August 18 2015

Ilha Grande Ost

Im Fratzenbuch lese ich eine Nachricht von Schüpferts. Sie machen sich Sorgen um Robusta und liegen eine Bucht weiter östlich mit ihrer Yacht. Anker auf und los gehts in die benachbarte Bucht. Doch da sind Schüpferts nicht! Dafür lernen wir Neuseeländer kennen. Sie wollen wie wir auch nach Patagonien, durch den Beagle Kanal nach Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt.


Die Bucht ist hübsch. Argentinier führen eine auf einem Floss eingerichtete Strandbar, die leider nur am Tag offen ist. Wir zotteln in Havaianas über den kleinen Hügel auf die andere Seite der Insel. Lopes Mendes, da liegt der Traumstrand aus dem Katalog! Weisser Sand, einige Kilometer lang, Natur pur und keine Hotelbunker. Zwei kleine improvisierte Stände, einer bietet belegte Brötchen und Getränke an. Der andere vermietet neben Snacks und Getränken Wellensurfbretter und Beachball. Wir mieten Beachball. Der blöde Ball fliegt in alle Richtungen. Wir hetzen hin und her um ihn immer wieder aufzuheben. Als nun auch noch ein Strassenköter auftaucht, der freudig kläffend mit Balli spielen will, löscht es uns ab. Der Hund hat gewonnen; er brennt mit dem Ball durch.

Ausser Bananen finden wir nichts Essbares im Dschungel. So wandern wir nach Abraão, um unseren Früchtevorrat aufzustocken und die Emails zu checken. Doch im Dorf ist es totenstill. Keine Musik dröhnt aus den Häusern, die übrigens in Brasilien immer überlaut sein muss. Stomausfall! Im Supermarkt legt der schwitzende Verkäufer hinter der Kühlvitrine, mit den schmachtenden Fleischstücken, meine Früchte auf die Waage. Fünfeinhalb Kilo schleppen wir nun zweieinhalb Stunden über zwei Berge, ohne die Emails gecheckt zu haben, zurück.
Lautes Geschepper weckt uns auf! Der ganze Abwasch, der zum Trocknen in der Pantry aufgestellt war, liegt am Boden. Der Wind hat auf Nord gedreht. In der Enseada das Palmas wird es immer ungemütlicher. Sobald es hell wurde, flüchten wir um die Insel in den Süden. Ankern ganz im Osten vom Traumstrand Lopes Mendes. Dort hocken im Schatten unter Palmen Don und die zwei Australier, die schon seit 18! Jahren am segeln sind. Jetzt wollen sie via Karibik durch den Panamakanal heim.

Der Nordwind kommt nicht so richtig über die Berge. Wir legen einen Zwischenstop am direkt neben dem Naturschutzreservat gelegenem Strand Paranaioca an. Schwimmen druch’s plötzlich so kalt gewordene Wasser an den Strand, laufen an der kleinen Kirche mit Friedhof vorbei zum Wasserfall. Kleine und grössere Becken laden zu einem Süsswasserbad ein. Thomi hopst über die Steine Richtung Strand davon. Ich eile so gut es geht über Baumstämme hinterher. Sehe ihn aber nicht mehr. Nur noch seine Fussspuren sind im Schlamm zu erkennen. Ich wate den Spuren folgend ins Wasser und saufe plötzlich im Blättermorast bis zum Hals ab. Mühsamst robbe ich durch Milliarden von aufgewirbelten Kaulquappen und Insekten auf einen Stein zurück. Wo ist Thomi? Ein schrecklicher Gedanke durchfährt mich: Ist er da im Morast abgesoffen? Bin ich womöglich auf seine Leiche getreten? Ich brülle wie eine Irre nach ihm. Nichts – keine Antwort! Weit vorne erblicke ich seinen Körper weiter unten am Fluss. Er lebt noch. Ganz unschuldig winkt er mir entgegen. Ich bin sauer. Was für ein Blödmann! Bei der Kirche treffen wir wieder aufeinander. Ich muss trotzdem lautstark fluchen. Mit Kaulquappen geschmückter Frisur, erkunden wir nun das Dorf. An einer Wegkreuzung steht doch tatsächlich eine Strassenlampe. Mitten im Dschungel! Wir folgen der fein säuberlich von Blätter befreiten Dorfstrasse, auf der locker zwei Autos, die es hier ja nicht gibt, nebeneinander kreuzen könnten. Tausend Menschen lebten mal im Tal. Kaum zu glauben. Jetzt sind es noch vier Familen. Zwei davon führen je einen Campingplatz. Holzpodeste mit Wellblechdächer für die Zelte stehen um die offene chaotische Küche, in der ein Mann in verschiedenen Töpfen auf dem Feuer etwas lecker riechendes schmort. Er bittet uns an den Tisch zu sitzen. Ich bleibe am Tischtuch kleben. Nicht wegen den Kaulquappen. Nein, hier hat es weit und breit keinen Laden um Putzmittel zu kaufen. Er klagt über die Politik Brasiliens und dass zu dieser Jahreszeit nur wenige Wanderer bei ihm übernachten.
Jede der vier Familien lädt uns für einen Schwatz in ihren Garten ein. Der zweite Camping ist von einem liebevoll angelegten Garten umgeben. An einer Wäscheleine hängen Fische zum trocknen. Nach drei Tagen ist die Delikatesse essbereit.
Der Wind frischt etwas auf, wir ziehen weiter. Weg von Ilha Grande. Ich muss fast heulen. Hier hat es uns super gut gefallen!

August 13 2015

Ilha Grande – Pico Papagaio

Salz brennt in den Augen. Es ist drückend heiss. Der Dschungel wird immer dichter. Daniel hat schon immer davon geschwärmt. Er wollte gemeinsam mit uns da rauf. Ganz früh aufstehen, was mir ja schon wieder gar nicht passt. Ich kämpfe mit dem inneren Schweinehund, der jetzt lieber am Strand liegen würde, um ein kühles Bad zu geniessen. Mit dem Schwiizer Sackmesser hacke ich mir zwei Stöcke aus dem Bambusgestrüpp, schneide sie auf die optimale Länge zu und nun können die Arme die nun mittlerweile bleiern schweren Beine entlasten. Jeder Schluck den wir trinken, quillt gleich wenige Minuten später aus sämtlichen Poren, rinnt salzig schmeckend, via klebriger Frisur über die Brauen, ungebremst in die Augen. Der Pfad führt über Wurzeln und Steine, wird immer steiler. Im Reiseführer von Ilha Grande wird gewarnt, den Aufstieg zum Pico Papagaio nur mit einem Führer zu bewältigen. Es hätten sich schon Leute verlaufen und die Nacht im Dschungel verbringen müssen. Ui da krabbelt, raschelt  und wuselt es! Wäk, wie grauenvoll der Gedanke doch ist im Gestrüpp zu übernachten, gehen wir trotzdem auf eigene Faust los. Der Trampelpfad durch dichtes Grün ist gut erkennbar!


Durch das Blätterdach der Bäume kann ich etwas Himmel erkennen. Das motiviert zum schneller gehen. Bald müssten wir oben sein! Das junge Paar das uns entgegen kommt, meint es daure noch eine Stunde bis zum 960 Meter über Meer liegendem Gipfel. Was für ein Frust! Wir sind doch schon gefühlte sieben Stunden unterwegs.
Für das letzte Stück deponiere ich meine tollen Wanderstöcke im Gebüsch. Jetzt geht es sozusagen auf allen Vieren weiter.
Der Ausblick über das Dach des Dschungels ist überwältigend! Intensives Grün und Blau soweit das Auge reicht. Doch schon viel zu früh müssen wir leider schon wieder für den Abstieg aufbrechen. Hier ist es bereits um sechs Uhr zappenduster.
Beim Absieg kommt uns doch ein Typ, Oben-ohne, in Surfshorts und mit Havaianas an den Füssen im Eiltempo entgegen. Der trainiert wohl für die Olympiade! Da kommen noch so zwei schräge Gestalten von unten aus dem Grün gekeucht. Sie betteln uns um Wasser an. Sie seien schon seit dem frühen Morgen unterwegs, hätten sich verlaufen und nun endlich den richtigen Pfad gefunden. Wir überlassen ihnen unser ganzen Wasservorrat für die Übernachtung im Dschungel.

Am Abend treffen wir uns mit Don. Er ist gerade von Patagonien gekommen und wir tauschen Informationen und Seekarten aus. Don hat eine coole Yacht! Er hat sie bei sich zu Hause auf seiner Ranch in Texas selber gebaut. Erst hat er Bootsbauer angestellt, die jedoch immer mal wieder nicht erschienen sind. Darum hat er selber Schweissen gelernt und die Yacht auf seine etwas über Corbusiers designte Möbel liegende Körpergrösse angepasst.
 

August 8 2015

10 Jahre Anja & Thomi

Wir können es selber kaum glauben, dass wir unser zehntes Jubiläum in Brasilien feiern. Quasi seit wir uns kennen gelernt haben, bereiteten wir uns auf diese grosse Reise vor. Der erste Satz den ich von Thomi hörte war folgender:
“mein grösster Wunsch ist es um die Welt zu segeln”
meine Antwort darauf war:
“also los, dann bring mir das Segeln bei”
Da sind wir nun in Brasilien. Auf Ilha Grande. Wer hätte es geglaubt! Unser zehntes Jubiläum dürfen wir gemeinsam mit super tollen Menschen verbringe. Sie brausen mit ihrem Dinghi, sozusagen aus heiterem Himmel zur Robusta und begrüssen uns. Sie laden uns auf ihre wunder schöne Escuna ein. Einem typisch brasilianischer traditionellen Schoner, der ebenfalls in der Bucht von Sitio Forte vor Anker liegt. Das ist einfach der reine Wahnsinn wie offenherzig die Menschen in Brasilien sind (Mechaniker gehören nicht dazu)!
Was für ein gemütlich toller Tag! Und sogar Thomi musste mal endlich portugiesisch reden!
Herzlichen Dank liebe Luzia,Lulu, João Pedro and Linda die noch mega riesig werden wird! Bald müsst ihr wegen dem Rottweiler-Boxer Mischling eine grössere Escuna kaufen!


Ich will am liebsten auch wieder einen Hund!
 

August 6 2015

Angra dos Reis

Ach ja, die Senhora vom Iate Club Charitas in Nitoroi bei Rio de Janeiro, wies uns ja darauf hin, dass wir von der Policia Federal und der Capitaneria dringend noch einen Stempel besorgen müssen, weil wir uns in einem neuen Staat Brasilens aufhalten. Da wir schon wieder alles frische Gemüse aufgegessen haben, segeln wir ans Festland nach Angro dos Reis um gleichzeitig auch noch einzukaufen. Auf Ilha Grande gibt es fast nichts. Ankern vor dem Iate Clube Piratas, paddeln mit dem Dinghi, ausgerüstet mit Tablet, gierig nach Internet und Lust auf eine erfrischende Dusche, in den luxuriösen Iateclub. Es scheint das Wasser wird immer dickflüssiger vor lauter Scheisse die da herum schwimmt. Es stinkt widerlich! Ich muss mich beherrschen, dass ich mich nicht gleich übergebe. Das mit der Dusche klappt nicht so wie gewollt. Erst müssen wir an dem Wachposten vorbei kommen. Nur Clubmitglieder oder Leute die mit ihrer Yacht hier liegen, können die Infrastruktur nutzen. Pro Fuss und Tag werden 14 Reals verrechnet! In Salvador nicht mal ein Real! Upa! Wir lassen nicht locker, bis der Wachmann vier Telefonate tätigt und wir schliesslich im Büro vorstprechen dürfen. Ausnahmsweise können wir hier duschen. Die wunderbare Luxusdusche gibt doch genau in dem Moment den Geist auf, als ich voll eingeseift war. Dafür gibt es im Einkaufszentrum zwei Stunden kostenlos Internet. Doch einkaufen ist hier unmöglich. Luxusfood vom feinsten! Super teuer!
Wir tuckern mit dem Dinghi der Küste entlang zum Zentrum. Doch wo anlegen? Scuna an Fischerboot reihen sich dicht gedrängt im Hafenbecken. Ausgerechnet die Shelltankstelle scheint die einzige Alternative um fest zu machen. Wir fragen den Senhor, ob wir hier parken dürfen. NEIN ist die Antwort.
Angro dos Reis ist ein kleiner authentischer brasilianischer Ort. Der Supermarkt liegt direkt von der Scunaanlegestelle. Die Auswahl im Supermarkt überfordert schon fast. Der vollgepackte rostige Einkaufswagen mit den quietschenden Rädern, lässt sich nur schwer zwischen den Gestellen durchmanövrieren. An der Kasse stellen wir fest, dass wir keine Kohle dabei haben! Ich packe alles wieder in den Wagen zurück und Thomi hastet zum Schiff. Ich warte eine halbe Ewigkeit gelangweilt zwischen den Gestellen mit meinem rostigen Einkaufswagen. Zweiter Versuch: Doch die Kreditkarte bockt! So peinlich, diesmal hat die Senhora schon alles eingetippt! Ich packe wieder alles in die Rostkarre zurück. Thomi eilt zur Bank. Nach einer unendlichen Ewigkeit erscheint er mit Bargeld, welches er auf der Robusta holen musste. Das Dinghi treffen wir mit nicht mehr all zu viel Luft im Hafen an! Wir schaffen es gerade noch knapp mit dem schlaffen überbeladenem Schwabbelding zur Robusta! Siehe da, wer ankert denn da weit draussen? Die mobile Shelltankestelle! Thomi begiebt sich geputzt und gestriegelt zu den Behörden. Der Gang zur Policia Federal wäre nicht nötig gewesen. Na ja, die vielen Regeln und Bestimmungen um die immense Bürokratie, sind offensichtlich für niemanden leicht zu verstehen.

August 3 2015

Ilha Grande

Anker auf!
Bei ultra ungünstigem Wind laufen wir unter Motor von Paraty aus. Doch bald frischt der Wind etwas auf und wir können die Segel wieder mal auslüften.


Atlantischer Dschungel mit grösster Bioversität der ganzen Welt! Im Reiseführer steht geschrieben, dass hier noch tausende verschiedene Pflanzen, Reptilien, Amphibien, Fische und Säugetiere rumwuseln. Auf Ilha Grande freuen wir uns schon lange! Endlich ist es soweit.
Auf dieser Insel dürfen keine neuen Häuser mehr gebaut werden. Keine Autos, nur ein Krankenwagen und ein Wagen von der Forstwirtschaft stehen rum. Lebensmittel für die kleinen Pensionen werden mit den Scunas angeliefert und auf Rollkarren transportiert. Ein Teil von Ilha Grande ist zum Naturschutzgebiet erklärt worden und gehört ausschliesslich der Tierwelt. Hier darf Mensch nicht rumlatschen! Ich hoffe doch schwer, dass dies respektiert wird.
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Araçatiba ist unser erstes Ziel im Westen der Insel. Eine Bucht mit kleinem Kaff. Wirklich klein! Doch eine Bar hat es jedenfalls, soweit wir das von Bord mit dem Fernglas erkennen können. Rudern mit dem Dinghi gleich mal hin. Gilbert’s Bar ist gleichzeitig ein mini kleiner Laden. Wir bestellen Bier und kommen sogleich mit den anderen vier Gästen ins Gespräch. Es ist Sonntag und wie ich am seltsamen Akzent urteilen kann, sind alle schon seit mehreren Stunden am feiern.
Von hier aus untenehmen wir schöne Wanderungen. Die Distanzen sind ohne Rauf und Runter angegeben. Also es kann durchaus sein, dass vier Kilometer vier Stunden latschen bedeuten! Ich bin etwas enttäuscht von den tausenden Spezies die hier rumwuseln sollen. Ich sehe nur wenige, höre auch nicht viele Tiergeräusche. Ich erinnere mich an den Dschungel von Costa Rica oder Mexico: Dort war eine fantastische Geräuschkullisse von zirpenden, zwitschernden, brüllenden, quieken und quakenden Geschöpfen zu hören. Ja ein richtiges Konzert! Der Winter ist ja auch nicht gerade die richtige Zeit um die Pflanzen in voller Blüte zu bewundern. Trotzdem beindruckend. Das viele Grün haut mich fast um. Grün ist die Hoffnung, oder wie war das noch? Da wuchern Pflanzen die ich zu Hause in meiner Wohnung liebevoll päppeln musste, damit sie nicht in der winterlichen Heizungsluft die Schraube machten. Irgend wann bin ich dann auf Sukkulenten und Wüstenpflanzen umgestiegen. Die sind wesentlich anspruchsloser. Staune, die überleben sogar die Zuwendung meines Sohnes!
Wir fragen uns wo denn all die Segler sind. Fährt denn niemand in den Süden? Zieht es alle in die Karibik? Ein Grund ist wohl die neue Visapolitk Brasiliens. Nein sorry. Das ist falsch ausgedrückt. Brasilien behandelt alle wie sie selber behandelt werden. Nach dem Prinzip “so wie du mir – so ich dir”. Alle Bürger aus Schengen Staaten, dürfen schlicht nur drei Monate in Brasilen bleiben. Dann drei Monate raus, um wieder einreisen zu können. Dieses Küste ist schlicht zu gross um in drei Monaten abgesegelt zu werden. Wir Schwiizer haben Glück. Sind zwar im Schengen mit dabei, aber haben nicht dieselbe Visumregulierungen. Unsere Visas konnten wir jedenfalls um drei Monate verlängern. Dies nicht mal mit all zu grossem Papierkrieg. Doch die langen Hosen und halbwegs anständige Schuhe werden von der Policia Federal schon erwartet. Sonst geht rein gar nichts! Präziser ausgedrückt, Thomi konnte sein Visa verlängern. Ich war ja einen Monat in der Schweiz um Ersatzteile aufzutreiben. War aber nicht drei Monate draussen. Als ich das Visa verlängern wollte, meinte der Beamte, das sei nicht nötig. Ich glaubte ihm nicht. Ging für zwei Stunden im Flughafen von Salvador shoppen und pflanze mich in den Warteraum um nach einer weiteren Stunde erneut eine Visaverlängerung zu beantragen. Saublöd, ich gerate ausgerechnet wieder an den selben Beamten, der mir natürlich wieder die selbe Auskunft erteilt. Ich bitte ihn mir seinen Namen aufzuschreiben. Nur so falls ich später Probleme bekommen sollte. Seine private Handynummer will er mir aber nicht rausrücken.

Nach dem Wandern ruhen wir uns an einem wunder schönen Strand aus. Was schwimmt denn da im Wasser? Da treibt was! Wau der Reiseführer scheint seine Versprechung doch einzuhalten. Die Insel mit den tausenden Spezies! Ich starre auf die Wasseroberfläche. Stehe auf, um genauer erkennen zu können, um was für ein Tier es sich handelt. Plötzlich tauchen schnaubend zwei Köpfe mit leicht überdimensionierten Taucherbrillen dirkekt vor mir auf. Ich schäme mich ein wenig, dass ich die beiden Schwimmer so entsetzt anglotze und husche wieder auf mein Strandtuch zurück. Es sind Kath und Franco von Wales, die mit ihrer Segelyacht angekommen sind. Sie wollen zu den Falkland Inseln segeln. Wir verbringen gemeinsam einen netten, lustigen Abend und ich wandere mit ihnen zu der Grotte “Gruta do Acaià”. Thomi hat eine entzündete Wunde am Fuss. Das kommt davon, wenn Segel barfuss gesetzt werden. Es ist nun mal schlicht zu kompliziert immer Schuhe zu tragen wenn es immer so heiss ist…

 
 
 
 

July 23 2015

Rio de Janeiro

Eine Grossmetropole. Ich mag keine Städte. Schon gar nicht so riesige. Salvador hat uns gereicht. Doch Rio ist ein Muss. Wir können doch nicht an Rio einfach so im grossen Bogen vorbei segeln. Alle Menschen schwärmen von dieser Stadt.
Gerne würde ich einen Freund aus der Schweiz, der nach Buzio ausgewandert ist besuchen. Doch die Windverhältnisse tragen uns nach Rio de Janeiro. Kurz vor Rio schlafft der Wind sogar ganz ab. Wir motoren in der Dunkelheit in den Iate Clube Caritas von Niteroi bei Rio.
Schlafen mal richtig aus, gniessen die nette Anlage des Yachtclub und lernen Pete den Amerikaner, der auch nach Patagonien will kennen. Uns haut’s mal fast aus den Havaianas, als wir den Preis für die Liegegebühr am frühen Morgen erfahren. Ein Clubmitglied bietet uns an, andere Yachtclubs abzuklappern. Er habe Zeit, sei pensioniert, müsse lediglich gegen ein Uhr seinen acht jährigen Sohn von der Schule abholen. Wir bleiben zwei Tage im Yachtclub. Die anderen wären noch teurer gewesen.
Von Anna und Franz haben wir den Tip für den optimalsten Ankerplatz von Rio bekommen. In Urca. Ankern direkt unter dem Zuckerhut! Position… Friedliches nettes Quartier. Abends hocken alle vor den Bars am Meer entlang auf der Mauer. Dort lernen wir die Argentinier die ebenfalls auf ihrer Stahlyacht in der Bucht liegen und Andrea und Marc kennen. Bei ihnen zu Hause können wir unsere stinkige Wäsche waschen. Wau das war echt der Hammer. Danke für die nette Zeit mit euch beiden! In Brasilien gibt es keine Waschsalons. Oder wir haben sie noch nicht entdeckt. Kleider müssen in teuren Wäschereien abgegeben werden.
Was stellt der Turist in Rio an? Die obligate Tour auf den Zuckerhut, Besichtigung des Christus auf dem Corcovado Berg, das neue Fussballstadion? Oder baden an den berühmten Stränden Cocacabana, Ipanema und Leblon?


Im Reiseführer stosse ich auf einen Mann der Touren in die Favelas anbietet. Erst finde ich das Angebot pervers. Ich gehe doch nicht Menschen wie in einem Zoo Affen angaffen. Doch der Gedanke lässt mich nicht los. Es kann doch auch nicht sein, nur die netten Dinge zu besichtigen. Mich interessieren die Menschen, ihre Lebenssiuation. Dazu gehört auch hinzuschauen, auch auf die unschönen Dinge einer Stadt.
Ich rufe an. Ich frage ihn, ob es für die Bewohner der Favela nicht entwürdigend ist, wenn er mit einer Horde Touristen anrückt. Manuel versichert mir, dass die Menschen von Rocinha die Touristen willkommen heissen. Für sie sei es eine Chance, dem Ruf von “nur Kriminelle und Drogendealer leben in Favelas” zu entkommen. Für die meisten sind die Favelas der Inbegriff des “Bösen, der Armut und Ausgrenzung. ”
Um zwei Uhr soll es losgehen. Vor dem Cocacabana Palace. Habe ich mich verhört? Das ist das feinste und teuerste Hotel der Stadt. Ich fluche schon und bereue, dass ich so eine depperte Turitour mitmache.
Mit einem klapprigen Ford Transit geht die Reise zusammen mit Fahrer Carlos, der selber in der Favela lebt, mit fünf weiteren Interessierten in die grösste Favela von Rio de Janeiro. Dort leben schätzungsweise 160’000 Menschen.
In Salvador habe ich mich einfach in einen öffentlichen Bus gehockt und bin durch die Favelas gefahren.
Doch Elia weiss viel über die Favelas zu berichten. Sie beantwortet Fragen. Die Strasse steigt steil den Hügel hoch. Die Armen haben hier die beste Aussicht! Erst zwischen protzigen Hochhäusern die kruvenreiche ehemalige Autorennstrecke hoch. Hinter einer amerikanischen Privatschule beginnt die grösste Favela Rocinha, wohl die grösste von ganz Südamerika. Monatliche Kosten für die Privatschule belaufen auf 3000 Dollar pro Monat. Was für ein Kontrast!
Ich erfahre, dass in Rio geschätzt 25 Prozent der Menschen in Favelas leben. Favelas sind illegal erstelte Hütten auf nicht erworbenem Gründstücken an ökonomisch uninteressanten Standorten wie zum beispiel Steilhänge. Strom wird abgezwackt und somit illegal bezogen. Die Infrastruktur ist erheblich bis sogar ganz eingeschränkt. Es mangelt an Kanalisation, Stromversorgung, medizinischer Versorgung, Bildungseinrichtungen. Grotesk, wer seine Kinder in die Schule schickt, bekommt finanzielle Unterstützung vom Staat.
Es handelt sich meist um Land – Stadt Migranten aus dem armen nordosten Brasilens. Sie hoffen auf ein besseres Leben in der Grossstadt. Sie fahren zum Beispiel Busse und Taxis, verkaufen am Strand den Touristen mit mobilen Ständen alles mögliche, arbeiten als Taglöhner auf dem Bau oder in einem der grossen Hotels an der Cobacabana. Regiert werden die Favelas von Drogenbaronen. “Amigos dos Amigos” heißt die Drogengang, die in Rocinha das Sagen hat. Hier herrschen andere Gesetzte die mit den Strukturen der italienischen Mafia zu vergleichen sind. Schutzgelder statt Steuern müssen bezahlt werden.

Wir steigen aus dem klapprigen Ford Transit und gehen zu Fuss weiter. Eine Regel noch: Nicht Fotos vom immern der Wohnungen machen, das ist immerhin noch privatsache. Wer Menschen fotografieren will, soll sie doch um erlaubnis bitten. Die Polizei hat leicht grimmig abgelehnt als ich sie fotografieren wollte. Die Gassen werden immer enger und verwinkelter. Kleine Treppen hoch und runter, Hütten über Häuser, nicht mal mehr der Himmel ist zu sehen. Kabelgewirr versperrt die Sicht nach oben. Aus den offenen Türen ertönt Kindergeschrei oder aus einem Radio brüllt laute Musik und da und dort kläfft ein Hund. Klitze kleine Bars und Schönheitssalons, Läden und Stände, es duftet nach leckerem Essen oder auch wieder mal nach Abwasser.
Die Menschen in den Favelas prägen die Kultur! Sie bereiten das ganze Jahr in unzähligen Arbeitsstunden den Karneval vor. Nähen, basteln, gestalten, üben Choreografien ein, die sie am Carnaval vortanzen. Auch einige zaubernde Fussballstars sind den Favelas entsprungen.
In anbetracht auf die Fussballweltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro hat sich einiges getan. Im Jahre 2010 wurde eine 5000 Mann starke speziell ausgebildete Sondereinheit der Polizei gebildet, um die dortigen Drogenbanden zu vertreiben. Aber eben nur zu vertrieben. Dabei scheint es, dass sich die UPP auf die Zonen von touristischem oder olympischem Interesse konzentriert. Wie nachhlatig das Projekt ist, wird sich zeigen. Damit die Polizei in den engen Gassen der Favelas patroulieren könnten, müssten Hütten abgerissen werden um Strassen zu bauen. Einige Umsiedlungsversuche wurden unternommen. Doch die Menschen mögen diese Wohnungen nicht. Diese Häuser haben keine Dachterrassen auf denen sie bei dröhnender Musik ein Churraco, eine Grillparty veranstalten können.
Wir besuchen in Rocinha die Einrichtung für Kinder “Para Ti” für dich.

Hier können sie spielen, können sich geborgen fühlen, bei den Hausaufgaben wird geholfen oder gar Nachhilfestunden in Kleingruppen erteilt. Dort sind Menschen die sich um sie kümmern, ihre Freuden, kleinen und grösseren Sorgen mit ihnen teilen. Eine Art wie Jugendtreff. Hier wird gemalt, kreativ gewirkt, Yoga und Capoeira und Feste gefeiert.
Sechzig Prozent der Einnahmen für die Tour gehen an diese Einrichtung die übrigens vom Fiat Autokonzern lanziert wurde.
Stellt euch vor, die katolische Kirche bietet Aufklärung zur Familienplanung, bejaht Verhütungsmittel, dies wohl als Kompromiss zu zahlreichen illegal durchgefürhten Abtreibungen, die für die Frauen oft auch tödlich enden.
Ich frage mich wie die Menschen hier zur Arbeit kommen. Die Wege sind steil und beschwerlich.
Der Name “Favela” stammt übrigens von einer hübschen Kletterpflanze.
Meine Gedanken drehen immer wieder um die Favelas. Ich möchte noch vieles mehr erfahren! Dazu werde ich noch folgende Bücher lesen:
“Tropa de elite” /(Elite squat) und “The Slum” von Azevedo.
Sehr zu empfehlen ist der Film “Cidade de deus” /(City of God), der viele Filmpreise gewonnen hat. Die Darsteller sind fast alle in dieser Favela aufgewachsen. Zehn Jahre später wurde ein Dokumentarflilm gedreht, um in Erfahrung zu bringen, was aus ihren Leben geworden ist. “City of God ten years later”.
Rio hat uns sehr beeindruckt. Wäre echt schade gewesen hier vorbei zu segeln. Es gäbe noch so viel zu sehen. Doch die Windverhältnisse sind optimal um weiter zu ziehen.

July 11 2015

Arquipelago Abrolhos

“ABRA os olhos!” Mach die Augen auf! Das rief im 16. Jahrhundert ein Seemann dem anderen zu, wenn das Schiff vor der Küste des brasilianischen Staates Bahia in die Nähe der Korallenriffe kam. Diesem ständig wiederholten Warnruf soll eine Inselgruppe, die aus fünf kleinen Inseln besteht, ihren Namen verdanken: Abrolhos.
Wir haben Glück! Fast richtig getroffen mit der Flaute. Kurz vor dem Archipel stellt der Wind ab. Da es noch dunkel ist, nehmen wir die Segel runter und  lassen uns treiben. Gehen schlafen und halten alle dreissig  Minuten Ausguck. Bei Tageslicht motoren wir die letzten zehn Seemeilen und ankern südlich der Ilha Santa Barbara im ruhigen Wasser. Eine Fregatte der Brasilianischen Marine liegt prominent protzig in der Bucht vor Anker.


Mit dem Dinghi paddeln wir an Land. Doch bevor wir auch nur einen Fuss an Land setzen können, werden wir von einer wild gestikulierenden  Senhorita, mit hübsch geblümten Kleid daran gehindert. Dies sei militärisches Gelände welches nur mit einer Bewilligung betreten werden darf. Haben wir nicht. Ich frage nach dem berühmten ” jeito”. Ein Ausdruck, der in Brasilien alles möglich machen soll. Sie lächelt, schickt uns wieder weg, ruft hinterher, wir sollen um fünf Uhr auf Kanal 69 nachfragen, ob wir den Leuchtturm besichtigen dürfen.
Also paddeln wir wieder zur Robusta, schnallen den Aussenborder ans Dinghi und furzen zur Vogelschutzinsel die wir offensichtlich auch ohne Bewilligung besichtigen dürfen. Die Führung koste aber 54 Reals pro Person. Ganz schön teuer, aber ist ja eine gute Sache. Die Insel ist vor allem von weissen Tölpel, Sula Leucogaster,  bewohnt die nur hier und im Arquipélago Fernando de Noronha brüten. Sie legen jeweils zwei Eier. Überleben tut aber in der Regel nur ein Küken. Das Schutzgebiet ist von Petropras dem Ölkonzern Brasiliens finanziert. Die Führung dauert etwa eine Stunde. Ich erkundige mich wo wir  bezahlen müssen. Die Studentin entschuldigt sich in aller Form. Dies sei leider jetzt gerade nicht möglich. Sie hätten keine Formulare mehr die dazu nötig sind. All right! In Brasilien geht nichts ohne Formular, Stempel oder CPF, der persönlichen Identifikationsnummer. Kein Arztbesuch, aber gar nicht’s geht ohne dieses CPF Ding. Nicht mal den Computer kannst du in einem Geschäft zur Reparatur abgeben ohne  diese  Nummer. Mit viel Glück akzeptieren sie einen ausländischen Pass! Alles will exakt protokolliert und notiert sein in solch einem grossen, sich neu organisierendem Land. Nimmt mich wunder wo die all die Berge Papier hin stopfen, die nach Gesetz fünf Jahre aufbewahrt werden müssen.

Der “jeito” hat gewirkt. Wir dürfen die Insel Santa Barbara auch ohne Bewilligung betreten und den Leuchtturm besichtigen der den Schiffen  den Weg in der Dunkelheit weist. Tiefgefroren nach dem Schnorcheln, bunte  tropische Fischen im geschützten Korallenriff anschauen, gehen wir kurz vor der Dämmerung an Land. Wir werden sogar mit einem Dinghi bei der Robusta abgeholt!

Am Bugspriet bimmelt die Schiffsglocke die wir dort angebracht haben, damit die Wale, die nachts knapp unter der Wasseroberfläche schlafen, uns hören können. Wir hoffen so eine Kollision mit diesen Geschöpfen zu vermeiden. Früh morgens segeln wir weiter Richtung Süden. Und schon sehen wir in der Ferne die erste Fontäne. Da müssen Buckelwale sein! Die Studentin von der Vogelinsel gab uns Hinweise zum Verhalten wenn wir Wale begegnen. Nicht näher als 100 Meter an sie heranfahren. Nur von hinten. Falls sie uns zu nahe kommen, einfach den Motor anstellen. Diese Aussage irritiert mich ein wenig. Sie meinte wohl wenn sie direkt vor dem Bug auftauchen sollten. Ich wusste gar nicht wie verspielt diese Viecher sind. Sie springen mit dem ganzen Körper aus dem Wasser und klatschen mit grossem Getose in die Fluten. Zeigen uns ihre Flunken, schwimmen ganz nahe an der Robusta vorbei und winken dabei mit ihren gigantischen Flossen. Was für ein wunderbares Schauspiel das sich den ganzen Tag so hinzieht. Hier im nur um die 30 Meter tiefen warmen Wasser, gebären die Kühe ihre Babys. Im November ziehen sie mit ihrem Nachwuchs wieder in die nahrungsreiche  kalte Antarktis zurück . Erst probier ich noch zu fotografieren. Doch bei dem Seegang ein Ding der Unmöglichkeit. Befürchte die Kamera könnte Salzwasser abbekommen. Die Wasserdichte GoPro wurde uns ja geklaut. Wir geniessen das Schauspiel einfach so  und werden es als schönstes Erlebnis in Erinnerung behalten! Die beste Jahreszeit um Wale zu sehen ist zwischen Juni und November.

July 7 2015

Auf den Spuren Cabral's

Die langgezogene sanfte Atlantik Dünung verändert sich. Wellen tanzen ungeordnet umher. Schaumkronen glitzern im Sonnenlicht. Der Wind ändert seine Richtung. Die Luft riecht blumig betörend. Schwarzblaues Wasser ändert seine Farbe in türkis bis sandiges beige.
Ausgerüstet mit Seekarten auf dem Plotter, mit GPS und  AIS brausen wir mit östlichen Winden von Ilheus los. Neu sind wir sogar in Besitz von Navionics. Kein mühsames Zusammensuchen der Gezeitendaten aus dem Internet  ist mehr nötig. Alles praktisch auf dem Smartphone. Seekarten  von ganz Südamerika für 55 Franken. Unglaublich.
Damals  zur Zeit der grossen Entdecker,  ohne all die Technik, was waren das doch nur für mutige Menschen!
Ich stelle mir vor, ich Anja Cabral hocke im Ausguck einer Karavelle, nehme wahr wie sich das Meer plötzlich verändert.  Von Portugal via Kapverdischen Inseln bei Westafrika seit dem 9. März auf See. Auf der Suche nach einer Route mit stetigeren Winden via Südafrika nach Indien. Da sind die  gefürchteten Kalmen vor Westafrika, in denen die Schiffe teilweise Wochen in der Flaute nicht mehr weiter kamen. Menschen verdursteten und verhungerten.  Vor  515 Jahren machte sich der Portugiese Pedro Alvarez Cabral mit einer Flottillie von 1500 Mann mit dreizehn Karavellen, auf die Suche nach einer neuen Rute.  Cabral hoffte im Westen auf bessere Winde. Dabei stiess er unerwartet  am  22. April 1500 beim heutigen  Santo André auf Land und entdeckte somit Brasilien. Er glaubte zuerst es handle sich um eine Insel.
Auf den Spuren Cabrals Brasilen entdecken. Nur ist es  noch dunkel. Ich kann die Veränderung der Farbe vom Wasser nicht erkennen. Nach Seekarte sind hier viele vorgelagerte  Korallenriffe. Die Route in den Fluss nach  Santo André / Cabralia muss genau geplant sein. Hochwasser ist erst gegen halb zwölf. Wir treiben vor der Küste und warten auf den optimalen Zeitpunkt. Aus der Ferne erblicke ich eine Scuna die in Richtung Flusseinfahrt rauscht. Wenn die da jetzt rein passt, können wir auch los! Wir verfolgen die Scuna. Fahren dicht hinter ihr her, ganz nahe am Strand entlang. Ich hocke am Plotter  und gebe Anweisungen nach Seekarte wo lang fahren. Neiiiin mehr Steuerbord! Wir knallen in wenigen Sekunden ins vorgelagerte Riff! Thomi brüllt zurück: ich bin direkt hinter der Scuna, mehr rechts geht nicht! Da ist eine Sandbank! Ich kralle mich schon mal vorsorglich am Kartentisch fest. Das kann nicht sein! Ich haste nach oben, will das Steuer rumreissen. Wild schäumendes Wasser auf allen Seiten. Backbord Riffe und Mangroven die aus dem Wasser ragen, Steuerbord die Brandung vom Ufer. Wir sind durch! Das Wasser wird wieder ruhiger und tiefer! Krass.


So geht’ ohne Grundberührung zwei Stunden vor Hochwasser, Springtime bei einem Tiefgang von1.80 Meter!  Nicht zu früh aufatmen: Im Riff links steckt ein Holzstock der wie eine Frau aussieht. Dort abdrehen und Richtung Gaivota Kneipe steuern und ankern. Achtung nicht im Fahrwasser ankern!
Ohne Scuna wären wir wohl im Sand stecken geblieben ;-). Die Angaben in der Seekarte sind wage und ein Flusslauf verändert sich immer wieder. Wir ankern im Fluss vor der Kneipe Gaivota. Der Liebenswürdige Wirt erlaubt uns die Dusche zu benützen.

Mit dem Dinghi fahren wir mit einlaufendem Wasser im Fluss nach Cabralia. Fahren mit dem Bus nach Porto Seguro, verbringen einige nette Tage an den schönen Stränden der Gegend, lernen Anna und Franz mit Tochter Milena kennen. Thomi repariert den Autopilot von der “Out of Rosenheim”. Thomi hat von seinem alten Segelboot dieses Ersatzteil mit auf die Reise genommen.  Annemarie und Werner von der „Out of Rosenheim“ sind über glücklich nicht mehr von Hand steuern zu müssen!

July 3 2015

Ilheus

Es regnet was der Himmel nur so hergeben kann. Strassen sind überschwemmt und teilweise auch unterschwemmt. Was bedeutet, dass schon mal da und dort ein fettes Loch entstehen kann! In den Nachrichten zeigen sie ein Bild, da steckt ein ganzes Taxi kopfüber in solch einem Loch! Nun verstehe ich endlich warum die Taxis bei so heftigen Niederschlägen nicht gerne fahren.
Eigentlich wollten wir hier ja gar nicht stoppen. Mussten kurz vor dem Ziel gezwungenermassen umdrehen.
Geplant war mit dem Süd-Ost Wind so weit wie möglich nach Süden zu segeln. 40 Seemeilen vor Porto Seguro nahm der Wind bis zu 29 Knoten zu. Im GRIB File waren 10 Knoten vorhergesagt und sogar noch Flaute bis der Wind am übernächsten Tag auf Süd drehen und bis 25 Knoten zunehmen wird. Handelt es sich nur um einen durchziehenden Squall? Sind die Prognosen derart daneben? Wir müssen auf die Bremse, sind viel zu schnell. Wir wollen nicht in der Nacht ankommen. In der Bucht von Ilheus ankern viele Fischerboote, die in der Dunkelheit schlecht auszumachen sind. Wir binden zwei Reff‘s in das Grosssegel. Den Klüver rollen wir zu zwei Drittel ein. Breschen noch immer mit 6 Knoten durch die Wellen. Immerhin auf Vorwindkurs. Bei diesem Sauwetter sind keine Fischer draussen die bei Regen schlecht zu sehen sind.
Am frühen Morgen fällt der Anker vor dem Iate Club in der Bucht von Ilheus. Daniel hat hier mal gelebt und will mit uns zusammen gleich Freunde besuchen gehen.


Hier fragen wir gleich mal im Iate Club nach einem Mechaniker. Er soll morgen um zehn Uhr kommen wird uns versichert. Wir wollen uns die mittels Motorenhandbuch gestellte Diagnose bestätigen lassen.
In der hübschen kleinen Stadt essen wir mit Daniels Kollegin in einem Kilorestaurant. Typisch für Brasilien. Jeder schnappt sich einen Teller und geht zum Buffet und schaufelt sich, was er mag aus den zahlreichen ca. 20  Töpfen und Schüsseln mit all den verschiedensten Leckereien auf den Teller. Dann geht’s auf die Waage. Nein nicht wir, der Teller mit Inhalt wird gewogen.
Susi vermittelt uns auch noch einen Mechaniker. Lastwagenmechaniker soll dieser sein. Geht ja auch. Wir haben ja einen Traktorenmotor im Schiff. Er wird auf neun Uhr bestellt. Pünktlich um 9 Uhr, wie wir Schwiizer sind, hocken wir frisch geduscht im Iate Club Restaurant und erwarten den ersten Mechaniker. Gleich ist es Zehn Uhr, mal schauen ob es Nummer Zwei schafft. Ja tatsächlich um halb elf trifft ein Mann im ölverschmierten Overall, mit etwas überdimensionierten Hasenzähnen und von schlaffer Statur ein.  Kaum zu glauben, dass so ein Mensch eine Schraube lösen kann. Ich denke schon wieder gemein. Was ist denn das schon wieder für eine Pappnase?! Thomi und Daniel fahren ihn mit dem Dinghi zur Robusta. Die Diagnose wurde vom schlaffen Mann bestätigt. Er verspricht uns ein neues Relais zu besorgen. Gleich noch ein zweites als Ersatz für alle Fälle.
Anja