizona nach Guaymas zu transportieren. Und so funktioniert es: Du kannst Ware an eine bestimmte Adresse senden lassen, die von Debbie nach Guaymas geliefert werden. Ich staune nicht schlecht, jemand hat  sich Toilettenpapier aus den USA bestellt! Das Toilettenpapier ist das Stichwort für das nächste Drama. Durchfall mit Erbrechen. Und ich bin nicht die Einzige die es erwischt hat. Die halbe Werft liegt flach, oder blockiert das Klo in dem du dich eigentlich nicht länger als unbedingt nötig aufhalten willst. Die Moskitos lieben dieses Örtchen. Sie warten darauf dich genüsslich in den nackten Hintern zu stechen.

Die Wartungsarbeiten gehen immer schleppender voran. Es ist ein Stadium erreicht, in dem so vieles angefangen ist und aus irgendwelchen Gründen pausieren muss. Entweder weil Farbe trocknen muss, für eine Arbeit Ersatzteile fehlen oder das eine bestimmte Geschäft gerade von einem Kartell in die Luft gesprengt wurde. Die Mexikaner sagen sie trinken jeden Tag zehn Liter Wasser. Wir schaffen gemeinsam nicht mal halb so viel. Es ist so heiss, dass die Farbe direkt vom Roller sich in Form von Spinnweben verflüchtigt. Mit einem speziellen Verdünner für hohe Temperaturen, geht es besser. Die 3 Gallonen Antifouling sind in nur zwei Anstrichen am Rumpf aufgetragen. Normal sind mit dieser Menge mindestens vier Anstriche möglich. Ist das nun gut oder schlecht? Diese Farbe kam auch auf mysteriöse Weise zu uns. Da ging mal so ein Gerücht in der Werft rum, es gebe immer wieder mal Gelegenheiten an günstige Farbe zu kommen. «Vom Lastwagen gefallen». Erst als wir die Ware weit ausserhalb vom Werftgelände abholen sollen, haben wir geschnallt, dass es sich um Diebesgut handelt.

Der nächste Ausflug mit der Horde aus der Werft, verschafft uns einen kleinen Einblick in die Machenschaften der korrupten Polizei. Die Idee ist in der Stadt Billard spielen zu gehen. Sechs von uns hocken auf der Ladefläche des Pick Up Trucks und der Rest sitzt vorne in die Kabine gequetscht – jedoch keiner am Steuer. Wer wird den Truck fahren? Wer hat noch kein Bier getrunken?

Ein Freiwilliger ist schnell gefunden. Es dauert nicht lange und der Gringo Truck wird von der Polizei verfolgt. Bei der Suche nach einem Parkplatz, biegt der Fahrer etwas rasant um die nächste Ecke und schon heult die Sirene des Verfolgers auf. Nun sitzt ein Polizist am Steuer des Gringo Trucks und unser Fahrer darf Polizeiauto fahren. Natürlich nur als Beifahrer. Der Alkoholtest fällt positiv aus. Jetzt wird’s ernst. Knast ist die Ansage bis ein Richter Zeit hat, den Fall zu bearbeiten. Derweil unser Kollege drinnen am Blasen ist, kontaktieren wir unsere mexikanischen Freunde, welche uns raten, mal 500 Pesos gleich etwa 25 Dollar zu bieten, um das Prozedere abzukürzen. Der Gringopreis beträgt jedoch 400 US-Dollar!! Was für ein teurer Ausgang. Dabei kamen wir nicht mal zum Billard spielen.

Und wer fährt den Wagen zurück in die Werft? Das ist jetzt egal meint die Policia, wir hätten ja jetzt bezahlt.

Nach zehn Wochen harter Arbeit sieht die Robusta innen wie aussen superschön aus. Obwohl wir hier eine coole lustige Truppe waren, sind wir nun froh endlich wieder aufs Wasser zu kommen wo es hoffentlich etwas kühler ist!

 NICHTS WIE RAUS HIER  – SCHNELL IN SEE STECKEN  UND AUF NIMMERWIEDERSEHEN GUAYMAS

 

March 1 2023

Gegen Wind und Wetter in die Werft

Gegen Wind und Wellen in die Werf

Unsere Pläne betreffend die Robusta in einer Werft in Mazatlan zu warten, gehen nicht auf. Schade. Nur zu gerne wären wir noch in den grünen Süden Mexikos gereist. Wie unsere Bekannten uns bereits empfohlen haben, liegen die einzigen noch bezahlbaren Werften im Norden. Puerto Peñasco, San Carlos oder in Guaymas. Dort wird auch toleriert an der eigenen Yacht zu arbeiten. 

Der Wetterbericht bestätigt eindeutig, dies ist die falsche Jahreszeit für unser Vorhaben. Der Wind pustet konstant aus Nord. Doch wir haben grosses Glück: Die nächsten Tage besteht die Möglichkeit, dass sich am Festland Gewitterfronten bilden könnten welche Wind aus der optimalen Richtung bringen. Nicht ganz ungefährlich, denn solche Fronten bringen Wind mit unberechenbaren Böen mit sich. Die komplexen Strömungsverhältnisse die einerseits von Gezeiten, Wind und saisonalen Unterschieden beeinflusst sind, können die See innert Kürze in eine brodelnde Suppe verwandeln. Doch die Robusta ist für solche Bedingungen nahezu perfekt gebaut. Ihr Gewicht, ihr fetter Bauch, ein Langkieler mit angehängtem Ruder, beeinflussen ihr Seeverhalten absolut positiv. Egal wie strub die Bedingungen sind, wir beide sind noch nie seekrank geworden.

Während ich das Schiff aufklariere, hastet Thomas auf den Markt, um frisches Gemüse für die Reise einzukaufen. Wenige Stunden später sind wir mit der auslaufenden Strömung unterwegs. Bei Sonnenuntergang türmen sich bereits Wolken bedrohlich am Horizont auf. Weisse Schaumkronen schmücken die See. Aus dem Wetterbericht geht hervor, dass die Front am Festland entlang ziehen wird. Zeit zum Reffen und Luken schliessen. Blitze zucken immer nervöser am Himmel und erhellen dabei die Wolken. In der Dunkelheit sieht alles sehr unheimlich aus. Ganz wohl ist mir nicht dabei. Eine Stahlyacht mit Edelstahlwanten bietet einen relativ guten Blitzschutz. Das Steuerrad und die Innenauskleidung sind aus Holz gefertigt, was den Kontakt mit Metallteilen verhindert. Nur die Elektronik bleibt ein Schwachpunkt. Solange die Front am Festland entlang zieht, treffen wir keine weiteren Massnahmen wie die Batterie und die Funkantenne vom Netz zu trennen. Die Front schiebt die Robusta flott voran.

Doch für die nächsten Tage ist absolute Flaute angesagt. Die Bucht Agua Verde ist ein guter Ort, um eine Pause einzulegen und uns vom wilden Trip zu erholen. Doch aus der erhofften Erholung wird Aufregung, denn der SSB Funk spuckt eine Email mit folgendem Inhalt aus:

Hallo Anja und Thomas,

… Guaymas ist eine krasse Stadt. Die Werft liegt in direkter Nachbarschaft zu einem Gebiet, in das nicht mal die Polizei rein will. Kartelle kämpfen um Macht und Kontrolle. Die attackierten diese Zone letzten Monat mehrmals. Dabei wurde ein Mann direkt vor der Werft vor unseren Augen erschossen! Ansonsten ist Guaymas ein guter Ort um eine Yacht zu warten…..

Nun machen wir uns ernsthafte Sorgen zur Sicherheitslage.  in der Wüste ist wiet und breit kein Internet. Um an weitere Infos zu kommen, fragen wir unsere Nachbarn, das obwohl wir Elon Musk nicht mögen, ob wir uns in ihr StarLink- einloggen dürfen. Nach und nach bröselt sich zusammengefasst folgendes heraus: 

Das EDA hat eine Reisewarnung für Sinaloa herausgegeben. Anhaltende Bemühungen  der Mexikanischen Strafverfolgungsbehörden haben im Januar zur Festnahme von El Chapito Guzman geführt. einem von neun Söhnen des in den USA inhaftierten Bosses des des Sinaloa Kartelles, führte zu erheblichen Spannungen und Gewalt in der Region. Beim Versuch ihn vor zwei Jahren einzubuchten, genügte ein Telefonanruf, um eine schwer bewaffnete Truppe in Aktion zu setzen. Nach heftigen Schiessereinen beschloss die Regierung, ihn des Friedens willen wieder laufen zu lassen. Auch diesmal kam es zum Schusswechsel mit Todesopfern. Darunter befanden sich auch Zivilisten. Wer als Unbeteiligter zur falschen Zeit zwischen die Fronten gerät, hat echt Pech gehabt. Auf solch ein Pech haben wir echt keine Lust!

Und jetzt? Was sollen wir tun? Zeit bringt Rat. In den nächsten Tagen entscheiden wir uns für eine andere Werft in Guaymas, eine die möglichst weit von der Kampfzone entfernt liegt.

February 26 2023

Panik bis Mitternacht

Wer unter Schweizer Flagge auf den Weltmeeren umherschippert, ist verpflichtet alle drei Jahre den sogenannten Flaggenschein zu erneuern (Vergleichbar mit der regelmässig anfallenden Prüfung für Motorfahrzeuge in der Schweiz). In erster Linie geht es um den Nachweis der Seetauglichkeit der Yacht. Dieser erfolgt anhand einer Checkliste, die in Eigenverantwortung ausgefüllt wird. Ich korrigiere – so war es jedenfalls die letzten Jahre.

Das Mail vom schweizerischen Seeschifffahrtsamt wird gerade von Kapitän Thomas in aller Ruhe bearbeitet, bis er entdeckt, dass sich etwas geändert hat. Wir brauchen einen Experten, der die Yacht prüft! Gibt es sowas in Mexiko? Ich rufe den einzigen Experten den ich im Golf von Kalifornien finden konnte an.  Er will für die Prüfung je nach Aufwand zwischen 600 und 1000 US-Dollar plus die Spesen für den Flug von San Carlos nach La Paz! Jetzt liegt aber Panik in der Luft! Wegen der Zeitverschiebung können wir erst ab Mitternacht in der Schweiz anrufen, um die Sachlage zu klären. Nervös vertreiben wir die Zeit, indem wir mit den pyrotechnischen Notsignalen herumhantieren. Checken sie erneut nach dem Ablaufdatum durch. Nach drei Jahren sind diese zu ersetzen. In Chile haben wir spaßeshalber eine 18 Jahre alte Seenotrakete für die 1. Augustfeier gezündet. Zu unserem Erstaunen ist dieses tatsächlich tadellos in Richtung Mond gesaust! Thomas verschwindet im Motorraum und ich klettere auf den Mast, checke dabei die Wanten und Fallen auf Abnutzungserscheinungen. Alles scheint in Ordnung zu sein. Dennoch sind wir besorgt, was so ein wachsames Expertenauge alles entdecken könnte. Uns wäre lieber, der Experte kommt, nachdem wir auf der Werft waren und die Robusta frisch gewartet ist.

Vom Kriegsschiff, welches in unserer Nähe liegt, ist ganz schwach acht Mal ein Doppelschlag der Schiffsglocke vernehmbar welche Mitternacht ankündigt. Wer ruft an? Du – nein – ich oder doch lieber du?? Nach wenigen Minuten am Telefon ist alles geklärt. Es handle sich um einen Übersetzungsfehler im Formular! Wir brauchen keinen Experten. Alles bleibt, wie es war. In einem Land in welchem vier Amtssprachen existieren, kann sowas schon mal vorkommen.

Gute Nacht! Erleichtert fallen wir nun in die Kojen

 

 

 

January 23 2023

Gammelschiff

Um Robusta vor solch einem Zustand zu bewahren, braucht sie regelmässig Pflege. Der letzte Unterwasseranstrich ist nun schon zwei Jahre alt. In Alaska hat der Ökoanstrich gegen das Wachstum von Algen, Muscheln und anderen Organismen gut gewirkt. Doch bei dreissig Grad warmem Wasser und all der Scheisse, die in La Paz nahezu ungeklärt in die Lagune fliesst, wirkt dieses Zeug eher wie Dünger! Für den grossen Sprung nach Kanada, muss Robusta im perfekten Zustand sein. Um eine gründliche Wartung vorzunehmen, soll sie in einer Werft aus dem Wasser gehoben werden. 

Nun tauchen unerwartete Probleme auf. Es scheint keine Werft zu geben welche die Besitzer an ihren eigenen Yachten arbeiten lässt. Sie beschäftigen ihre Arbeiter zu absolut miesen Löhnen, kassieren jedoch von den Yachties Preise wie in den USA. In der Werft auf dem Boot wohnen ist ebenfalls nicht erwünscht. Die Preise überraschen für ein Billigland wie Mexiko ebenfalls. Je südlicher, umso teurer wird alles. Letztes Jahr war das noch anders. Damit haben wir nun nicht gerechnet. Erst erkunden wir die Werften in La Paz. Auf den ersten Blick sieht alles toll aus. Doch bei genauerem Nachfragen tauchen immer mehr zusätzliche Kosten auf. Die alteingesessenen Segler empfehlen Guaymas, San Carlos oder Puerto Peñasco für Wartungsarbeiten. Diese Orte liegen  dort, wo wir gerade hergekommen sind! Angedacht war, im neuen Jahr mit Freunden in den Süden nach Mazatlán zu segeln. Die Wintermonate eignen sich dort perfekt, um am Schiff zu arbeiten. Angenehme 25 Grad Tagsüber, und vor allem fällt zu dieser Jahreszeit kein Regen. Ideale Bedingungen um an einem Stahlschiff zu arbeiten.

Im Frühjahr soll es losgehen. Laurie und Marvin planen ebenfalls mit ihren drei Kindern nach Hause in den Norden zu segeln. So sitzen wir oft zusammen und brüten über Seekarten, Nautischer Lektüre, lesen Reiseberichte von Seglern und tauschen uns über die gesammelten Erfahrungen aus. Unsere zwei Yachten könnten nicht unterschiedlicher sein. Katamaran und Stahlkutter. Beide mit total unterschiedlichen Segeleigenschaften. Trotzdem macht es Spass gemeinsam zu planen und wir nehmen das Rennen gegen den Kat gerne auf, obwohl schon im vornerein klar ist wer gewinnen wird.

Doch erst geht es noch immer darum, die optimale Werft zu finden. Ich denke da müssen wir nochmals intensiver nachforschen.

 

December 28 2022

Isla Partida

Für Weihnachten segeln wir zur 25 Seemeilen entfernten Isla Partida. In der Bucht liegen fünf weitere Yachten vor Anker. Dort verbringen wir gemeinsam mit Kathi und Alex und deren Eltern, die von Deutschland zu Besuch sind, ein paar nette Tage. Ihre Yacht haben sie diesen Herbst in Mexiko gekauft. Ich muss sagen, die haben ein echtes Schnäppchen erwischt. Eine tolle alte stabile und liebevoll gewartete Ketch! Innen wunderschöner Holzausbau, sehr viel Stauraum und von den alten Besitzern noch so mancherlei großartige Dinge die sie ihnen überliessen. Die Preise für Yachten sind in Mexiko derzeit nach der Pandemie am Boden. Die Werften sind voll davon. Viele Amis segeln nach Mexiko und verkaufen bald darauf ihre Yacht, weil es zu mühsam ist sie wieder in den Norden zu segeln. Somit ist der Markt richtiggehend überschwemmt. Doch aufgepasst: Steht eine Yacht zu lange in extremer Hitze an Land, geht vieles kaputt. Fensterdichtungen trocknen aus, Seeventile werden undicht, Teakdecks trocknen aus, Lacke lösen sich vom Holz und so weiter.

Für Weihnachten ist vereinbart, alle bereiten etwas Leckeres zum Essen zu. Da von Dezember bis März die Temperaturen unter die Gürtellinie fallen, ich rede von tagsüber angenehmen 25 Grad und nachts im Schnitt 15 Grad, findet die die Feier im geschützten Cockpit der Robusta statt. Wahrscheinlich lachst du jetzt. Doch nach so einem heissen Sommer kommt uns das kalt vor.

Ein lustiger ausgelassener Abend mit viel feinem Essen und etwas zu viel Alkohol wird in Erinnerung bleiben. Speziell der Fisch, auf den wir uns besonders gefreut haben, vergesse ich nicht so schnell wieder. Nach den ersten Bissen schauen wir uns verstört an. Niemand will diese zähen Monster mit der hässlich braunen Haut essen. Nun berichtet Alex, was ihm beim Braten schon komisch vorkam. Die Haut hätte sich gekringelt und dabei eine klebrige Flüssigkeit erzeugt. Die Fische wollten einfach nicht flach in der Bratpfanne liegen bleiben. Von denen hatte es am Riff die meisten meinte Kati. Im Nachhinein wird auch klar warum.

Isla Partida ist genial zum Wandern. Vor allem das Flussbett hochklettern ist eine spannende Herausforderung. Denk dabei bloss nicht an Wasser! Ausser Felsen, Stachelgestrüpp Kakteen Spinnen und Schlangen ist da nix. Oben angekommen, wirst du mit einer fantastischen Aussicht in alle Himmelsrichtungen belohnt!

Das Wasser ist wie in der Karibik türkisblau und immer noch angenehm warm. Schildkröten, Schwärme von kleinen Fischen und Rochen, auf die du auf keinen Fall treten darfst, beobachten wir mit Schnorchel und Taucherbrille. An den Riffen tummeln sich auch grössere Fische und Seehunde. Doch nichts ist vergleichbar mit den bunten Korallen der Südsee. Taucher berichten jedoch, das spezielle an der Sea of Cortez ist, die Im untiefen Wasser sammeln wir Muscheln und bereiten damit leckere Speisen zu oder essen sie roh mit Limettensaft.

Das Wetter schlägt um. Eine Front bringt westliche Winde was bedeutet, dass der Schwell direkt in die Bucht reinlaufen wird. So hauen alle Yachten ab, um in einer andern Bucht Schutz zu finden. Silvester wollen wir eh in La Paz mit Freunden in der Tequillas Bar feiern. So nutzen wir die Front um zügig nach La Paz zurück zu segeln.

December 9 2022

Ankerpause mit Werkzeug

Die nächsten Tage sind wir mit kleineren Wartungsarbeiten beschäftigt.

Ich habe mich an Deck eingerichtet. Doch nach wenigen Minuten brennt mir die Sonne bereits zu stark auf die Rübe. So spanne ich ein Sonnensegel. Ist nicht ganz einfach, denn am Anker dreht sich die Robusta immer wieder mal und der Schattenplatze wandert entsprechend.  Thomas räumt die Backskisten auf und putzt diese gründlich. Der Holzrost sieht übel aus. Den streiche ich mit einer unmöglich pampigen Farbe, die sich schwer zwischen den Latten verteilen lässt. Dachte diese Arbeit dauert etwa eine Stunde. Falsch gedacht, ich war den halben Tag damit beschäftigt. An den hölzernen Steckschotts blättert die Farbe ab. Kratze und schleife den Lack ab und male sie anschliessend  mit Zwei-Komponenten-Klarlack (verliert den Glanz wenn an der Sonne verarbeitet.) Dieser Prozess wird dreimal wiederholt. Ich schaffe bei diesen Temperaturen zwei Anstriche pro Tag. Das ist genial. Das schöne hölzerne Steuerrad schreit förmlich nach Nahrung. Durch die trockene Luft der Wüste ist es total ausgetrocknet. Für die Pflege verwende ich Leinöl. Dabei bin ich immer etwas besorgt, denn die Lappen können sich entzünden. Freunde haben ihre Holzböden damit geölt und die Lappen in den Müll geschmissen. Dann ist ihnen die ganze Bude abgefackelt. So entsorge ich sie in einer gut verschliessbaren Dose und transportiere diese noch am selben Tag zum Müllcontainer an Land. 

Thomas nimmt sich den Rumpf vor, worüber ich sehr froh bin. Er taucht , an einer Leine um den Bauch an der Robusta festgebunden, mit Schnorchel und Taucherbrille etliche Male ab. Dabei wird er von all den kleinen Lebewesen die sich im Bewuchs eingenistet haben attackiert. Krill kriecht in die Ohren und hängt in der ganzen Frisur! Nach einer Stunde Schwerstarbeit wird die Gezeitenströmung bereits wieder zu stark. Der Bewuchs ist so dicht, dass unsere Freundin Paola mit ihrem Tauchkompressor den Job fertig machen muss. Immerhin ist ein grosser Teil der Arbeit bereits erledigt.

December 4 2022

La Paz zum Zweiten


Die Anfahrt in die Lagune ist wegen starken Strömungen und Untiefen nicht ganz Ohne. Zudem herrscht oft viel Verkehr, verursacht durch Hochseeyachten, Cargo Schiffe und die rasenden Pangas, die Touristen für allerlei Abenteuer zu den schönen Stränden mit türkisfarbenem Wasser bringen. Ein Beispiel, das Seezeichen, welches letztes Jahr fehlte – fehlt immer noch. Also aufgepasst!

und was ist hier los????

In der Lagune von La Paz liegen an die hundert Yachten vor Anker. Die Marinas sind prall voll. Da Mexiko während der Pandemie immer offen war, hat sich ein Stau gebildet. Für uns ist klar, wir werden ebenfalls ankern. Diesmal wählen wir einen Platz im Norden der Lagune. Bei den Mangroven gibt es allerlei Vögel und Delfine zu beobachten. Dort bläst der Wind meist ablandig und erzeugt deshalb keine Wellen. Der Nachteil liegt bei der Distanz zur im Zentrum gelegenen Marina La Paz. Dazwischen liegt eine lange Sandbank die während Ebbe für eins bis zwei Stunden knapp bis nicht passierbar ist. In der Marina kannst du das Dinghi gegen Bezahlung sicher parken. Das ganze Gelände ist eingezäunt und mit Kameras überwacht. Zudem sorgen Nachtwächter für Sicherheit. Mit unserem PortaBote Dinghi, mit dem zwei Pferde Motor bestückt, dauert die Überfahrt je nach Strömung etwa zehn Minuten (1.2km). Wir sind nach wie vor glücklich dieses kleine, leichte Faltboot angeschafft zu haben. Es prescht genauso sicher, nur etwas langsamer als andere Dinghies durch die raue See – jedenfalls bis auf den Vorfall als Thomas allein vom Ausgang kam…. (ich darf keine Details dazu erwähnen. Das musste ich versprechen). Lustig ist jedoch, wie die Story noch immer die die Runde macht. Immer wieder kommt uns diese Anekdote in den buntesten Versionen zu Ohren und entfacht angeregte Diskussionen zum Thema Sicherheit. Wenn sich Thomas dann zu erkennen gibt, hat schon so mancher einen Lachanfall gekriegt. Aber stimmt schon, denn die Lagune von La Paz hat’s echt in sich. Starke Gezeitenströmungen bis zu vier Knoten, können die See speziell bei Wind gegen Strom, kräftig aufwühlen. Nicht auszudenken, was da alles geschehen hätte können.

So nun freuen wir uns auf die Stadt. Doch erst statten wir den umliegenden Nachbarn einen Besuch ab, um uns bekannt zu machen. Tauschen Telefonnummern aus, die einen quatschen mit uns über die Reeling gelehnt, während wir uns wegen der Strömung angestrengt an deren Yacht festklammern und dabei nass werden. Andere sind freundlicher. Sie laden uns gleich spontan ein in ihr Cockpit zu klettern. Diesbezüglich gehören wir eher zu den freundlichen Seglern. Besuch erfreut uns immer. Einfach nicht vor 10 Uhr morgens. 

Für den Sonnenuntergang knattern wir in die Stadt und mischen uns nach zwei Monaten in völliger Abgeschiedenheit der Baja California, voll in den Kontrast. Schlendern dem wunderschön gestalteten Malecon (Strandpromenade) entlang und saugen all die Eindrücke ein. Kunstwerke, Spielplätze, Fressbuden auf Rädern und all die Restaurants und Bars aus denen laute Beatz sich mit den wummernden Bässen der vorbeifahrenden Autos vermischen. Kinder vergnügen sich auf Skateboards und mit allerlei kuriosen Gefährten zum Mieten. Inmitten so vieler vergnügter Menschen den Sonnenuntergang zu bestaunen, fühlt sich toll an.

Es ist noch früh. So laufen wir zu Toms Haus um ihn spontan zu besuchen. Zu unserer Überraschung ist dort die ganze Bande zum American Football schauen versammelt! Wie cool, alle sind da! Toms Hütte und Garten sind brechen voll. Es gibt viel zu erzählen und wir fühlen uns, als wären wir zuhause angekommen.

November 30 2022

Tingeln zurück nach La Paz

Während den nächsten zwei Monaten ankern wir in vielen Buchten entlang der Ostküste der Baja California. Faszinieren tun uns vor allem die Wälder aus riesigen Cardon Kakteen mit ihren charakteristisch emporragenden Armen. Die kennst du bestimmt aus den Lucky Luke Comics. Die bis über zwei tausend Meter in den Himmel ragenden Berge, glühen in der Abendsonne in Rot- und Goldtönen. Nachts durchbricht das Heulen der Kojoten die Stille. Wahnsinn wie viel Leben in solch einer kargen Umgebung vernehmbar ist. Tagsüber streifen wir oft stundenlang mit Freunden der Seglerkarawane durch die Pampas. Eine fast homogene Gruppe aus Nordamerika. Gute Lederschuhe mit fetten Sohlen, die vor Stacheln schützen, müssen wir erst wieder ganz tief aus dem Bauch der Robusta graben. Lange Hosen und Hemd schützen vor allerlei Insekten wie Sandflöhe, Feuerameisen, Spinnen, Skorpione und die nervigen Moskitos, die hier nach der Hurrikan Saison das Dengue Fieber übertragen. Obwohl allerlei Stachelgestrüpp die zerklüfteten Felsformationen überwuchern, geht es einigermassen gut zum Wandern. Das “einigermassen” bezieht sich auf die teilweise sehr lockeren Steine in den Felsen.

Die Pandemie scheint nun vorbei zu sein. Nach und nach öffnen Länder ihre Grenzen. Für einige Staaten gelten jedoch strengere Einreisebestimmungen als vor dem Lockdown. Sieht so aus als kommt wieder Bewegung auf. Uns Segelnden Wesen wachsen akut die Seebeine nach. Träume über den Horizont zu segeln, werden bald Realität. Doch nicht alle trauen der Lage. Es wird rege diskutiert und freudig Pläne geschmiedet. 

Um von Mexiko nach Europa zu gelangen, wäre eine Möglichkeit via Panama Kanal in die Karibik und weiter nach Europa. Bis Panama sind die Windverhältnisse wechselhaft und schwach. Sowas bedeutet viel Strecke unter Motor zurücklegen. Der Panamakanal wäre super spannend. Wenn ich mir vorstelle, mit der kleinen Robusta zwischen riesigen Frachtpötten durch die sechs Schleusen zu schippern, kräuseln sich die Haare an meinen Beinen. Diese Idee verwerfen wir jedoch schnell. Einerseits schrecken die hohen Kosten für den Kanal ab, und wegen der Hurrikan Saison ist die Zeit von sechs Monaten sehr knapp, um von Mexiko bis durch die ganze Karibik erneut in die Hurrikan freie Zone zu gelangen. Oder über Polynesien – Asien – Somalia – Suezkanal um nach Europa zu gelangen. Doch da sind die Piraten und im Nahen Osten ist die Lage immer angespannter. Alles andere wäre noch viel weiter. Was wird aus der Robusta wenn wir endlich in Europa angekommen sind? Wir Schweizer wohnen zu weit vom Meer entfernt. Traurig, aber eine Tatsache mit der wir leben müssen. Immer mehr entwickelt sich der Plan, zum Abschluss unseres Abenteuers, nochmals nach Kanada zu segeln und das Schiff dort verkaufen. Unser Stahlkutter passt perfekt in die hohen Breiten. Von Mexiko nach Kanada zu Segeln ist jedoch eines der schwierigsten Unterfangen. Zu den Herausforderungen zählen Starke Strömungen, Gegenwind und unbeständiges Wetter. 

Doch erst müssen wir beide nochmals nach La Paz zum Zahnarzt. Die Implantate sollten jetzt eingeheilt sein, um die Kronen zu setzen.

 

November 1 2022

138 Jahre Santa Rosalia

“Das Dorf das nicht sterben wollte”

Mir gefällt das kleine Kaff ausserordentlich! Thomas hat nicht zu viel versprochen. Komme mir vor wie in einer Filmkulisse aus einem Wild-West-Film. Eigentlich komisch, denn die Stadt wurde von Franzosen gebaut. 

Mittlerweile ist die Marina voll. Thomas hat mit den meisten von ihnen den Sommer im Norden verbracht. Tagsüber herrscht emsiges Treiben. Ersatzteile werden angeschafft, Segel repariert, Sägen kreischen, Staubsauger, Bohrer und Kärcher dröhnen zwischen den Yachten. Wäsche waschen und sogar ganze Motoren werden zerlegt. Alle sind mit mehr oder weniger grossen Problemen beschäftigt. Thomas hängt ganz oben im Mast, um die Funkantenne zu reparieren und kontrolliert gleichzeitig die Wanten und Fallen. Ich habe mich mit der Nähmaschine auf dem Steg ausgebreitet. Die Reisverschlüsse am Deckshaus müssen ersetzt werden. Der Aussenborder vom Dinghi bekommt ebenfalls Pflege. Die Wartung vom Scheisshaus haben wir uns aufgeteilt. Entschuldige die Ausdrucksweise. Doch es ist eine grässlich stinkige Arbeit. Das Gemisch von Salzwasser – Pisse – und Kacke erzeugen hartnäckige Ablagerungen in den Leitungen.  Und leider verirren sich manchmal kleine Fische durch den Ansaugschlauch der Spülung im System und beginnen fürchterlich zu stinken. Der Natur zuliebe bitte nur mechanisch reinigen. Um Robustas Bauch vom Bewuchs zu säubern, haben wir einen Taucher engagiert.

Während der nächsten Woche findet allerlei statt. Amerikaner planen in der Marina eine Halloween Party, Santa Rosalia feiert Geburtstag und am folgenden Wochenende ist der Dia de Muertos (Tag der Toten). In der kleinen schmucken Stadt herrscht Hochbetrieb. Bühnen, Marktstände und mehrere antike Kirmesbahnen werden aufgebaut. Ich schwöre, die wären in keinem anderen Land mehr funktionstüchtig. Doch der Mexikaner repariert alles, was noch so hoffnungslos erscheint! Bevor die Menschenmassen für das Fest in die kleine Stadt strömen, fährt ein Lastwagen jede Strasse ab. Beladen mit einem laut knatternden Generator und einem Fass gefüllt mit Chemikalien, aus dem ein Arbeiter per Kompressor dichten Nebel in jeden Winkel versprüht. Gleichzeitig  weist er per Megafon die Bevölkerung an, alle Fenster zu öffnen. Und schon legt sich ein übel stinkender Schleier über die Pizzas und unsere Körper. Die Aktion dient als Prävention zur Ausbreitung von Denguefieber, welches durch Mücken übertragen wird.

Die Festivität beginnt mit der MissSantaRosalia Wahl. Cool finden wir, dass nebst Schönheit viel Wert auf Sympathie und Auftreten gelegt wird. Zum krönenden Abschluss spielt die Big Band «Banda Limon». Das Publikum tanzt und tobt vor Begeisterung ausgelassen. Dezibel Begrenzung kennt hier keiner. Unsere Ohren bimmelten danach noch tagelang.

Am Tag der Toten «Dia de los Muertos» wird es wieder ruhiger. Kinder präsentieren ihre kunstvoll gestalteten Kostüme. Danach, in der Nacht vom 1. November gehen Familien auf den Friedhof. Die Gräber werden mit Kerzen und Plastikblumen dekoriert, Angehörige bringen die Lieblingsspeisen für die Verstorbenen mit, um ihre Seelen anzulocken. «Cempasuchil», der Duft der Ringelblume wird ihnen den Weg in die Welt der Lebenden weisen. Anders als auf den Gräbern handelt es sich hier um echte Ringelblumen, sonst würde das mit dem Lockduft ja nicht funktionieren.

Zwei Wochen später ziehen die meisten von uns weiter in Richtung Süden, um auf dem Weg nach La Paz in den vielen geschützten Buchten der Baja California zu ankern. Santa Rosalia hat uns sehr gut gefallen.

 

 

October 25 2022

Morgen beginnt heute

Die Hurrikan Saison nähert sich dem Ende. Der Wind weht von nun an bis im Frühjahr hauptsächlich aus Nord, was die ätzende Hitze endlich weichen lässt. Im Norden vom Golf von Kalifornien (Mar de Cortez), kann es im Winter sogar empfindlich kühl werden. So wälzt sich die Segler-Karawane mit dem Rhythmus der Natur gegen Süden. Die Festtage planen einige in La Paz oder noch weiter südlich wie Mazatlán oder Puerto Vallarta zu verbringen. Dort ist es selbst im Winter angenehm warm. Ab Mai, wenn der Wind wieder dreht, fliehen die Segler in den Norden, raus aus der gefährlichen Hurrikan Zone.  Aus Sicht der Versicherungen dauert diese vom Juni bis November. Nördlich von Santa Rosalia treten Hurricane selten auf. Einige deponieren für diese Zeit ihre Yacht in einer Werft und reisen für diese Jahreszeit nach Hause. Somit schliesst sich der Kreislauf der Mar de Cortez Runde. Wir lernen Leute kennen, denen gefällt Mexiko so gut, dass sie bereits mehrere Jahre diese besagte Runde – von der Wüste zum tropischen Regenwald und zurück, gedreht haben.

Mexiko ist ansonsten der Absprungort für grössere Reisen. Entweder via Panamakanal in die Karibik oder wer sich auf eine Weltumsegelung einlässt, zieht von hier über den Äquator westwärts. Zum Beispiel nach Polynesien, was während den letzten zwei Jahren wegen Covid19 nicht mehr möglich war. Auch wir machen uns Gedanken über die Zukunft. Dabei ist die Westküste von Kanada  immer wieder in Erwägung geraten. Doch ist es eines der schwierigsten Routen von Mexiko in den Norden zu gelangen. Nicht jede Crew oder Yacht ist fähig, diese lange Etappe gegen Wind und starke Strömungen zu meistern. Wir waren bereits dort, doch während das Covid19 Virus grassierte. Damals durften wir nur durchreisen. Ohne einen Fuss an diese bezaubernde wilde Insellandschaft zu setzten. 

Doch erstmal geniessen wir das seltene Ereignis, sicher im Hafen von Santa Rosalia zu liegen. Es handelt sich um eine kleine staatliche Marina mit 20 Liegeplätzen. Einen Monat hier zu liegen, kostet gleich viel wie eine Woche sonst wo in Mexiko. Eine schöne grosse Dusche, obwohl Wasser in der Baja California Gold wert ist, und zu unserem Erstaunen befindet sich sogar ein kleines Schwimmbad auf dem Dach! Mit der Waschmaschine hatte ich jedoch Pech. Jemand vor mir hat offensichtlich seinen Hund darin gewaschen. Weisse lange Haare haften nun an der ganzen Wäsche. An der Menge nach zu beurteilen, handelt es sich um einen sehr grossen Hund. Ich weiss wem der gehört….. wer mich kennt, weiss, dass ich Hunde liebe.