October 28 2016

Rousta schwimmt wieder!

Danke für die angenehme Zeit in der Marina Reloncavi! Nur die Waschmaschine hat genervt. Mario, Christian und Dave, merci für das tolle Wochenende auf der Insel Peluqui wo auch Stepkes Weiterreise zu den Palmenstränden gefeiert wurde! So nun ist die Flotilla endgültig getrennt! Hoffen, dass sich unsere Wege demnächst in der Südsee wieder kreuzen! Wir bleiben jedenfalls bis ans Lebensende im Kontakt.
Gute Reise Stepke und viel Sonnenschein für die Seele und den weissen Pinguinbauch!

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September 14 2016

Wartungsarbeiten in Puerto Montt

So nun ist es erst mal  fertig mit faul auf der Yacht durch die wunderschöne Landschaft Patagoniens zu schippern. Berge gucken, in Caletas liegen, Regentropfen zählen und starke Winde abwettern gehören nun der Vergangenheit an. Jetzt wird gearbeitet! Die Robusta wurde im Yachtclub Reloncavi an Land gehievt. Der Termin hat wie versprochen geklappt. Das Kranen mögen wir gar nicht. Ist ja auch kein Wunder, denn in Salvador ist die Robusta runter gefallen. Mit grossem Glück direkt ins Wasser! Na ja, kann ja nicht sein, dass sowas zwei Mal in einem Leben geschieht. Die Anlage sieht recht modern aus. Beim genaueren Hinschauen entdecke ich, dass es sich beim Kran um das selbe Modell wie in Brasilien handelt. Irgendwie scheint der Rumpf der Robusta ein Problem darzustellen. Alle jammern wenn sie den fetten Langkieler aus dem Wasser heben sollen. Der Rumpf ist von hinten bis etwa zur Mitte gerade und dann zum Bug langsam gegen oben gekurvt. Das macht es schwierig den optimalen Punkt zu finden, damit sie nicht nach vorne kippt oder die Gurte weg rutscht. Wichtig ist eine Spring an die Gurte zu legen. Rückwärts zwischen die beiden Stege der Krananlage einparken war überhaupt nicht lustig. Der Ebbstrom hat bereits wieder eingesetzt. Nach etlichen Versuchen hat Thomi das Steuer übernommen und ich musste das Feld als Verliererin räumen. Typisch Frau am Steuer,  mussten die Werftarbeiter wohl gedacht haben. Das hat mich natürlich recht angepisst. Na ja, immerhin hat nun alles bestens geklappt. Unsere Eingeweide haben sich wieder entspannt und die Wartungsarbeiten können in Angriff genommen werden. Doch wie nicht anders zu erwarten, regnet es in Patagonien in Strömen. Auf der Werft sind bis jetzt nur  Aleko und Sepke am arbeiten und ein Paar aus Frankreich, das mit ihrer wunderschönen hundert Jahre altem Holzyacht bereits schon seit zwanzig Jahren die Weltmeere bereist. Sie werden mir in ewiger Erinnerung bleiben. Beide haben auf einem Frachtschiff gearbeitet und dort die Liebe zur See entwickelt. Er meint entschlossen, er werde in seiner Koje sterben! Ein bewegendes Thema, aber ein schönes Lebensziel wenn ich mir das so überlege! Diese Leute wissen was sie wollen. Sie wollen gesund bleiben und segeln!
Hier stellen wir fest, wie erholungsbedürftig unsere Körper von den Strapazen der vergangenen Monate sind. Über sieben Monate in der Kälte, dauernd der Anspannung ausgesetzt zu sein, wo ist der nächste gute Ankerplatz, hält der Anker? Immer unterwegs sein, sich immer wieder neu zurechtfinden und die vielen Eindrücke allgemein sind nicht ohne Erschlaffungserscheinungen an uns vorbeigegangen. Darum empfinde ich das  Leben auf der Werft mal als eine spannende Abwechslung. An einem Ort zu bleiben, bringt mal etwas Ruhe in den Alltag.
Auf einer Werft treffen die verschiedensten Abenteurer aufeinander. Nach und nach trudeln sie ein. Alte Bekannte, wie die Crew der Kalibu wieder zu sehen freut uns besonders.  Unsere Flottille  trennt sich nun leider. Aleko will nochmals dringend das Caletaerlebnis mit möglichst viel Regen, Starkwind und Kälte durchleben.  So wird er schon bald nochmals in den Süden segeln. Stepke hasst Kälte und Regen und will so schnell wie möglich den nächsten Palmenstrand ansteuern. Kalibu sind sich noch nicht einig wohin ihre Reise weiter gehen soll. Meine Freundin wird uns im November in Chile besuchen kommen. Mit ihr wollen wir nochmals die Kanäle besegeln, bevor die Winde uns in die Südsee tragen.
Aber eben, erstmal liegen noch Wartungsarbeiten an. Mehrere Regentage zwingen uns  erst mal innen Klarschiff zu machen. Entrümpeln, Wäsche waschen, Ordnung schaffen, Bücher aussortieren, Winterkleider wegpacken. Dabei entdeckt Thomi eine nasse Gammelecke! Die Hundekoje! Während der ganzen Reise durch Patagonien war diese mit allerlei Material vollgestopft. Darum blieb diese feuchte Ecke unentdeckt. Es tropft von der Decke! Die Seekarten sind aufgeweicht! Die Matratze nass und  grau gefleckt. Auch wir sind nicht verschont geblieben! So ein Mist. Alles Material wird mal aus dem Schiff in den Regen geschmissen. Holzwände ausgebaut um die Ursache des Wassereinbruch zu erkunden. Macht dann besonders Spass gammeliges Tropfwasser zu testen um zu erkunden, ob es sich um Salz- oder Süsswasser handelt. Die Analyse ergibt glücklicherweise, dass es sich um Süsswasser handelt. Die Hundekoje ist nur an einer Wand nicht isoliert! Schon nahm das Drama im kalten Süden seinen Lauf. Es muss demzufolge Kondenswasser sein.  Das ganze Material, was noch zu retten ist, wird mit Essig und Chlor abgewaschen. Ersatzteile, Kilometer Kabel  und lauter Krimskrams. In die Schrauben- und Nagel- und Werkzeugkisten  ist der Gammel glücklicherweise nicht vorgedrungen. So nun blüht uns wohl die Hundekoje auch noch wie Aleko und Stepke  mit Prinzessinnen Puzzleteilen zu isolieren. Diese Dinger eignen sich  wirklich perfekt und sind erst noch billig. Jogamatten gibt es in Chile auch super günstig und sind auch perfekt zum isolieren! Alles beim Sodimac erhältlich.
Das ist wohl die Strafe, wenn über andere gelacht wird.
Nach der Regenperiode steht positiv ausgedrückt “Stahlpflege” an. Die Grundierung ist schon aufgetragen. Doch schwarze und rote Farbe scheint es in Chile nicht zu geben! Mit Versand auch nicht möglich zu bestellen. Die Schwimmwesten sind beim letzten Ausflug mit Freunden auch alle explodiert, weil sie auf dem Dinghiboden liegend etwas Wasser abbekommen haben. Die Gaspatronen sind bis jetzt nirgends erhältlich und dürfen auch nicht in ein Flugzeug. Bravo. Und jetzt? Über Bord fallen verboten? Ach und die Mäuse vom Estero Paillard haben die Rettungsleine zerstört! Es hängen nur noch kleine maximal dreissig Zentimeter lange Fetzen auf der Rolle. So gibt es wiedermal mehr zu tun als erwartet….
Muss die Robusta nun schwarz – weiss gefleckt im Schweizer Kuhlook in die Südsee???


Fotos gibts leider auch keine, da die Kamera ins Wasser gefallen ist.

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September 10 2016

Flucht aus der Stadt

Eigentlich wollten wir nur den Estero Reloncavi nahe von Puerto Montt erkunden. Dies sei nur bei schönem Wetter möglich. In dem zwischen hohen Bergen eingebettete Tal, entwickeln sich bei Nordwindlangen extreme Fallwinde, warnen uns die lokalen Skipper. Doch der Nordwind zerrt schon wieder kräftig an der chilenischen Gastlandflagge, so dass das ganze Rigg ins Singen kommt. Darum liegt mal kurz eine spontane Planänderung an. So rauscht die Robusta schon wenige Stunden später auf Südkurs mit über sieben Knoten durch den Paso Quellin in den Golfo de Ancud. An die Zarpe der Armada denken wir erst wieder Tage später….


Die Einfahrt von Puerto Bonito, zwischen hohen wolkenbehangenen Felswänden, ist kaum auszumachen. Ist die Seekarte wieder mal verschoben? Erst in letzter Sekunde mache ich die Lücke mit dem kleinen Strand und den verlotterten Hütten aus. Robusta liegt nun vor Anker. Puerto Bonito erscheint auf den zweiten Blick eher einer Geisterstadt aus dem wilden Westen. Zwei abgemagerte Kühe suchen zwischen Plastikmüll nach Grashalmen. Von einer verrotteten Veranda gackern ein paar Hühner, zwei Katzen und ein Hund mit Welpen nagen an einem halb verwesten Pelikan. Die meisten der eher provisorisch gebastelten Behausungen scheinen nicht bewohnt zu sein. Aus keinem der Kamine steigt Rauch empor. Auch in den Hütten mit einigermassen ordentlichen Scheiben aus Plastikfolie scheint niemand zu sein. Eigentlich ein traumhafter Ort, läge da nicht all der Müll. Bis der Sturm abgezogen ist, liegen wir hier sicher.

An meinem Geburtstag, ach wie kann es nur möglich sein, sie folgen immer schneller aufeinander, verbrachten wir bei den heissen Quellen im Estero Cahuelmo. Sie sind  nur mit dem Dinghi und bei hohem Wasserstand erreichbar (ca. drei Stunden vor und nach Hochwasser). Der Tidenhub beträgt beachtliche sechs Meter!  Wir hocken sechs Stunden in den heissen Badewannen! Die Birne ist danach entsprechend weich gekocht! Nach den letzten neun kalten Monaten ist das eine echt absolut hammer geniale Sache!!!! Robusta ist derweil zwei Seemeilen entfernt an einem Felsen festgezurrt. Dort an der Nordseite des Estero, in einer Felseinbuchtung, haben Fischer eine lange Leine gespannt.
Weitere heisse Quellen soll es etwas nördlich in Los Banos geben. War aber eine echte Enttäuschung nach dem tollen Erlebnis in Cahuelmo. Eine kleine Hotelanlage mit Betonpool und im Haus befinden sich komune Plasikbadewannen die mit dem heissen Thermalwasser gefüllt werden. Kosten tut der Spass um die 15 Euro. Wir sind dann gleich nach Hornopiren weiter gesegelt. Ein Ort der unter dem mächtigen gleichnamigen Vulkan liegt. Der Ankergrund ist echt mies. Sind auch grad mal im Sand festgesteckt. Die Wassertiefe im Flussdelta sinkt von 30 Meter rapide auf sozusagen null an. So fragen wir einen kleinen Frachter, ob wir an ihm fest machen können. Mitten in der Nacht, nachdem die Crew ausgetauscht ist, legen sie wieder ab. Doch dürfen wir an ihrer Boje liegen bleiben.

Durch dicke Fensterscheiben gucken sie mit ängstlichen Augen nervös ins Ungewisse. Wie ihre Zukunft aussieht, ist für alle klar.  Wie kann es anders sein, die kleinen ängstlichen Wesen sind weitab ihrer natürlichen Umgebung geboren. Nämlich in einer Lachsmästerei mitten im Dorf, direkt am Fluss. Dort verbringen sie die ersten Lebenswochen mit 24 Stunden künstlichem Licht.  Sie müssen üppige proteinreiche Nahrung in Pulverform zu sich nehmen und werden prophylaktisch mit Antibiotika vollgestopft. Die um einen Kubikmeter grossen rechteckigen Behälter werden von einem Lastwagen in eine Fähre geladen. Im Alter in dem sie fähig werden sich an Salzwasser zu adaptieren, geht die sonst so abenteuerliche Reise, von erst kleinen Bergbächen mit heftigen Stromschnellen über Wasserfälle durch immer grössere Ströme bis zum grossen Ozean, nun aber direkt mit einem Frachter in eine im Salzwasser gelegene Salmonera. Hier vegetieren sie nun in einem eingegitterten Becken, mit wenig Bewegungsraum, eingepfercht mit tausenden Leidensgenossen. Die US-amerikanische Food and Drug Administration hat am 19. November 2015  die Zucht von genmanipulierten Lachsen, die doppelt so schnell schlachtreif sind, erstmals ein genverändertes Tier als Lebensmittel zugelassen. Der Übeltäter der den Antrag gestellt hat, ist die Firma AquaAdvantage. Sie betreiben Zuchtstationen in Kanada und Panama. Guten Appetit! Ein Kreuzfahrtschiff entlässt aus seinem Rumpf  Touristen auf Shopping- und Fotoschiesstour. Groteskerweise sind die Möven für sie die grösste Attraktion, die das überschüssige Futter der Mästerei aus dem Fluss picken.
Darauf müssen wir erst mal einen trinken!
Am Freitag Abend muss doch auch in einem Kaff wie Hornopiren der Bär los sein. So finden wir auch gleich einen Schuppen in dem Billard gespielt wird. Cool. Doch die Regeln sind ganz anders als wir sie kennen. Egal. Fünf Billardtische, eine Bar, im Zentrum des Lokals ein Holzofen der aus allen Ritzen qualmt, da der Capo altes bemaltes Schrottholz darin verbrennt. Mit den anderen Spielenden kommen wir schnell in Kontakt. Auch sie wollen den angebrochenen Abend noch bei Tanz geniessen. Die jungen Männer leben nicht hier. Sie sind alle von Chiloe. Arbeiten für jeweils zwei Wochen in einer der Lachsmästereien und verbringen jeweils zwei Wochen Freizeit in ihrer Heimat. Der lustige Tanzabend endet fast in einem Drama. Die Jungs, die auf einem Arbeitsboot der Firma schlafen das an einer Boje hängt, behaupten noch am früheren Abend, dass sie einfach anrufen können und jemand holt sie dann an Land ab. Doch morgens um halb sechs scheint dieser tolle Service nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Ein Kollege meint eine Abkürzung zu kennen. Wir folgen ihm nicht. Die anderen bringen wir mit unserem Dinghi heil aufs Arbeitsschiff. Per Mail kommt nachmittags um drei die Nachricht, dass Henri jetzt auch wieder aufgetaucht sei. Er musste sich ein kleines Ruderboot “ausleihen” um auf’s Arbeitschiff zu gelangen. Doch die Strömung war so stark, dass es ihn abgetrieben hatte und er erst nach drei Stunden von einem Fischkutter, nass und durchgefroren, gerettet wurde!
Das Wetter ist nun super schön. So kann Henri sich wieder aufwärmen. Wärme tanken und ohne Regen im Flussdelta rumstreifen, wird ausgiebig genossen. Der Frühling macht sich langsam bemerkbar, doch die Freude währt nicht lange. Schon meldet sich eine neue Front aus Nord und eine geschützte Bucht muss gefunden werden!

Max* stimmt es auch traurig wenn Fischer in seinem Laden einkaufen und am nächsten Tag muss er die leeren Bierdosen und Weinkartons an seinem Strand einsammeln. Auf der kleinen Insel existiert keine Müllabfuhr. Alles was einigermassen brennt wandert in den Ofen. Den restlichen Müll nehmen sie ab und zu mit dem Transportschiff nach Hornopiren um ihn dort zu entsorgen. Max lebt mit seiner Frau und ihren beiden kleinen Mädchen auf der Insel. Drei Familien wohnen hier. Den Laden und das Haus hat er von seiner Familie übernommen. Er ist in Santiago aufgewachsen. Erst habe er sich furchtbar nach der Grossstadt gesehnt. Als Jugendlicher in der Abgeschiedenheit leben fand er gar nicht toll. Milna* ist auf der kleinen Nachbarinsel aufgewachsen. Heute würden die beiden niemals von hier weg wollen. Sie geniessen sichtlich das sehr einfache Leben. Strom gibt es erst ab 20 Uhr. Gekocht und geheizt wird mit dem Holzherd. Wasser ist ein Streitpunkt zwischen den drei Familien. Am höchsten Punkt der Insel steht ein grosses Sammelbecken. Doch dies reicht nicht für alle. Oft müssen sie sich Süsswasser auf anderen Inseln besorgen. Das in einer Gegend mit so viel Niederschlägen ist für uns schon etwas befremdend.  Die beiden Mädchen gehen nicht in den Kindergarten wie andere Kinder. Sie lernen mit ihren Eltern bereits Zahlen und Buchstaben mit bunten Heften. Lina* zeigt ganz stolz was sie schon alles gelernt hat, regt sich dabei auf, wenn die kleinere Schwester mal eine Seite in ihrem Lernheft mit Farbstiften verschmiert hat. (*Name geändert)
Wir sitzen in ihrer Stube, weil wir bei ihnen Eier kaufen und den Wetterbericht einholen wollten. Sie haben eine VHF Anlage (Short Range Funk) in ihrem Haus. Wir waren seit Tagen nicht mehr fähig, mit der Armada in Kontakt zu treten. Ohjeminee. Das gibt bestimmt wieder Mecke! Dabei sind wir ja schon wieder fast zwei Wochen von Puerto Montt weg. Das war überhaupt irritierend als wir von dort los sind. Ich habe die Armada für die Zarpe angefunkt, so sagt doch der Typ am anderen Ende der Leitung: Authorisation o.k! Fertig aus und amen ohne irgendwelchen Papierkrieg!? Unglaublich. Ob da ein Missverständnis vorliegt? Das wollte ich gar nicht erst in Erfahrung bringen. Da ist schon noch so nebenbei zu erwähnen, dass ich nur gesagt habe, wir fahren für eine Woche in den Estero Reloncavi. Nun bis wir hier gelandet sind, hat die Robusta bereits schon wieder nahezu 100 Meilen unter dem Kiel.
In wenigen Tagen steht der Krantermin in Puerto Montt an. Mal schauen ob es klappt.
 
 
 

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August 29 2016

Puerto Montt

Ein weiteres Etappenziel Robusta’s grosser Reise ist erreicht. Etwas wehmütig ist uns schon zu Mut. 2265 Seemeilen! Damit sich Landratten die Distanz auch vorstellen können, wären dies umgerechnet 4194 Kilometer was genau der Distanz zwischen New York am Atlantik und San Francisco am Pazifik entspricht. Hartnäckig gegen widrige Strömungs- und teilweise extrem starke Windverhältnisse mit hackiger Welle durch eindrucksvolle Kanäle, entlang an Felswänden, Wasserfällen und sogar zu gigantischen Gletscher.  Meist wehte der Wind auch noch aus der falschen Richtung und preschte direkt auf die Nase. Kälte macht uns nichts aus. Regentage mit Wolkenbilder und dampfende Wälder haben fast genau so seinen Reiz wie Sonnenschein. In Momenten in denen der  Kontakt zur Armada oder die vorgeschriebenen zwei mal täglichen Positionsmeldungen mit VHF oder mit Kurzwellenfunk nicht möglich waren, sind auch mal mulmige Gefühle hochgekommen. Was wenn die Segel reissen, der Motor streikt? Genau das betreffende Ersatzteil nicht dabei ist? Was wenn so tierische Zahnschmerzen aus dem Nichts lospochen oder sonst ein Notfall eintritt? Mich hat es einmal voll auf den Hinterkopf gehauen. Als ich über eine Landleine laufen wollte, die genau in dem Moment steif gekommen ist, wirbelte es mich durch die Luft. Wie im Trickfilm habe ich erst mal nur Sternchen gesehen….
Grössere Pannen sind glücklicherweise ausgeblieben!
Die Entscheidung den Winter auch noch in den Chilenischen Kanälen zu verbringen fiel recht schnell. Der ursprüngliche Plan war, Puerto Montt bereits im April statt erst im September zu erreichen. Doch das hätte viel Stress bedeutet und wäre von Puerto Williams natürlich nur auf direktem Weg und wohl auch zum grössten Teil nur unter Motor möglich gewesen.
Ja all diese Erinnerungen an die für uns faszinierendste, unwirtlichste Gegend der Welt, hinterlassen intensive Eindrücke die bestimmt in alle Ewigkeit nachklingen werden.


Hier in Puerto Montt wollen wir nun eine geeignete Werft finden, um Robusta wieder mal an Land zu stellen.  Einige Wartungsarbeiten stehen an. Das Unterwasserschiff reinigen, regelmässige Stahlpflege um es nicht mit Rostpflege auzudrücken,  die Segel sind auch stark beansprucht, da und dort muss eine Naht nachgenäht werden oder ein Flicken drauf genäht werden. Beim Sturmfock ist sogar das ganze Schothorn abgerissen. Dieses habe ich unterwegs  provisorisch mit Gurtband geflickt.
Wie sich bereits im Archipelago von Chiloe zeigte, sind die Preise für Liegeplätze in Chile recht deftig. Vor allem für uns Fahrtensegler die von keiner Pension leben und die Reise durch Erspartes finanzieren. Kommst du am Abend an, legst am nächsten Tag gerade wieder ab, werden glatt zwei Tage verrechnet. Segeln ist hier in Chile ein Sport für die super Reichen.
Beduin, Abraxas und Robusta legen  im Club Deportes Nauticos Reloncavi an um die Bedingungen auszuhandeln. Dort stehen auch die Kalibu, Mousse, Yaho schon seit einigen Monaten, während ihre Besitzer in Europa den Sommer geniessen oder arbeiten.
Alle im Club sind echt nett. Doch das es für kleine Yachten unter 10 Meter keine extra Preisabstufung gibt, hinterlässt einen bitteren Nebengeschmack. Die kleine Abraxas und Beduin sollen trotzdem in wenigen Tagen an Land gehievt werden. Wir hauen gerade wieder ab. Verlegen die Robusta erst mal auf die andere Seite des Flusses und liegen dort gemütlich vor der Kirche, tip top und erst noch kostenlos vor Anker. Mit dem nächsten gemässigtem Nordwind wollen wir nochmals raus aus der Stadt um die Kontinentalseite vom Golfo de Ancud zu erkunden.
Ein Termin und Preis um die Robusta an Land zu stellen sind ausgemacht. Auf einem Fresszettel stehen die Preise, doch der Krantermin wurde auch nach mehreren Hinweisen nirgends notiert. Zu dieser Jahreszeit soll alles kein Problem sein.
Wir werden’s sehen.

Nun beschäftigten uns viele Gedanken um die Zukunft. Einerseits bereitet die finanzielle Situation Sorgen. Wie weiter, was soll mit der Robusta und der Crew in Zukunft geschehen? Wohin und wie lange wollen oder besser gesagt, können wir noch segeln? Die Schweiz liegt ja bekanntlich nicht am Meer. Wenn wir zurück gehen, muss die Robusta leider verkauft werden. In Europa eine Yacht zu verkaufen ist seit einigen Jahren schon fast nicht mehr möglich. Der Markt ist überschwemmt. Jedoch die beste Zeit um ein Abenteuer zu realisieren! Da liegen tausende Yachten für wenig Geld. Doch wo ist der beste Ort um eine  originelle Fahrtenyacht aus Stahl, mit toller Heizung und fetter Isolation und mit Deckshaus gut zu verkaufen? Wo werden wir wieder arbeiten? Finden wir jemals wieder einen Job? Wie werden wir uns als Landratten integrieren? Das sind die Problemchen die uns momentan beschäftigen. So fliessen auch schon mal Tränen an die Vorstellung, dass unser Abenteuer irgendwann mal ein Ende haben wird.
Wo und wann ist vorerst noch unklar. Klar ist, dass wir es wieder tun werden!
Sollte jemand Geld übrig haben, könnte er eine sehr gute Tat tun und es an uns weiter reichen. Dann könntest du auch in Zukunft weitere Stories über die Robusta lesen!

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August 20 2016

Grenzerfahrung

Es regnet in strömen, Thomas setzt gerade Kaffee auf, Aleko bearbeitet seinen Sauerteig, Sepke kommt aus dem Klo gerannt und ich liege noch im Aufwachmodus in der Koje als von der Marina ein Gebrüll aus dem Megafon ertönt… was nervt er denn  jetzt schon wieder? Gestern schon hat er uns mit dem Megafon gerufen und aus dem Mittagsschlaf gerissen, wo doch alle total müde von der Überfahrt vom Golfo de Ancud etwas ausruhen wollten!

Robusta, Beduin und Abraxas liegen in der Nähe von der Marina Huelmo vor Anker. Das passt dem Chef der Marina natürlich nicht. Er will mit uns reden. Wir sollen doch am Steg festmachen. Dies sei sicherer. Wenn ich so die zusammengebastelte Stege betrachte, vertaue ich unserem Ankergeschirr aber hundert pro mehr. Nur schon beim Festmachen mit dem Dinghi kippt die eine Plattform seitlich weg, so dass ich fast wieder rückwärts ins Dinghi rolle und einen Sturz ins kalte Wasser knapp vermeiden konnte. Alle etwas gereizt, statten wir der Familie gezwungenermassen einen Besuch ab. Der Frau blitzten bereits die Dollarzeichen in den schönen grünen, etwas zu stark geschminkten Augen auf. Er, früher ein hohes Tier in der Armada, hat mit dem Bau der kleinen Marina seinen Lebenstraum erfüllt. Dass wir Segler mit kleinem Budget sind und die Reise durch unser Erspartes finanzieren, dafür scheint er nun Verständnis zu haben. So bietet Hector an,  unsere drei Yachten im Päckchen an eine der Bojen zu legen. Sollen ihm bezahlen was wir für angebracht halten. Duschen dürfen wir auch nutzen.

Toll, so liegen die Yachten während unserer Abwesenheit sicher an der fetten orangen Boje. http://www.costadehuelmo.cl

…erneut quäkt eine verzerrte Stimme aus dem Megaphon: Beeeeduin – Abbbbraxxxas – Rrrrobuuuusta…..Was ist denn los? Das Taxi wartet seit einer Stunde auf euch! Wie denn jetzt schon? Ist doch erst acht Uhr! Nein es ist nach neun. Zeitumstellung mitten im Jahr verpasst! Vier Minuten später hocken alle im Dinghi, Aleko mit leerem Rucksack, da er nicht wie wir schon am Vorabend gepackt hatte. Der Adrenalinspiegel steht nun endgültig hoch, als sich auf der Autobahn nun auch noch ein Stau bildet. Die 35 Kilometer bis zum Busbahnhof in Puerto Montt schaffen wir so nie! Die Tickets sind schon bezahlt. Punkt zehn Uhr hechten wir aus dem Taxi. Kann doch nicht angehen, der Bus ist weg! So überpünktlich ist ja schon fast unverschämt! Am Schalter erfahren wir, dass er eine Panne hatte und heute nicht fahren wird. So buchen wir die Fahrt nach Argentinien bei einer anderen Gesellschaft. Um 14 Uhr 30 soll es los gehen. Vier Stunden dauert die Reise über die Anden zum Ferienort Bariloche. Ha ha, das ich nicht lache!

Die Anspannung steigt. Das bequeme moderne zweistöckige Monster rollt nun langsam auf die Grenze zu. Stepke und ich sind uns gestern noch in die Wolle geraten, betreffend was wohl an der Grenze zu befürchten ist. Andere Segler berichten, dass sie Probleme hatten. Ich ertrage seine negativen Prophezeiungen nicht. Unsere Touristenkarten sind nun schon – oder erst – oder wie auch immer,  sechs Wochen übers Datum. Stepke und Alekos laufen übermorgen aus.

Sorry aber die Grenzerfahrung muss ich etwas ausführlicher beschreiben.

Der Busfahrer bittet alle Fahrgäste auszusteigen um sich ins Zollhaus zu begeben. Ohne Gepäck. Dort werden die Pässe kontrolliert und die Glücklichen bekommen einen Ausreisestempel von den Chilenen. Doch wie es scheint gehören wir erst mal nicht zu den Glücklichen. Thomas und ich werden an einen anderen Beamten mit mehreren goldenen Emblemen an der Uniform verwiesen. Wir hätten uns bei der DPI melden müssen bevor das Visum ausgelaufen ist. Ja das wissen wir, doch in den Caletas waren die nirgends vertreten. Und in Castro war der zuständige Herr im Urlaub. So reiche ich ihm nun die Zarpe, das Beweisstück worauf ersichtlich ist, wo wir uns die ganze Zeit aufgehalten haben und nicht etwa gearbeitet haben. Etwas”tiro al oreja” mussten wir schon einstecken bis dieser goldig geschmückte Mann, für die Wiederherstellung der Ordnung nun einfach zwei Ausreisestempel in unsere Pässe presst. Zwar beide mit dem selben Datum – aber auch o.k denken wir uns…. Nun gehören wir vorerst mal auch zu den Glücklichen!

Einreise am Argentinischen Zoll:

Wieder alle raus aus dem Bus zu Passkontrolle. Derweil macht sich ein Trupp mit einem Hund im Bus auf Schnüffeltour. Handgepäck wird ohne im Beisein der Besitzer durchwühlt!! Die Beamten picken einige Taschen raus. Lebensmittel werden alle konfisziert, darunter taucht auch noch ein Lachs, dürftig in eine Folie gewickelt, aus einer Handtasche auf. Vermutlich so ein Teil aus einer Zuchtstation. Die Beamtin behandelt das tote Fundstück mit einem Desinfektionsspray. Danach landet es würdelos in einer roten Mülltüte. Que pena! Nun wird der blonde Bello in den Gepäckraum des Buses geführt. Dort steht er desinteressiert mit hängendem Schwanz und guckt zu Herrchen. Er will lieber ein Leckerli. Der Beamte fischt etwa 20  Koffer raus. Wie die Kommunikation zwischen Hund und Herrchen verlief, ist mir schleierhaft. Diese Koffer wurden in einer fast zweistündigen Prozedur von Mister Perfekt  durchforstet. Eine Senora im Tigerkleid wehrt sich erfolgreich, dass der Beamte ihren Koffer nicht in Anwesenheit von Zuschauern untersucht.

Argentinische Bilanz:  zwei Müllsäcke voller Lebensmittel wurden konfisziert.

Schade, den schönsten Teil der Reise durch die Berge geht nun in totaler Dunkelheit weiter. In Bariloche, dem mondänem Urlaubsort der super Reichen, finden wir dank eines kleinen unauffälligen Fresszettel von der Busstation eine Übernachtungsmöglichkeit. Perfekt, 10 Euro pro Person. Carlos spricht deutsch. Nein seine Vorfahren kommen nicht aus Europa. Der kugelrunde Carlos war 25 Jahre in St. Moritz als Skilehrer tätig, wo auch mein Sohn geboren wurde.

Am nächsten Tag kommt Aleko in den Genuss  seiner aller ersten Fahrt mit einem Sessellift. Die Aussicht von oben ist gewaltig. Da kann St. Moritz im Engadin einpacken. Die Pisten haben wir aber nicht getestet. Hundert Dollar pro Tag. Skipass,  Ski oder Snowboard inklusive Klamotten haben wir uns dann doch nicht geleistet. Obwohl den Argentinier auf der Piste das Ohr abfräsen, hätte bestimmt riesigen Spass gemacht. Ein Reisender aus dem Bus hat mir empfohlen, die Colonia Suiza zu  besuchen. Dort sei alles genau wie in der Schweiz. Real gleicht die Colonia eher einem Sektor aus Disneyland. Verschiedene Stände an denen Schokolade und Walliser Bier verkauft wird (die sind eher für ihren Weisswein berühmt), der Bernhardiner mit dem Schnapsfass um den Hals gabs im Souveniershop und zu guter letzt für den Magen die grösste Herausforderung, natürlich noch das Käsefondue!

Auf der Rückreise folgt nun erneut die Grenzerfahrung. Diesmal in umgekehrter Reihenfolge.

Die Ausreise aus Argentinien ging schnell. Ausreisestempel holen, Hund wurde durch den Bus geführt und fertig.

Dann folgt die Einreise nach Chile:

Alle Fahrgäste aussteigen, ins Zollhaus. Sämtliches Handgepäck wird auf einem langen Tisch ausgelegt. Ein Hund wird mehrmals an den Taschen vorbeigeführt. Neben dem Reisebus sind nun alle Koffer auf einer riesigen Ablage ausgelegt. Nun muss Bello diese kontrollieren. Er schnüffelt recht interessiert, lässt seine schwarze feuchte Nase hoch motiviert über die Koffer schweifen, hebt das linke Bein und pisst mal schnell ergiebig an einen Koffer. Das war’s dann auch schon.

Chilenische Bilanz: Dauer der Kontrolle recht kurz, der motivierte Hund hat aber nichts gefunden.

Nun gehören wir endgültig zu den Glücklichen. Haben zum dritten mal die vollen 90 Tage Aufenthaltsgenehmigung erhalten.

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August 15 2016

Golfo de Ancud

So nun zieht es die Flotille über den Golfo de Ancud nach Norden. Das Wetter passt gerade optimal für die letzte Etappe bis zum Ziel in Puerto Montt.
Doch der  Golfo de Ancud bewies zum Abschluss nochmals so richtig, wie unbarmherzig die See und das Wetter in Südamerika sein kann. Statt der erwarteten 15 Knoten mit Böen bis 28 Knoten, fegte der Wind mit 40 Knoten aus Nord West über den Golf. Wegen der Strömungen baute sich eine steile See auf. Hagelschauer und Regen schränkten die Sicht zum Teil vollständig ein. Die fette Robusta wurde immer wieder so heftig überspült, dass vom Deck zwei volle 25 Liter fette, im Süll festgeklemmte Dieselkanister, über Bord gingen! Oh Schande. Das ist doch unglaublich. Wir hoffen noch immer, dass sie uns geklaut worden sind und jetzt nicht auf dem Meeresgrund liegen.


Die Verlängerung der Touristenkarte steht auch noch dringend an. Mehr dazu im nächsten Bericht. Doch erst mal ist Ausschlafen angesagt. Diese letzte Etappe hat uns echt geschafft.

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August 1 2016

Castro (Insel Chiloe)

In Castro angekommen, erblicken wir, dass unsere Touristenkarte seit vorgestern bereits schon wieder ausgelaufen ist. In grösseren Städten kann die Aufenthaltsbewilligung einmal um weitere drei Monate für 100 US-Dollar, ohne Ausreise aus Chile, unkompliziert verlängert werden. So jedenfalls für Europäer und Schweizer. Also rasen wir schnellst möglich in die „Governacion“. An der Türe des zuständigen Beamten hängt ein Papier auf dem vermerkt ist, dass er die ganze Woche im Urlaub ist. Was für ein Glück! Perfekt! Am Montag erscheinen wir wieder auf dem Amt. Doch der Herr verkündete er könne nichts mehr tun. Wir seien zu spät gekommen. Auch Hinweise auf das Papier an seiner Amtsstube liessen ihn nicht erweichen. Doch er meinte, wir hätten uns an jemanden anders wenden müssen. Ach ja, diese Möglichkeit tauchte aber dazumal schlicht nicht in unserem Gehirnwindungen auf. Bis wann ist noch Zeit zum ausreisen? Was passiert wenn die  Armada unsere  Pässe beim einholen einer Zarpe (Auslaufbewilligung) sehen will? Die Armada hätte diesbezüglich keine Beufugnisse. Für solch ein kleines Vergehen gebe es höchstens ein „tiro la oreja“ ein „Ohrenzupferli“. Was auch immer das heissen soll werden wir an der Grenze erfahren. Diverse Gerüchte kursieren in anderen Blogs von Seglern, dass sie Probleme bei der erneuten Einreise hatten. Jedenfalls ist es nicht ganz so einfach schnell mal nach Argentinien auszureisen. Die Robusta kann nicht unbeaufsichtigt vor Anker liegen. Die Wetterbedingungen sind dafür zu unbeständig. Zu oft treten starke böige Winde auf. Da müssen wir schon erst nach Puerto Montt in eine geschützte Marina gelangen.


So ziehen die Wolken über Castro und wir warten auf besseres Wetter. Kleinere in den letzten Monaten angefallene Reparaturen sind zu erledigen. Aleko und Stepke krampfen wie die Wilden. Sie isolieren nun endlich ihre Yachten sehr professionell damit sie nicht mehr frieren müssen, mit grossen Kinderpuzzleteilen aus dem perfektem Material mit Toy Story und Prinzessinnen Motiv. (Später wird Aleko  seekrank – wen wundert’s!) Gasflaschen füllen, Vorräte aufstocken, Wäsche waschen um nur ein paar kleine Beispiele zu nennen. Es ist schon immer unglaublich wie viel Zeit so etwas in Anspruch nimmt. Einen Schaltkasten für die Ankerwinsch zu finden ist ein Abenteuer in sich. Jeder Kran ist mit solch einem Schalter für „rauf- und runter“ versehen. Reparieren geht nicht mehr. Die Platinen sind vom Salzwasser völlig weg korrodiert, der Plastikkasten weist feine Risse auf und ist somit undicht geworden. Doch wo kaufen? In den Reisehandbücher sind jeweils die Kneipen, Museen, Sehenswürdigkeiten und Übernachtungsmöglichkeiten für Landratten aufgeführt. Doch wo befinden sich all die Lokale wo die Segler an Ersatzteile kommen? Jeder Baumarkt wird abgeklappert, jeder Elektrohandel, Eisenwarenläden und so weiter. Das alles zu Fuss oder allenfalls mit einem öffentlichen Bus. Irgend jemand kennt schliesslich den richtigen Laden: Ein Verkäufer vom Baumarkt telefoniert einer Kollegin, diese wiederum ruft einen Kollegen an  dessen Vater und so weiter….. Das ist doch noch echte Hilfsbereitschaft! So kann endlich wieder ein Schalter an das Kabel montiert werden. Was für eine Wohltat. Seit rund einem halben Jahr wird die Ankerwinsch bedient,  in dem die zwei betreffenden Kabelenden zusammen gehalten werden um den Kontakt herzustellen. Gasflaschen zum Kochen ist auch so ein Thema: Jedes Land hat sein eigenes System. Entweder passen die Anschlüsse nicht, Adapter sind nicht zu finden, oder die Flaschen werden nicht eingetauscht oder können nicht gefüllt werden und es müssen neue gekauft werden die dann bestimmt eine andere Grösse haben und somit nicht in den vorgesehenen Kasten und die Halterung passen. Wir haben Glück, unsere Gasflaschen aus Irland können wieder eingesetzt werden!

Castro stand eigentlich gar nicht auf dem Plan. Eine Grossstadt mit 40 Tausend Einwohner erschien uns zu gross und stressig nach Monaten in den friedlich menschenleeren Chilenischen Kanälen. Zu dem muss ein rechter Umweg in Kauf genommen werden um diese Stadt zu erreichen. Doch Castro ist richtig nett! Bunt bemalte alte “Palafitos”, Holzhäuser die auf Stelzen am Wasser gebaut wurden, prägen das Stadtbild. Das architektonische Wunderwerk, ein modernes Einkaufszentrum ganz nach amerikanischem Vorbild, ragt dominant über der Stadt. Na ja, nicht ganz mein Geschmack. Vor allem die Ausgangsmeile die zwar nur etwa 100 Meter lang ist, besteht aus mehreren netten kleinen Bars und Musikclubs. Am Wochenende spielen live Bands von Rock über Jazz und Electro bis Reggeaton. In den kleinen Clubs, werden wir sofort als Fremde erkannt. Kontakt zu finden ist hier im Nachtleben nicht schwer, vorausgesetzt du sprichst etwas spanisch. Ab 22.30 bis in die frühen Morgenstunden wird ausgelassen gefeiert und getanzt. Im Rockclub „la Cueva“ der eher einer Geisterbahn gleicht, wollten einige mit Thomi ein Selfie schiessen. Sie erkennen in ihm den Rockstar Bon Jovi, Macgyver  und wegen der grossen Klappe auch noch Mick Jagger! Nach den Abenden in den Clubs folgen gegenseitige Einladungen und ein Segelausflug mit anschliessendem Grillfest in der Marina Quinched. So segeln die Robusta, Beduin und Abraxas nach fünf Wochen Aufenthalt mit insgesamt sieben Personen an Board die neun Meilen bei Regen von Castro nach Quinched. Doch mieses Wetter macht den Chiloten nichts aus.  Ariel und Isabel, die wir nach Monaten wieder sehen, sind mit ihrer Yacht Skol bereits dort und treffen ebenfalls Vorbereitungen für das Fest. Aleko hat diverse leckere griechische Köstlichkeiten zubereitet, auf dem Grill schmoren Würste und ein grosses Stück Fleisch. So zaubert die kleine Flotilla ein internationales Buffet für die rund 20 Personen.

Das eher negative Erlebnis mit dem Verwalter der Marina Quinched verdrängen wir nun einfach mal – es war ein tolles Fest und alle hatten ihren Spass!

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July 5 2016

Quellon bis Queilen (Insel Chiloe)

Ein Traum all die Gemüseläden! Auf der Strasse verkaufen die Bauern morgens ihre frisch geernteten Produkte. Marmelde in Plastiktüten, saure Gurken und eingelegte Zwiebeln stehen in Fässern bereit und werden für den Verkauf ebenfalls in Plastiktüten abgefüllt. Wir haben gleich unsere Einmachgläser mitgenommen. Sogar zwei verschiedene Sorten Käse liegen in der Auslage! Oh wie habe ich in den Kanälen Käse vermisst! Auf Chiloe herrscht mildes oder besser gesagt milderes Klima als im Süden. Auf dem Markt verkaufen Frauen aus Schafwolle gestrickte Pullis, Ponchos, Jacken, Mützen und gewobene Teppiche, kleine Souveniers selbstverständlich alle auch aus Schafwolle hergestellt. Schafe weiden in sanfter hügliger Landschaft, selbst im kalten Winter auf üppig grünen Weiden. Da und dort ein kleiner Hof, viel dichter Wald und an Regen fehlt es auch überhaupt nicht. Die Erde ist fruchtbar und geerntet wird das ganze Jahr. Auf den Ersten Blick gleicht alles der heimischen Region am Bodensee und Rhein. Nur die Häuser sehen anders aus.

Nun in der Zivilisation steht Internet wieder zur Verfügung und so erfahren wir was sich in der Zwischenzeit in der Welt zugetragen hat. All die Nachrichten aus Europa, Terroranschläge in Frankreich und Deutschland, die Flüchtlingswelle aus Syrien. In den sozialen Medien wird Fremdenfeindlichkeit förmlich propagiert was uns sehr traurig stimmt wo wir doch auf unserer Reise immer so zuvorkommend und offen behandelt wurden. Ist mir schon klar, das alles ist eine andere Ausgangslage. Dann noch die Nachrichten vom offensichtlich an einer psychischen Krankheit leidenden Erdogan. Anderen Politiker scheint es Gesundheitlich auch nicht viel besser zu gehen. Vielleicht würde eine Auszeit auf einer Segelyacht ihre Psyche wieder ins Lot bringen. All diese Nachrichten aus der Presse erschlagen uns fast. Monate in schönster Natur und atemberaubender Landschaft, liessen all die Probleme ganz weit in den Hintergrund rücken. Doch auch hier in Chile sind die Menschen mit gewaltigen Problemen konfrontiert. Wie schon in den letzten Beiträgen erwähnt, leidet die Umwelt. Vanessa, die wir im Ausgang kennen gelernt haben, weiss mehr dazu: Die junge Journalistin berichtet, dass in den Salmoneras (Lachsfarm) präventiv Unmengen von Antibiotika eingesetzt werden. Der grösste Teil, an die 98 Prozent der Lachse, ist für den Export nach Asien bestimmt. Von der künstlichen Nahrung und der Kotzersetzung wird das Wasser überdüngt und der Meeresgrund ist nun mit einer Meter dicken Schlickschicht zugegammelt. Im Norden Chiloes sind an einem Küstenabschnitt von 15 Kilometer sämtliche “Machas” (Muscheln) und Sardinen gestorben. Sozusagen im Schlick erstickt oder durch die Antibiotika vergiftet. Der wahre Grund wird unter dem Deckel gehalten. Das ganze Ökosystem ist jedenfalls aus dem Gleichgewicht. Das Meer ist tot – doch die Regierung profitiert von den meist ausländischen Salmoneras! 14 der 38 Salmoneras sind nun geschlossen da 30 Millionen Lachse  wegen Krankheit verendet sind. 20 tausend Angestellte stehen auf der Strasse – das in einem Land ohne Sozialsystem für Erwerbslose Menschen! – Am Ende steht der Profit an oberster Stelle!

 

Estero Pailad, ein Fjord in bezaubernder ländlicher Umgebung mit einzelnen Höfen. Hier  laufen pelzige Schweine frei herum und wühlen mit ihren platten Nasen die Erde um. Der beachtliche Tidenhub von über fünf Meter lässt bei Ebbe grosse Landstriche trocken fallen. Nachts sind auf Deck Geräusche zu hören. Was ist das? Mit der Taschenlampe bewaffnet schleicht Thomi an Deck. Mäuse! Wie um Himmelswillen kommen Mäuse an Board? Wir haben nie irgendwo angelegt, lagen immer vor Anker. Es erscheint uns schleierhaft woher sie kommen. Aleko und Stepke hatten ebenfalls nächtlichen Besuch. Am folgenden Tag sind nur ihre kleinen Hinterlassenschaften und angeknabberte Avocados und Zucchini zu finden. Mäusefallen werden bei der nächsten Gelegenheit angeschafft. Die Viecher sind recht gefrässig. Alle paar Minuten schnappt eine Falle zu. Doch immer noch steht die Frage im Wind, wie sie an Board kommen? Alle paar Jahre wird Chiloe von einer Mäuseplage heimgesucht. Sie fressen die Saat, das Korn und dringen in Häuser ein. Was nicht sicher weg geschlossen ist, wird angefressen. Die Bevölkerung gräbt in Gärten Eimer mit Wasser und Oel gefüllt ein. Der Duft von Pflanzenoel zieht die Tierchen an und in den Becken versaufen sie erbärmlich. Morgens enthält jeder Behälter um die 30 Stück. Gewaltig! Weisst du wie gut Mäuse schwimmen können und wie geschickt sie an einer Ankerkette oder an der Leine vom Dinghi  hoch klettern können? Sogar an der Windsteueranlage krabbeln sie hoch! Die Tiere werden auf Nahrungssuche von der Flut überrascht und mit der Strömung zu den Yachten getrieben.


 
 

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June 16 2016

Puerto Aysen bis Puerto Melinka

Chacabuco ist ein kleines Nest, jedoch mit wichtigem Hafen für die Region Aysen. Ausflugsschiffe starten von hier zum Gletscher Laguna San Rafael und in die umliegenden Nationalparks, wo ja jetzt seit letztem Sommer die meisten der 337 toten Wale zu besichtigen sind. Diverse Schiffe die Lachse für den Export transportieren und die Region mit Gütern versorgen, prägen das Bild. Von hier führt keine direkte Strasse in den Rest des Landes. Viele der dort lebenden Menschen haben eine Anstellung in den zahlreichen Salmoneras (Lachzuchtfarmen) der Umgebung. Oder sie leben vom Getreideanbau, der Viehzucht, insbesondere Kühe und Schafe die auch per Schiff lebend in den Norden Chiles transportiert werden. Können Kühe und Schafe auch Seekrank werden? Puerto Aysen liegt rund 15 Kilometer weiter nördlich am Rio Aysen. Noch vor Jahren lag dort der bedeutendste Hafen der Region. Doch durch exzessives Abholzen der Wälder in den umliegenden Bergen, spülte der Regen Sedimente in den Fluss, so dass er heute unschiffbar ist. Wer sein Visa erneuern muss, hat von hier aus eine gute Möglichkeit in einem Tagesausflug mit dem Bus, via Cohayque nach Argentinien auszureisen.


In Puerto Aysen finden wir einen grossen Supermarkt. Vollkornmehl und guten Kaffee stellt sich jedoch als grösseres Problem dar. Konkret – gibt es nicht. Der gruselige Nescaffee scheint hier beliebt zu sein. Natürlich ein Produkt von Nestlé! Also stellen wir auf Tee um. Ein Taxi bringt uns für umgerechnet sechs Euro zur Bucht von Cacabuco zurück, wo Robusta, die Beduin und Abraxas vor Anker liegen. Der Himmel ist mit dicken grauen Wolken behangen. Wegen der Tide von rund drei Meter, ist das Dinghi ganz am Ende des langen Steges festgebunden, damit wir es bei Ebbe nicht über den trocken gefallenen schlammigen, steinigen Strand zurück ins Wasser schleppen müssen. Doch nun stehen wir mit diversen Taschen nach dem Grosseinkauf vor dem Steg, der schon kaum bei ruhigem Wetter und ohne Gepäck zu meistern ist. Der Wind bläst volle Kanne auflandig in die Bucht! Hackige Wellen mit weissen Schaumkronen rollen gegen den Steg. Die ganzen Taschen hieven wir notgedrungen in ein halb an Land liegendes, mit Wasser gefülltes Fischerboot. Von dort aus wird alles mit dem Dinghi abgeholt. Ich hatte nur beide Gummistiefel bis zum Rand gefüllt, doch der Einkauf schaffte den Transport halbwegs trocken. Echt halsbrecherische Aktion bei diesen Wassertemperaturen!
Nun fehlt noch der Diesel. Aus der Ankerbucht können wir nur bei Hochwasser auslaufen um die Flachstelle zu passieren. Im Puerto Chacobuco bekommen wir guten sauberen Diesel. An der Auto Tankstelle wäre er etwas günstiger gewesen. Für das Anlegen an der Tankstelle im Hafen wird eine Gebühr von 15 Dollar erhoben! Doch egal. Dieselkanister über den verkrüppelten Steg zu schleppen wäre schlicht nicht möglich gewesen!

Wir bemühen uns nicht all zu viel von dieser Brühe zu verbrennen. Doch die ganze Strecke von Puerto Williams bis Puerto Montt unter Segel nimmt viel Zeit in Anspruch. Entweder herrscht totale Flaute, oder der Wind pfeifft wirklich stark, mindestens mit 30 Knoten. Für diejenigen die in Richtung Puerto Montt segeln, bläst er meist aus der falschen Richtung. Die vorherrschenden Winde am Südzipfel von Südamerika kommen aus Nord-West und bringen in der Regel sehr viel Regen mit sich. Süd-West Lagen sind eher selten. Sie bringen Kälte aber dafür Sonne. Morgens weht der Wind meist noch nicht so enorm stark bis er dann je nach Topographie gegen Mittag ganz schön aufdrehen kann.
Wir sind enorm viel aufgekreuzt! Bei Gegenwind vervierfacht sich eine Strecke schnell einmal. Die selten windlosen Tage haben wir auch mal genutzt, um unter Motor etwas Strecke zu machen. So auch um mal die Batterien ordentlich zu laden. Bei Bewölkung und den nur knapp 9 Stunden Tageslicht im Winter, produzieren die Solarpanelen nicht ganz ausreichend Energie die wir vor allem für den Funk, Navigationsinstrumente, Ankerwinsch, Licht und Musik benötigen. Die Heizung, Webasto mit 4000 Watt Heizleistung, saugt auf den ersten Blick auch viel Strom. Wir hätten gerne einen Dieselreflexofen gehabt. Aber dafür fehlt der Platz. Der erst zwei Jahre alte Windgenerator Rutland hat nach knapp zwei Jahren den Geist aufgegeben. Ist ja unglaublich. Bei 50 Knoten Wind hat es ihn verbraten. Also bis Puerto Montt ist er voraussichtlich ausser Dienst. Ja es ist mitlerweile Winter. Die Bergkämme sind weiss mit Schnee eingezuckert. Immerhin sind wir nun bereits auf 45 Grad südlicher Breite, was in etwa dem Klima im Tessin gleich kommt. Nur noch etwas freuchter in Chile. Die Webasto hat uns angenehm überrascht! Wo doch Thomi in Puerto Williams einige Webastos auf anderen Yachten reparieren musste, kamen grosse Bedenken auf und das Vertrauen in unsere Heizung viel erst mal in den Keller.
Heizen ist ein grosses Thema. Nicht zu vergessen liegen Tierra del Fuego und Patagonien in den “Roaring Forties” und den “Furious Fifties”. Selbst in den Sommermonaten klettert das Thermometer im Schnitt auf 10 Grad, Nachts gegen null Grad. Im Winter klettert die Quecksilbersäule nur wenig über den null Grad Bereich. Im Westen gegen den Pazific ist das Klima ein wenig milder. Doch gegen Osten in den Fijorden der Anden, wird es bitter kalt! 300 Tage pro Jahr starker Regen, ganz im Süden Schnee und Eis, garantiert dir viel Feuchtigkeit im innern der Yacht. Neben der gegebenen Luftfeuchtigkeit kondensiert die warme Heizluft an den kalten Wänden und Fenster, was eine Yacht ohne Isolation ruck zuck in eine Tropfsteinhöle verwandelt. Denke auch noch an die nassen Segelklamotten die irgedwo getockenet werden müssen. Also sind eine gute Heizung und Isolation ein Muss. Robusta ist mit einer Schicht von vier Zentimeter Bauschaum bis zur Wasserlinie isoliert. Über die Bullaugen klebten wir eine Plastikfolie. (Abstand zum Glas = mindestens ein Zentimeter) Durchsichtige Tischdecke ist transparenter als Bauplastik. Die Heizung läuft morgens eine halbe Stunde um die Bude von cirka zwei bis sieben Grad auf 18 aufzuheizen. Wir tragen den ganzen Tag lange seidene Unterhosen, Skihosen, Thermoshirts, darüber Wollpullis, Handschuhe und die obligate Fellmütze. Nachts wird die Fellmütze zur Schlafmütze. Abends wird die Heizung nach dem Segeln nochmals eine halbe Stunde in Betrieb genommen. Wir haben dank der guten Isolation sehr wenig Probleme mit Feuchtigkeit und null Probleme mit Schimmel im Schiff. Unsere Kollegen mit Yachten ohne Isolation können da ein leidiges Jammerlied vom schon unmöglichen Kampf gegen Feuchtigkeit und Schimmel singen. Stell dir mal vor, Segeln in Kälte mit Regen und danach abends todmüde in eine feuchte Koje fallen um morgens wieder in feuchte Klamotten zu steigen, ist echt nichts für Warmduscher. Zudem kann Schimmel schwerwiegende Folgen auf die Gesundheit auslösen. Der Aufwand alles von der Wasserlinie aufwärts zu isolieren lohnt sich echt! Auch in den Schapps! Besser noch schon bei der Anschaffung der Yacht darauf achten. Wenn die Sonne scheint, werden Matratzen, Kissen, Decken nach draussen gezerrt. Doch einmal sind wir nach Sonnenuntergang vom Land erforschen zurück gekehrt. Alle Decken haben sich wie ein Schwamm mit Feuchtigkeit aus der Luft vollgesogen. Eine unangenehme Nacht bestand vor und das Schicksal bescherte für die nächsten vier Tage Regen! Als Bettlaken kannst du Baumwolle echt vergessen! Die saugen sämtliche Luftfeuchtigkeit auf. Also schlafen wir auf einer Fleecedecke. Ist sehr angenehm flauschig. Perfekt zum zudecken eignen sind Wolldecken. Am liebsten hätte ich mich ja auf Schaffellen gebettet. Diese Dinger sind selbstreinigend und echt warm und kuschelig weich. Die Felle die wir in Argentinien von einem Hirten geschenkt bekommen haben, sind nach wenigen Tagen über Bord geflogen. Sorry ist ja Biomüll. Sonst schmeissen wir keinen Müll über Board! Sie waren ungegerbt, voller Blut und wenn ich mich nicht irre, eine halbe Milliarde Floheier konnte ich auch ausmachen.
So tingeln wir drei Yachten gemeinsam durch die Chilenischen Kanäle. Kochen zusammen, geniessen die Natur, machen so vielerlei Segelerfahrungen und haben einfach eine tolle spannende Zeit miteinander in dieser einmaligen Landschaft .

Eine in Erinnerung bleibende Begegnung mit dem Einsiedler südlich von Puerto Aguirre: Marcielo lebt mit seinem Hündchen in einem kleinen Boot und fängt Krebse. Dazu hat er an diversen Stellen in einer Bucht Fallen gestellt die mit bunten Bojen gekennzeichnet sind. Die Reussen füllt er mit Muscheln als Köder. Die Beute sammelt er in einem grossen Käfig bis sie von einem Transportschiff einmal wöchentlich abgeholt wird. Verheiratet war er nie. Früher hat er in der Stadt gelebt, doch vor einigen Jahren hat es ihn in die Einsamkeit gezogen, was er offensichtlich sehr geniesst. Wir haben ihn auf die Robusta zum Essen eingeladen. Er brachte eine riesige Kiste der leckeren Delikatesse schon gekocht mit. Krabbenzangen! Unglaublich schmackhaft mit Zitrone und Mayonnaise. Wir sind fast geplatzt!

Puerto Aguire, der nächste Stop in der Zivilisation. Die Ankerbucht liegt im Nationalpark. Was für ein Luxus auf kleinen liebevoll angelegten Wegen durch den Wald zu spazierten. Nicht mehr wie Maulwürfe im Oelzeug durch dichtesten Feuchtwald kämpfen. Für die Bevölkerung steht eine tolle Grillhütte im Park zur Verfügung. Doch uns wurde mitgeteilt, dass sie nur sehr selten genutzt wird. Kaum zu glauben, sie ist wirklich super gemütlich! Schade, wir wären hier noch gerne länger geblieben, doch die Windprognose verspricht endlich wieder mal Süd-West Wind den wir unbedingt nutzen wollen um etwas weiter in den Norden zu gelangen.

So viele Buchten mitten in den Chilenischen Kanälen und auch schon in Argentinien tragen den Namen „Puerto“ mit noch einem Zusatz, was so viel wie „Hafen“ bedeutet. Doch oft ist in der Seekarte Puerto angegeben und nicht mal ein Haus oder Kuhstall ist weit und breit zu finden. Kurz vor Puerto Melinka, diesmal tatsächlich ein Hafen mit Fähranleger und kleinem Dorf, funke ich die Armada an. Uns ist unklar, wie wir in das Hafenbecken zum Ankerplatz kommen sollen. In den Seekarten sind diverse Untiefen angegeben. Es ist zwar Hochwasser aber sicherheitshalber frage ich nach der Einfahrt. Die Information von der Armada ist wage. Fahrt am Fischereihafen entlang. Ja und wo bitte soll der sein? Klack und schon hat  sich der Mann am Funk verabschiedet und zurück auf Kanal 16 gewechselt. Eine Auskunft wie links oder rechts hätte mir mehr geholfen. Da kommt ein Fischkutter angerauscht. Dem folgen wir in seinem Kielwasser was wunderbar klappt.
Als erstes statten wir mit Schiffspapieren und der Zarpe der Armada einen Besuch ab um uns anzumelden. Hoffentlich meckern sie nicht, dass wir uns zu wenig gemeldet haben. Zwei mal pro Tag wäre Pflicht. Die Herren sind sehr freundlich. Bevor wir auslaufen, sollen wir uns über Funk abmelden. Also keine neue Zarpe ist nötig. Wunderbar, ist ja echt locker hier!

Am nächsten Morgen steht ein Spaziergang und Ortserkundung an. Als wir zurück kommen, meldet Aleko, dass die Armada zur Beduin rausgefahren sei. Sie hätten versucht uns über Funk zu erreichen. Dass wir alle ohne Beleuchtung im Hafenbecken ankern sei auch nicht gut. Aleko erklärt den Beamten, der Funk sei abgestellt sobald wir vor Anker liegen. Es könnte ja auch sein, dass er an Land ist und dann können sie ihn ja auch nicht erreichten. Zudem reicht der Strom niemals um diese Geräte auf Dauerbetrieb laufen zu lassen. Das ist nicht wie bei einem Fischkutter wo die Batterien vom Motor geladen werden. Dein Auto macht auch innert kürzester Zeit schlapp wenn du vergisst das Licht auszudrehen. Das schienen die beiden Beamten zu begreifen. Der Grund warum sie uns allen einen Besuch abstatten wollten, war eigentlich nicht die Funke, sondern weil sie uns melden wollten, dass wir doch noch die Zarpe vor dem Auslaufen erneuern müssen. Also alles doch nicht so locker. Wieder ist viel Papierkrieg angesagt. Die Beamten tippen alles wieder erneut in ein monströses Formular ein. Das hört sich nun an, als hätten die dort keine Computer. Und ob, Thomas hat auch auf dem Bildschirm gesehen, dass eine zentrale Datenbank existiert. Mit einem Mausklick stehen alle Informationen über sämtliche Yachten und was sich sonst noch so alles auf dem Wasser in ganz Chile bewegt, zur Verfügung. Wieso denn einfach wenn etwas möglichst kompliziert erledigt werden kann. Schliesslich müssen die krass vielen Armada Soldaten auch etwas zu tun haben. Es ist ja schon unglaublich, jeder Fischer muss bevor er auslaufen will zur Armada rennen um den ganzen Papierkrieg zu erledigen. Wohin, mit wem, warum, bis wann, Papiere, Ausrüstung an Board. Dauer der Zeremonie: Mit eins bis zwei Stunden musst du schon rechnen. Anmelden dauert etwas weniger lang. Je nachdem wie viele Angestellte zur Verfügung stehen und wie viele Fischer auf eine Zarpe warten. Zum Glück sind Häfen hier dünn gestreut, sonst würde ich wahnsinnig werden.
Im Dorf sprechen uns die Menschen auf der Strasse an. „Ustedes son venido con los Yates?“ (Ihr seid mit den Yachten gekommen) Sie nehmen sich Zeit und erklären uns vieles über die Insel und wollen wissen wo wir herkommen und wer wir sind. Natürlich alles in spanisch. Die jungen Leute sprechen in Chile auch Englisch. Als wir dann eine Kneipe suchten, wo wir etwas kleines Essen können, begleitete uns ein Señor durch das Dorf um jemanden zu finden, der uns etwas kocht. Zum Dank haben wir ihn zu einem Bier eingeladen. Leider war der Mann schon ziemlich angetrunken. Thomas und Kollege Stepke haben mit ihm überhaupt nicht mehr gesprochen, was mich recht geärgert hatte, weil ich mich mit dem lallenden Typ alleine unterhalten musste. Normalerweise bin ich da schon rabiater, aber diese nette Geste, die mir in der Schweiz leider nur ganz selten begegnet, veranlasste mich freundlich zu bleiben.
Einfach so mal spazieren gehen ist fast unmöglich. Fast jedes Auto das an uns vorbei fährt, will uns mitnehmen. Das sieht dann ungefähr so aus:
DSCN5536
Diejenigen die ein Auto besitzen, fahren meist einen Pickup. Der Grund dafür ist wohl das Heizen mit Holz. In einer kalten Gegend muss viel Holz transportiert werden nachdem es gefällt, aus dem dichten Wald auf die nächste Strasse geschleift und zerkleinert wurde. Grössere Städte leiden unter massiver Feinstaubbelastung weil das Holz eben nicht gelagert ist und schon frisch gefällt, grün und vom vielen Regen auch noch nass in die Öfen wandert. Ja alle heizen hier im Süden Chiles mit Holz. Auch gekocht wird meist auf Holzkochherden, so wie ich es von meiner Oma oder der Alphütte noch kenne. Sogar die neusten Modelle sehen noch gleich antik aus wie vor 100 Jahren.
Bei einem Ausflug auf die andere Seite der Insel nach Repollal, lernen wir den Schulleiter Juan kennen. Die Schule bereitet das traditionelles Gericht „Curanto al Hoyo“ zu. Mit dem Erlös soll für die acht Kinder der Schule eine Reise nach Argentinien finanzieren werden. An der Schulreise werden die Eltern auch teilnehmen. Ui ja bravo, das ist doch für die Kinder überhaupt nicht spannend. Aber eben das ist ja nur meine Sichtweise…
Also gehen wir zu viert, mit Aleko und Stepke am Wochenende zu der Schule. Wir werden prompt sofort von einem Pickup ins 12 km weit entfernte Repollal mitgenommen.

Hergestellt wird das Gericht folgendermassen: Es handelt sich um eine 6000 Jahre alte Tradition der Mapuche Indianer aus Chiloe. In die Erde wird ein etwa ein Meter tiefes Loch gebuddelt welches mit Steinen halb gefüllt wird. Darauf wird ein Feuer entfacht. Sind die Steine glühend heiss, wird die Kohle entfernt und die grossen grünen Pangue Blätter werden als erste Lage auf die heissen Steine gelegt. Danach lagenweise Kartoffeln, Würstchen, Fisch, Hühnchen, Gemüse wie Karotten und dann obendrauf Muscheln und zu oberst Fladenbrotteig. Dann wieder die grossen Blätter und als letztes eine Schicht Erde was wie ein Dampfkochtopf wirkt.
Als wir eintreffen qualmt es schon ordentlich aus der kleinen Holzhütte neben der Schule. Das ganze muss mehrere Stunden langsam garen. Juan zeigt uns die kleine Schule in die zur Zeit acht Kinder kommen. Natürlich alle verschieden alt. Ab der sechsten Klasse müssen sie mit dem Schulbus nach Melinka.

Nun ist das Curanto bereit um serviert zu werden. Die grossen Blätter werden weg geschichtet, statt dem Fladenbrot kommt irritierenderweise erst eine Plastikfolie zum Vorschein. Habe mich schon gewundert wieso ganz oben drauf keine Erde auf die Blätter geschichtet wurde. Plastik verkürze die Garzeit um eine ganze Stunde meint der Schulleiter. Ja schliesslich sind wir ja im Jahr 2016! Da ist schon ein wenig Fortschritt zu erwarten. Auch der Fladenbrotteig ist in kleine Plastiktütchen gepackt und so der Hitze ausgesetzt.
Na ja, ist ja alles für einen guten Zweck.

Als der Nordwind endlich wieder mal etwas abflaut und sogar auf Süd-West dreht, zieht es uns weiter nach Boca Chica um dort auf ein optimales Wetterfenster zu warten um über den Golfo Corcovado nach Chiloe zu segeln.
Alekos Wasserpumpe für den Motor wartet dort auf der Post! Das aus Holz geschnitzte Lager erfüllt noch immer seinen Dienst! Unglaublich. Eventuell lässt sich ja etwas aus Holz vom Feuchtwald für die Reparatur von unseren Windgenerator basteln?
 
 
 
 

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June 2 2016

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Adresse: 54º23,o4’Süd / 73º56,22’West

nur 1/2 Bootstunde süd-östlich von Puerto-Agire, Chile

(Spass beiseite – sowas ist doch echt zum Kotzen! Ich jedenfalls musste heulen)

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